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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 216
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Unabhängigkeit lassen sich nur aus der Geschichte der Frankfurter Zeitung und besonders
der Jahre bis zur Schließung durch die Nationalsozialisten 1943 verstehen.

Die pressepolitische Situation 1945 mit ihrer Forderung nach Zensur und der Vergabe
rarer Zeitungslizenzen bilden den politischen Hintergrund für die Gründung
der Zeitschrift, vor dem man erst abschätzen kann, was es bedeutete, wenn sowohl
Reifenberg als auch Stückrath absolute Unabhängigkeit ihres Blattes von der Besatzungsmacht
forderten. Die Zeitschrift wollte, wie im ersten Heft angekündigt, den
Zusammenbruch Deutschlands auf der Suche nach der Zukunft abschreiten. Es ging
dabei, wie Bernhard Guttmanns und Ernst Benkards Artikel im ersten Heft beispielhaft
zeigten, um die Erkenntnis, daß die Folgen des Krieges nicht von denen der Diktatur
in Deutschland zu trennen seien. Aber man wollte sich von vornherein nicht
damit abfinden, Deutschland zukünftig nur noch als rein geographischen Begriff zu
betrachten. Insofern war die Zeitschrift, wie einige Leser meinten, „nationalistisch",
freilich nicht im pejorativen Sinn des Wortes. Ähnlich bestimmt war die Haltung gegenüber
den Stimmen, die von Kollektivschuld - auch der Presse - sprachen, gegenüber
den Emigranten - beides spiegelt sich in der Kontroverse mit Thomas Mann
- und gegenüber der Absonderung des Ostens.

Der Umgang mit der Zensur bildete nach Erhalt der Lizenz einen Gradmesser für
das Verhältnis zur französischen Besatzungsmacht. Daß gerade bei der Presse die
lang ersehnte Freiheit noch eingeschränkt war (das zweimalige Verbot des Artikels
„Demokratie und Presse" von Bernhard Guttmann macht dies besonders augenfällig
), erschien den Herausgebern schmerzlich. Aber der freie Ton der Zeitschrift
schon kurz nach Kriegsende mußte bei der französischen Besatzungsmacht Befürchtungen
und Vorbehalte auslösen, denn noch war die künftige Entwicklung
Deutschlands keineswegs entschieden,

Die Auseinandersetzung mit dem „Dritten Reich" bedeutete auch eine Auseinandersetzung
mit der Rolle, die die Frankfurter Zeitung und einige der ehemaligen
Kollegen darin gespielt hatten. Dies zeigte sich beispielhaft an der Diskussion um
die Person Friedrich Sieburgs. Zwar ist Sieburg sicherlich ein Sonderfall, aber mit
seiner lange Zeit unentschiedenen Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus
trotzdem als Beispiel für viele geeignet. Das Eintreten Benno Reifenbergs und
Albert Oesers für Sieburg und andere Kollegen und die Kritik hieran zeigt die
Schwierigkeiten, Menschen und ihr Verhalten während der Diktatur „richtig" zu
beurteilen.

Unter den politischen und wirtschaftlichen Spannungen der ersten Jahre hatte die
Gegenwart ihren größten Erfolg. Als sich mit der Währungsreform der Charakter des
Provisoriums verlor, und die Gegenwart erstmals wieder als Halbmonatsschrift erscheinen
konnte, begann auch ihr Niedergang. Zwar war das nun formulierte rückhaltlose
Eintreten für die parlamentarische Demokratie und die Absicht, hierfür auch
die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, eine respektable neue Aufgabe. Doch die Notwendigkeit
, die Sorgen und Nöte vieler anzusprechen, und den ersten „geistigen
Hunger" nach zwölf Jahren Diktatur zu stillen, verlor sich nun zunehmend. Wenn
die Gegenwart trotz erheblicher finanzieller Verluste so lange gehalten wurde, so nur
deshalb, um die Redaktion für eine neue Frankfurter Zeitung zusammenzuhalten.
Die strikte Traditionspflege dieser Zeitung wurde aber zunehmend zum Problem.

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