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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 135
(PDF, 35 MB)
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all im Reich zu großer Unruhe. Der Landesbischof forderte die Pfarrer auf, der Aufregung
mäßigend zu begegnen.

In Sulzburg scheint die Eingliederung des Evangelischen Mädchenbundes und
seiner Jungschar in die Hitlerjugend dagegen ohne Schwierigkeiten verlaufen zu
sein. Eine Jungengruppe gab es nicht.

Dreizehn Mütter und Väter unterschrieben die Einverständniserklärung für die
Doppelmitgliedschaft ihrer Tochter im BDM. In dem Begleitbrief (16.2.1934) zu
diesen Erklärungen heißt es: „Fräulein S. (die Leiterin des Mädchenbundes d.Vf.)
bemerkt in ihrem Schreiben an das Pfarramt: ?Manche Eltern konnten ihre Einwilligung
aus pekuniären Gründen nicht geben, weil schon Geschwister in der Hitlerjugend
sind. In einem Fall ist die schwache Gesundheit des Mädchens Hinderungsgrund
.4 Die Namen dieser Betreffenden wurden sonderbarer Weise von ihr nicht genannt
. - Mit deutschem Gruß Heil Hitler! gez. K. Deßecker Pfr".

Vielleicht war das gar nicht sonderbar, daß Fräulein S. die Namen der Eltern, die
das Einverständnis nicht unterschrieben, nicht aufführte?

Im Dezember 1934 verfaßte der Ortspfarrer einen Bericht an das Landesjugend-
pfarramt über „Hitlerjugend und Kirche" in Sulzburg. Dieser Bericht gibt nun etwas
Aufschluß über die alltägliche örtliche Situation und gibt uns heutigen Grund zu
direkten Fragen an uns selber.

Der Pfarrer berichtet, daß die Eingliederung des Evangelischen Mädchenbundes
in die HJ unter der Leitung von Fräulein S., die zugleich Gruppen-Sportwartin des
Jung-BDM ist, keine Schwierigkeiten gebracht habe. - „Die Möglichkeit zu regelmäßigem
Gottesdienstbesuch ist gegeben, vor allem von der BDM-Führung aus;
auch das Jungvolk gibt sich redliche Mühe. Schwierigkeiten entstehen zuweilen
höchstens durch den Sportbetrieb, der aber nichts mit der HJ zu tun hat. ... Bei der
HJ sind keine Einflüsse der Deutschen Glaubensbewegung wahrzunehmen. Hier ist
Ring- und Gruppenführerin Fräulein Hauptlehrerin a.D*Ö., die zugleich Standort-
führerin des Sulzburger J-BDM und BDM ist. Sie steht der Kirche durchaus freundlich
gegenüber. ... Am Staatsjugendtag übernimmt jeweils Herr Hauptlehrer M.,
Mitglied des Bezirkskirchenrats, die Leitung des Jungvolks. Das BDM und auch das
Jungvolk sind schon öfters bei wichtigen Anlässen geschlossen zum Kirchgang angetreten
, während mir von einigen Burschen der HJ bedeutet wurde, daß ihnen dieses
nicht erlaubt wäre, sonst würden auch sie sich geschlossen einfinden."

Und nun kommt ein Schlußsatz, bei dem ich mich frage, kann er ein Schlüssel
zum Verständnis des Verhaltens einer Generation sein, die den Nationalsozialismus
ermöglicht und dann das Dritte Reich bis zur Katastrophe mitgetragen hat?

Der Pfarrer schreibt: „Wenn ein Geistlicher über 18 Jahre in einer Gemeinde steht
und von jeher als national bekannt ist, müßte es sonderbar zugehen, wenn sich die
Dinge bei gutem Willen beiderseits nicht im besten gegenseitigen Einvernehmen
regeln ließen,"

Das ist im Dezember 1934 geschrieben worden, gut 5 Monate nachdem ein Entsetzen
durch Deutschland gegangen war, das keiner übersehen konnte. Hitler hatte
nach einem fingierten Putschversuch sich zum „obersten Gerichtsherrn des Volkes"
ernannt und ohne Verhör oder Urteil alte Kampfgefährten und vermeintliche Rivalen
wie Röhm und Strasser, aber auch konservative Gegner wie die Generale

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