Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
120.2001
Seite: 125
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es eine Honorierung analog eines Privatdozenten mit Lehrauftrag vor, mit 1000 bis
1500 Mark pro Semester etwa ein Drittel des regulären Lektorengehaltes. Da die Fakultät
keine Bedenken gegen diese Regelung zu erkennen gab, stimmte Dmitrewski
zu. Am 14. Mai 1920 genehmigte ihm das Ministerium einen dreistündigen Lehrauftrag
gegen ein Semesterhonorar von 1500 Mark - zunächst nur für das Sommersemester
. Da diese Kurse auf Antrag der Fakultät - und auch unterstützt von einer
Eingabe von 12 Studenten - dann bis zum Sommersemester 1922 fortgesetzt wurden
, kann man davon sprechen, dass mit diesem Lektorat die Slawistik an der Freiburger
Universität begann.18

Allmählich reifte bei Michail Dmitrewski jedoch der Gedanke, wieder nach Russland
zurückzukehren, obwohl seine Familie mit der Sprache nicht vertraut war. Vermutlich
spielten die Veränderungen im Sowjetstaat seit 1921 bei diesen Überlegungen
eine Rolle. Nach dem Scheitern des Experimentes, in einem raschen Anlauf
unmittelbar den Sozialismus und Kommunismus anzustreben und die gesellschaftlichen
Utopien möglichst bald Wirklichkeit werden zu lassen, entfaltete sich die
„Neue Ökonomische Politik". Sie ging davon aus, dass ein Umweg nötig sei, um die
Ziele zu erreichen, und legalisierte in weiten Bereichen privatwirtschaftliche, kapitalistische
Elemente. Verbunden war dies mit einer politischen Straffung - andere
Parteien neben der kommunistischen wurden ausgeschaltet, und innerhalb der KP
herrschte nun das „Fraktionsverbot" -, aber auch mit einer gewissen Liberalisierung
im täglichen Leben. Unter den russischen Emigranten registrierte man diesen Wandel
sehr aufmerksam. Schon 1921 erschien in Prag ein Sammelband mit dem Titel
„Smena vech" - „Wechsel der Wegzeichen". Er bezog sich auf die „Wegzeichen"
von 1909, eine Schrift, in der die Autoren die revolutionär gesonnene Intelligenzija
aufgefordert hatten, ihre Haltung zu ändern und im Staat, nicht gegen ihn, an Reformen
zu arbeiten. Jetzt also sollte erneut die grundsätzliche Einstellung - diesmal
der emigrierten Intelligenzija - überprüft werden: Es müsse darum gehen, die
Oktoberrevolution zu akzeptieren, sich an die Seite des neuen Staates zu stellen und
die spezifisch „russischen" Elemente zu unterstützen, damit das Land wirtschaftlich
und politisch wieder zu einer Großmacht werde. Zahlreiche Emigranten kehrten
nach Russland zurück und stellten ihre Fähigkeiten der Sowjetregierung zur Verfügung
. Von den Kommunisten wurden sie als „poputschiki" - „Weggefährten" - bezeichnet
.19

Michail Dmitrewski kam bei seinen Plänen zugute, dass er mit der Freiburger
Holzfirma Himmelsbach - dem damals bedeutendsten einschlägigen Großunternehmen
Deutschlands - in Kontakt gekommen war. Diese stand mit sowjetischen
Behörden in Verbindung. Unterstützt wurde sie dabei von Joseph Wirth (1879—
1956), unter dessen Beteiligung als Reichskanzler 1922 der Vertrag von Rapallo mit
Sowjetrussland geschlossen worden war, der den Weg zu verbesserten Wirtschaftsbeziehungen
geebnet hatte. In diesem Rahmen erfolgte die Gründung der „Mologa
AG", die von 1923 bis 1927 eine Konzession besaß, in der Sowjetunion auf einem
Gebiet von rund einer Million Hektar in der Nähe Petrograds Holz zu gewinnen.
Himmelsbach gehörte dieser Unternehmensgruppe an.20 Die Firma stellte Michail
Dmitrewski - so erinnert sich heute sein Sohn - 1924 ein und entsandte ihn schließlich
nach Leningrad. Am 27. Oktober 1925 meldete sich die Familie in Freiburg ab.21

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