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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 231
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2000/0233
Dienst Diesen Eindruck von der Mentalität des badischen Offizierkorps vermittelte Kriegsmini
sterialpräsident August Frhn v. Roggenbach dem badischen Großherzog Leopold im Juli
1849, zu einem Zeitpunkt, da die alte badische Armee in den Wirren der Reichsverfassungskampagne
endgültig untergegangen war. Die Jahre 1848/49 bilden so auch eine entscheidende
Zäsur in der Geschichte des badischen Offizierkorps - der Verfasser verwendet durchgehend
das für die süddeutschen Länder vermeintlich quellennähere Fugen-s das schon in seiner ersten
Phase seit der Errichtung des Großherzogtumes bis zur Revolution des Jahres 1848 keine
identitätsstiftende Wirkung zu bilden vermocht hatte. Zu heterogen zusammengesetzt war das
Korps, als daß es zu einer ähnlich starken Machtstellung wie der des preußischen hätte gelangen
können. Schon bei Gründung der eigentlichen badischen Armee machte sich dieser Übelstand
bemerkbar, als der nun erforderlichen Offizierstellenbesetzung wegen Offiziere aus anderen
deutschen Staaten, vornehmlich aus dem gerade von Napoleon gedemütigten Preußen,
in dessen Reihen strömten und so die Struktur sowohl landsmannschaftlich als auch konfessionell
stark veränderten. Der in badischem Solde stehende Louis Graf Mondion äußerte sich
um 1820, daß das badische Armee Corps aus lauter Fremdlingen von verschiedenen deut-
schein] Staaten zusammengesetzt sei. Ohnehin spiegelte die Zusammensetzung des Korps
(und der Armee) nicht die vielfältig gegliederte badische Landschaft wider. Überrepräsentiert
war der bevölkerungsreichste Mittelrheinkreis mit der Hauptstadt Karlsruhe, während die neu
hinzugekommenen südlichen Landesteile des Oberrhein- und Seekreises mit ihrer weitgehend
katholischen Bevölkerung, aber auch aus ihrer politischen Herkunft heraus durchgängig nur
schwach vertreten waren. Der konfessionell starke Anteil der Protestanten war, besonders im
Subalternbereiche, unübersehbar. Nur kurzzeitig geriet dieses Gefüge ins Wanken, als im Gefolge
der revolutionären Unruhen über 50 Unteroffiziere zu Offizieren ernannt wurden und
dadurch Herkunftsstruktur und konfessionelle Zusammensetzung einer starken Veränderung
unterworfen waren. Die Reorganisation nach 1849 beendete dann rasch dieses Gastspiel und
kehrte zur alten Struktur zurück.

Die Übernahme preußischer Stabsoffiziere nach dem deutschen Bruderkriege von 1866, der
Aufbau der Landwehr nach preußischem Vorbilde mit aus dem Unteroffizierstande aufgestiegenen
Offizieren des Jahres 1848 und das durch die Versailler Vereinbarungen vom November
1870 beschlossene Aufgehen der badischen Armee in den preußischen Heeresverband als
XIV. Armeekorps - die Soldaten blieben badisch, die Offiziere wurden oder waren kgl,
preußisch, was auch an der Kokarde zum Ausdruck kam - setzt auch den Rahmen für die in
Freiburg 1990/91 verteidigte Dissertation von Karl-Heinz Lutz. Sie war für den Bereich der
regionalen deutschen Militärgeschichte ein Desiderat, begründet in einer weitgehend borus-
sisch fixierten Geschichtsbetrachtung. Lediglich die badische Generalität hatte bisher als oberste
militärische Führungsebene der deutschen Mittelstaaten Beachtung gefunden. Ausgehend
vom Jahre 1840, einer Zeit internationaler Krisen, die den Bau der Bundesfestung Rastatt zur
Folge hatte, untersucht Lutz in der Form einer kollektiven Biographie neben der Binnenstruktur
- geographische und soziale Herkunft, Adelsbestand und -qualität, Konfession - auch das
Selbstverständnis, das dieser Schicht eignete. Während er in ersterem Falle mit Hilfe quantifizierender
Methoden, dargestellt in einer Vielzahl von Tabellen und biographischen Fallbeispielen
, zu beachtlichen Einzelergebnissen kommt, bleibt die Mentalitätsgeschichte des Offizierkorps
eher blaß, was auch mit einer relativ dürftigen Quellenlage erklärt werden kann, bieten
doch die erhaltenen Offizier-Personalbogen wenig mehr denn eine laufbahnbezogene und
beurteilungsreiche Sammlung; literarische Selbstzeugnisse der Offiziere jedoch sind kaum bekannt
. Ausführlich untersucht Lutz den Adelsanteil und seine Verteilung in den jeweiligen
Dienstgradgruppen und Waffengattungen. Hier, besonders bei den berittenen Truppen,
herrschten ähnliche Verhältnisse wie in der bayerischen Armee; die geringen Aufstiegschancen
mögen mit dazu beigetragen haben, daß sich mehr als die Hälfte der Geschlechter dem

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