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Zwar konnte man vom Verleger unabhängig sein, aber nicht von jeder wirtschaftlichen
Entwicklung. Durch das starre Festhalten am eigenen Konzept - genannt
seien der anonyme Leitartikel, das Fehlen von Ressorts und der Abgrenzung von Bereichen
, was immer stärker als Chaos empfunden wurde - war es nicht möglich, auf
die völlig veränderten Bedingungen der Nachkriegszeit einzugehen. Gleichzeitig
verlangten die neuen Lesegewohnheiten nach kürzeren Informationen statt seitenlanger
Betrachtungen und Analysen zur politischen Lage. Daß die Zeitschrift auch
politisch nicht unumstritten blieb, deutet zum einen auf Probleme hin, den politi-
sehen Kurs zu bestimmen, zum zweiten auf eine veränderte Wahrnehmung der Öffentlichkeit
durch das Auseinanderdriften von West- und Ostzone. So bedeutete die
Fusion mit der FAZ, deren Unabhängigkeit man lange Zeit nicht als gegeben gesehen
hatte, einerseits ein Aufgeben überkommener Positionen, andererseits die Verwirklichung
eines lang gehegten Wunsches. In Bezug auf das Ende der Gegenwart
läßt sich daher in vielen Beziehungen zurecht sagen: „Tod durch Qualität".
Uber die Hinterlassenschaft der Zeitschrift schrieb Benno Reifenberg 1951:
„Mehrfach haben Politiker und Historiker festgestellt, dass fast jedes Thema der
Nachkriegszeit im Wirtschaftsteil, oder im Zeitregister der ZS lückenlos zu verfolgen
ist."212 Die Gegenwart bietet somit noch genügend Stoff für die historische Auseinandersetzung
mit der deutschen Nachkriegsentwicklung»
Anmerkungen
Abkürzung: DLA: Schiller Nationalmuseum/Deutsches Literaturarchiv Marbach am Neckar
1 Dieser Beitrag entstand im Sommer 1999 als Hausarbeit zu dem Seminar „Kriegsende 1945 und
Wiederaufbau am Beispiel der Stadt Freiburg" von Herrn Dn Rüdiger Overmanns an der Universität
Freiburg. Danken möchte ich an dieser Stelle Herrn Dr. Jan Reifenberg, Brüssel, für seine Zustimmung
zur Benützung des Nachlasses von Benno Reifenberg und eine Reihe von Ergänzungen vor
Drucklegung der Arbeit, Frau Dr. Gretel Vogelgesang, Konstanz, für viele Mitteilungen, dem Stadtarchiv
Frankfurt a.M. für weiterführende Hinweise, den Damen und Herren im Deutschen Litera
turarchiv Marbach a.N. für ihre freundliche Unterstützung und die Erteilung einer Publikationsgenehmigung
sowie Herrn Dr, Hans Schadek für die Aufnahme der Arbeit in diese Zeitschrift, Außerdem
für die Benutzung des in Privatbesitz befindlichen Nachlasses von Ernst Benkard,
2 Benno Reifenberg in: Die Gegenwart, 1. 1945/46, Heft 1, S. 1,
3 F&ied Lübbecke: Fünfhundert Jahre Buch und Druck in Frankfurt am Main. Frankfurt am Main
1948, S. 298/99, Max Bruecher: Freiburg im Breisgau 1945. Eine Dokumentation. Freiburg i. Br<
1980, S. 125 nennt die Gegenwart „die inhaltlich, stilistisch und gedanklich beste Zeitschrift, die je
in Freiburg herausgegeben worden ist." Hingewiesen sei außerdem auf zwei unveröffentlichte Magisterarbeiten
, die sich mit der Zeitschrift befassen: Mark Siemons: „Die Gegenwart" eine Zeitschrift
der Nachkriegszeit. Zur Kontinuität liberalen Denkens nach dem zweiten Weltkrieg. Ma
schinenschriftlich, Köln [1986]; Hans Jens Wohlrab: „Die Gegenwart". Die Anfänge einer kulturpolitischen
Nachkriegszeitschrift in der französischen Besatzungszone Deutschlands,
Maschinenschriftlich, Münster/Westfalen 1990.
4 Vgl. dazu Thomas Schnabel: Freiburger Pressekampf zu Beginn des Dritten Reiches. In: Freiburger
Almanach 37, Freiburg i. Br. 1986, S. 61 67 und 38, Freiburg i. Br. 1987, S. 63 67; Peter Fäss
ler: Der „Alemanne" ~~ das Hetz- und Kampfblatt der Nazis. In: Badische Zeitung, 11. Januar 1993.
5 Schnabel (wie Anm. 4), S. 62 67.
6 Vgl. dazu Hansmartln Schwarzmaier: Die südwestdeutsche Presse in der Umbruchszeit des Jahres
1945. Ein Beitrag zum Thema ^Zeitgeschichte und Landesgeschichte'4. In: Landesgeschichte und
Zeitgeschichte: Kriegsende 1945 und demokratischer Neubeginn am Oberrhein, Hg. v. Hansmartln
Schwarzmaier. (= Oberrheinische Studien 5) Karlsrahe 1950» S. 129-151, hier S. 141.
1 Stephan Schölzel: Die Pressepolitik in der französischen Besatzungszone 1945 1949. In: Jahr-
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