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geltung geschlossener Verträge mit den Kirchen machen könne, und belehrte die badischen
Partner darüber, dass es gegen alle Gepflogenheiten verstoßen würde, die
Gültigkeit von Verträgen geistlichen oder weltlichen Charakters in der Verfassung zu
bestätigen. Auch während der Beratungen im Rechtspflegeausschuss und im Plenum
griff die Militärregierung ein. Am 25. April 1947 gab sie ihre Zustimmung zur Verfassung
. Am 29. Mai 1947 trat der erste Landtag zusammen. Als Ehrengast erschien
der französische Gouverneur Pene, der betonte, dass der Landtag, anders als die Beratende
Versammlung, keine Schöpfung der Militärregierung sei, sondern direkt aus
dem badischen Volk hervorgehe.
Welches sind nun die wesentlichen Aussagen der Verfassung?
Diese charakterisiert das Land als selbständigen Staat. Dafür steht der Name
Baden, steht der Anspruch, Treuhänder der alten badischen Überlieferung zu sein,
stehen die Symbole:
die Landesfarben Gelb-Rot, das Staatswappen, das historisch weit zurückgreifend
den von zwei silbernen Greifen gehaltenen goldenen Schild mit roten Schrägbalken
zeigt.
Sodann steht dafür das in Artikel 50 angesprochene Verhältnis zu den anderen
deutschen Ländern und einer künftigen Bundesverfassung. Baden nannte sich ein
Glied der Gemeinschaft der deutschen Länder. Eine deutliche Distanzierung zu zentralstaatlichen
Lösungen. Württemberg-Baden hatte sich auf Vorschlag von Theodor
Heuss als ein „Glied der deutschen Republik" bezeichnet, Württemberg-Hohenzol-
lern als ein „Glied der deutschen Bundesrepublik". Diese beiden Länder zeigten sich
einer gesamtstaatlichen Entwicklung gegenüber etwas offener als Baden. Zur Zustimmung
zu einer Bundesverfassung verlangte Baden ein verfassungsänderndes
Gesetz mit Volksabstimmung, worauf ich noch eingehen werde.
Das Fehlen jeglicher Sonderbestimmung über das Verhältnis zu den südwestdeutschen
Nachbarn fällt ins Gewicht, worin sich die Verfassung wesentlich von der
Württemberg-Badens unterscheidet, die Verfassungsänderungen aus Anlass einer
Vereinigung der Länder erleichterte.
Die Treuhänderschaft für die badische Tradition lag im Sinne der Befürworter
einer Wiederherstellung des alten Landes Baden. Sie schuf aber kein Präjudiz gegen
die Gründung eines Südweststaates. Scharfen Widerspruch fand sie gewiss in Nordbaden
. Sie konnte auch rechtliche Bedeutung gewinnen, freilich abgeschwächt durch
ihre Stellung in der Präambel und die Unbestimmtheit der Begriffe „Treuhänder"
und „Tradition".
Mit dem Bekenntnis zu Gott, zum christlichen Sittengesetz, zu sozialer Gerechtigkeit
und demokratischem Geist weist die Präambel auf den Sinngehalt hin, den
ihre Urheber der Verfassung geben wollten. Der Katalog der Grundrechte steht an
der Spitze des Verfassungstextes, aber ein weiterer Hauptabschnitt widmet sich den
Grundpflichten, wie überhaupt den gewährten Rechten auch Pflichten gegenüber
gestellt werden: Recht auf Bildung - Pflicht zur Bildung, Arbeit als sittliche Pflicht,
also soziale Rechte, die ihrer Struktur nach in Gegensatz zu den Freiheiten treten
können. Zudem wurde jedermann verpflichtet, die durch Verfassung und Gesetz auferlegten
staatsbürgerlichen Pflichten zu erfüllen (Art. 125). Ein Widerstandsrecht
wurde zwar nicht ausdrücklich statuiert; aber obrigkeitliche Anordnungen entbanden
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