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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 166
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den Tod getrieben hat. Sie sollte ihres Alters wegen nicht sofort verhaftet werden, sondern erst nach
Freiburg zurückfahren, sie ging aber gleich in den Rhein bei Basel. Die Kontrollperson hieß mich,
mich ausziehen... Dann rief sie: ,Ach, ich bin immer so gut gewesen gegen die Auswanderer, was
habe ich immer für Bedauernis mit ihnen gehabt und nun muß ich selber fliehen!4 Sie wohnte in
einem Häuschen bei Istein, gerade gegenüber den feindlichen Kanonen am Rheinufer. Ihr Mann war
schon vor acht Tagen [als Soldat] nach Polen abtransportiert worden. Sie beschrieb mir ihre schöne
Wohnung und ihre Wäscheschätze und die vor 4 Jahren angeschafften Möbel und bat mich um Rat,
wie sie das alles ins Innere des Landes schaffen könnte. Kinder hatte sie nicht, es war ihr nur so leid
um ihre Kisten und Kasten. Ich konnte mich nicht enthalten, zu sagen, daß die Frauen, die sie hier
im Laufe der Jahre seit 1933 sich bis aufs Hemd ausziehen ließ, noch Etliches mehr verloren hät
ten, Ehre und Existenz. Sie bat mich erschrocken, mich sofort wieder anzuziehen, meine Koffer öffnete
sie gar nicht, das deutsche Geld im Mantel schaute sie nicht an. Da sie mir alles Gute für die
Zukunft wünschte, erwiderte ich ihr dasselbe." Vortriede (wie Anm. 29), S. 238 f.

19 Wirth (wie Anm. 11), S. 136 ff. Stadtarchiv Freiburg, Meldekarte Julius Max Hauser: Abmeldung
am 1.5.1937 „nach Nordamerika". Zum schwierigen Neuanfang in New York vgl. Wirth, S. 239 f.
Die Namen der Käufer von Haus und Geschäft in der Friedrichstraße sind dem Adreßbuch der Stadt
Freiburg im Breisgau von 1937 entnommen. Heinz Lesser, 1912 im preußischen Stargard gebo
ren, kam im April 1932 zum Studium nach Freiburg. Er heiratete 1934 Ruth Hauser; sie emigrier
ten sofort nach Palästina. Stadtarchiv Freiburg, Meldekarte Heinz Lesser.

20 Vgl. Anm. 11.

21 Die zur Untermiete Wohnenden sind in den Adreßbüchern in der Regel nicht aufgeführt. Die Glü
merstraße 31 ist durch den standesamtlichen Eintrag und durch das amtliche Verzeichnis der nach
Gurs zu Deportierenden (vgl. Anm. 31) belegt.

22 1939 lebten noch ca. 800 jüdische Bürger in Freiburg. Geschichte der Stadt Freiburg (wie Anm. 13),
S. 329.

23 Wirth (wie Anm. 11), S. 24 f., 139. Wilhelm Hauser (1883 1983) studierte in München, Heidel
berg, Erlangen wo er zum Dr. phil. promoviert wurde und Freiburg Mathematik, Physik und Che
mie. 1908 Heirat mit der Nichtjüdin Else Krauth (1883 1962) aus Karlsruhe; Eintritt in den Schul
dienst (Mannheim, Lörrach, Pforzheim); Austritt des Ehepaars aus der jüdischen Gemeinde bzw. der
evangelischen Kirche; Teilnahme am 1. Weltkrieg. Seit 1919 Lehrer am Freiburger Realgymnasium,
wurde Wilhelm Hauser wenig später Mitglied der SPD und der Deutschen Friedensgesellschaft.
Wegen seiner entschieden pazifistischen Haltung wurde er schließlich aus der SPD ausgeschlossen.
Anfang 1934 aus dem Schuldienst entlassen, emigrierte er 1939 nach England. Nach einem vergeb
liehen Versuch, in Baden eine berufliche Anstellung zu finden, ging er 1948 in die DDR, wo er an
die Pädagogische Hochschule Potsdam berufen wurde. Vgl. die ausführliche biographische Dar
Stellung bei Wirth, Register, und Anm. 25.

24 Vgl. die Liste der nach Dachau Deportierten bei Ernst Otto Bräunche: Die „Reichskristallnacht"
in Freiburg. In: Zeitschrift des Breisgau Geschichtsvereins „Schau ins Land" 103, 1984, S. 149
160, hier: S. 155 f. Faksimile der Liste (Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 309 Nr. 1211): David
Maier: Geburtsort Freiburg. Erinnerungen eines deutsch jüdischen Engländers (Stadt und Ge
schichte. Neue Reihe des Stadtarchivs Freiburg i. Br. 18). Freiburg 2001, Anhang S. 47 ff: Max
Frank (Nr. 80), Siegfried Hauser (Nr. 29), Wilhelm Hauser (Nr. 37), Max Mayer (Nr. 6). Vgl. auch
Wirth (wie Anm. 11), S. 146 ff.

25 Geschichte der Stadt Freiburg (wie Anm. 13), S. 333. Auch Wilhelm Hauser hat die Behandlung der
Inhaftierten in einem 35 Seiten umfassenden Bericht geschildert, den er nach seiner Emigration nach
Frankreich in Paris im Februar 1939 verfaßt und an das französische Innenministerium gesandt hat.
Wirth (wie Anm. 11), S. 160. Wilhelm Hauser hat der Stadt Freiburg 1963 sein Exemplar des Be
richts zur Anfertigung einer Abschrift überlassen; Schriftwechsel und Text der Abschrift: Stadtar
chiv Freiburg, D. StA XIII, 15. Wilhelm Hauser reagierte damals auf eine Anzeige des Stadtarchivs
Freiburg in der New Yorker Zeitschrift „Aufbau", mit der emigrierte Freiburger Juden gebeten wur
den, dem Archiv über ihr Schicksal zu berichten. Da Wilhelm Hauser, der in den Kriegsjahren vom
Sozialdemokraten zum überzeugten Marxisten geworden war, sich kritischer Bemerkungen über die
westdeutsche Art der „Bewältigung" der NS-Vergangenheit nicht enthielt, gerieten Stadt und Archiv
leitung „da das Schreiben an politische Nötigung grenzt" in nicht geringe Verlegenheit, wie die
sem Freiburger, der sich in der Weimarer Zeit als sozialdemokratisch engagierter Jude den Natio

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