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Herkunft oder Beruf bedingte Neigung zu einem abweichenden und kriminellen
Handeln ziehen lassen.
Hans Scherer war verheiratet, hatte zumindest ein Kind und scheint damit der Älteste
der Bande gewesen zu sein. Er arbeitete als Bader in Ebnet. Zu den Obliegenheiten
eines Baders gehörten neben dem Betrieb des Badehauses auch die Versorgung
kleinerer Wunden und leichter Erkrankungen. Gerade in ländlichen Gegenden
waren die Bader oft die einzigen heilkundigen Personen. Ihr Wirken stellte oft die
alleinige Form der Gesundheitsvorsorge dar. Die Berufsausübung mancher Bader
mag eine gewisse Nähe zu volksmagischen und alchemistischen Praktiken gehabt
haben. Zudem darf nicht unerwähnt bleiben, dass der Beruf des Baders in vielen Gegenden
als unehrlich galt, wenn auch im 16. Jahrhundert immer wieder der Versuch
unternommen wurde, die Unehrlichkeit der Bader, etwa durch die Reichspolizeiordnungen
von 1548 und 1577, aufzuheben.18
Mathis Jacob war der Sohn eines Freiburger Bettelvogts, der zum Zeitpunkt der
Taten schon gestorben war. Seine Mutter, Barbara Frickhin, lebte dagegen noch in
der Stadt. Ob Jacob selbst einen Beruf ausgeübt hat, ist nicht ganz klar, da er in den
Akten hin und wieder selbst als Bettelvogt bezeichnet wird, wenn auch die Nennungen
als Sohn viel häufiger sind. Der unehrliche Beruf des Vaters weist Jacob als
Angehörigen der Unterschicht aus.19 Die Bettelvögte wurden in vielen spätmittelalterlichen
und frühneuzeitlichen Städten dazu eingesetzt, die zunehmende Zahl der
Bettler zu disziplinieren. Ihre Aufgaben bestanden in der Beaufsichtigung der in der
Stadt lebenden Bettler, um so die Einhaltung der in vielen Städten eingeführten Bettlerordnungen
, die u.a. das Betteln an bestimmten Plätzen und Zeiten verboten sowie
vom Besitz von Bettelerlaubnissen und -abzeichen abhängig machten, zu überwachen
. In Freiburg waren die Bettler durch die Bettelordnung von 1517 in einer Korporation
zusammengefasst, aus deren Reihen der Bettelvogt, später waren es deren
zwei, gewählt wurde20. In den Jahren 1556 und 1582 wurde die Bettelordnung in
Freiburg dann verschärft und schließlich das Betteln grundsätzlich verboten. Dies
könnte einer der Gründe sein, warum Jacob den Beruf seines Vaters nicht übernommen
hat. Die Erlernung eines anderen, ehrbaren Handwerks blieb ihm dagegen verwehrt
, da er als Sohn eines Unehrlichen selber unehrlich war. Stärker noch als bei
dem gleichfalls unehrlichen Bader ist bei dem Sohn des Bettelvogts die Nähe zum
Milieu der Bettler und Vaganten, dem damals eine besondere Geneigtheit zu kriminellem
Verhalten unterstellt wurde. Jacob dürfte zwangsläufig mit Menschen in
Berührung gekommen sein, die sich an der Grenze zwischen legalem und illegalem
Handeln bewegt sowie über die entsprechenden Kenntnisse verfügt haben.
Hans Widenmeyer war der Sohn Caspar Widenmeyers, eines angesehenen und reichen
Handwerkers. Caspar Widenmeyer hatte das Amt des Obristzunftmeisters bekleidet
und damit eine zentrale Stellung als „Sprecher und Repräsentant aller
Zünfte"21 in der ständischen Verfassung der Stadt eingenommen. Im Gegensatz zu
Scherer und Jacob wird man Hans Widenmeyer daher als Angehörigen zumindest
der oberen Mittelschicht ansehen müssen. Die Tatsache, dass auch bei ihm kein eigener
Beruf angegeben und er stets der Sohn des Obristmeisters genannt wird, lässt
vermuten, dass Hans Widenmeyer noch ein junger Mann war. Offenbar hat er ein
ausschweifendes Leben geführt, das ihn immer wieder in Konflikt mit seinem Vater
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