http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2000/0135
Kirche und Arierparagraph.
Christuskreuz und Hakenkreuz (Reich Gottes und 3. Reich).
Der totale Staat und der Totalitätsanspruch Gottes.
In unserer Akte sind mit Bleistift hinter die einzelnen Themen schon die vorgesehenen
Referenten notiert.
Nun möchte man annehmen, daß das alles in unserem friedlichen Markgräflerland
nicht so hohe Wellen geschlagen hat. Damit aber muß man vorsichtig sein»
Der Landesbischof hatte zur Beförderung der Völksmission für jeden Kirchenbezirk
„Bezirkskirchenältestentage" angeordnet. Am 11. Februar 1934 kamen zu einem
solchen Tag etwa 150 Kirchenälteste aus dem Bezirk in Müllheim zusammen, wie
die „Markgräfler Nachrichten" berichten. Als Vertreter des Landesbischofs sprach
Oberkirchenrat Vöges / Karlsruhe, der Landesvorsitzende der „Glaubensgemeinschaft
Deutsche Christen" über das Thema „Das Evangelium im Dritten Reich."
Vöges ermahnte die Kirchenältesten zu harter Arbeit. „Es genügt nicht, daß andere
für uns geschafft haben, daß SA und SS ihr Leben für uns, für die Kirche gelassen
haben." Der Pflug sei ins Erdreich gestoßen, nun sei es Sache der Kirchenältesten,
Furchen zu ziehen, gerade und tief. ... Über eine Verbindung von Nationalsozialismus
und Protestantismus könne nur der urteilen, der beides in sich trage: Martin
Luther und Adolf Hitler.
„Nationalsozialismus und Protestantismus sind zwei Erscheinungen, die man
nicht einfach addieren kann.... Beide Gebilde sind Pfeile in Gottes Hand, die in der
gleichen Richtung dem gleichen Ziel zufliegen." ... „Nationalsozialismus ist eine
Vertrauens- und Glaubensbewegung. Das zeige deutlich der Hintergrund der Reden
Adolf Hitlers. Hier ist der Einbruch des Evangeliums lebendig geworden. So zeigen
sich immer und überall wesensverwandte Züge zwischen Nationalsozialismus und
Christentum."
Mit welchen Gedanken mögen die Kirchenältesten und Pfarrer nach dieser Rede
in ihre Gemeinden zurückgekehrt sein?
Auch in Sulzburg wurden „volksmissionarische" Veranstaltungen abgehalten. So
berichtet der „Kasteiberger Bote" am 19.3.1934 über einen Vortrag von Pfarrer
Teutsch / Laufen über „Bauerntum und Rasse". Darin klingen unüberhörbar nazistische
Blut- und Boden-Ideologie und Antisemitismus an. Von der nordischen Rasse
unserer germanischen Vorfahren, die Bauern waren, ist die Rede; von germanischem
Führertum, das auf freiwilligem Gehorsam gegen den Führer aufgebaut ist, vom
Adel des freien Bauerntums. Dem werden die Nomaden gegenübergestellt. „Der
Nomade ist von Hause aus ein Schmarotzer und darum Kommunist. ... Die Nomaden
sind grausam und feige, ... Die Frau war für ihn Vermögensobjekt... Nomaden
und Siedler sollen sich daher nicht vermischen, da eine solche Verbindung nicht günstig
ausfallen könne." - Das war sicher „Volksmission" im Sinne des Reichsbauern-
führers Darr6, und mit den Nomaden waren natürlich die Juden gemeint. Was aber
sollte das in der Kirche?
Der Sulzburger Ortspfarrer Deßecker hielt in Sulzburg und Britzingen im Februar
1934 einen Vortrag „Wort Gottes und Altes Testament", in dem er sich deutlich gegen
die Thesen der „Deutschen Christen" aus der Sportpalastkundgebung wandte -
natürlich ohne das direkt auszusprechen. Er hob die Bedeutung der Bücher des
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