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brachte, der wohl um seinen Ruf und sein Ansehen in der Stadt besorgt war. In Wirtshäusern
kam Hans Widenmeyer wohl auch in Kontakt mit Angehörigen anderer
Schichten. Zudem dürfte seine Lebensweise erhebliche Geldmittel verschlungen
haben, so dass die Gewinnaussichten des Münzhandels um so verlockender wirken
mussten. Wie schlecht das Verhältnis zwischen Hans Widenmeyer und seinem Vater
war, zeigte sich im Januar 1602, als Caspar Widenmeyer seinen Sohn wegen seynes
täglichen herumschweiffens vnd lästerlichen Verhaltens21 verhaften und ins spittals-
loch legen ließ. Hans zeigte sich anfangs uneinsichtig, nannte seinen Vater einen
dieb vnd scheint, drohte mit Klagen und stritt alle Diebstahlsvorwürfe seines Vaters
energisch ab. Bereits damals hegte die Stadt Verdacht gegen Hans Widenmeyer und
dessen Gesellen wegen des Einbruchs in den Stadtwechsel, doch blieb Widenmeyer
in den Verhören standhaft und leugnete alles ab. Nachdem er sich mit seinem Vater
ausgesöhnt hatte, wurde Hans Widenmeyer unter strengen Ermahnungen und mit der
Drohung, beim nächsten Mal werde hart durchgegriffen, Anfang Februar entlassen.
Hans Vischer stammte aus Ziegelbach, einem kleinen Ort in der Nähe des Bodensees
. Er war bereits seit mehreren Jahren als Student in Freiburg eingeschrieben.
Nähere Angaben zu seiner Herkunft gibt es leider nicht. Wie aus den Verhörakten
hervorgeht, war auch Vischer den Freuden des Lebens nicht abgeneigt und stets für
Zechereien zu begeistern. Ähnlich wie bei Widenmeyer dürfte dieses Leben große
Aufwendungen erfordert haben, die Vischer nicht immer aufbringen konnte. Als Student
hatte er Zugang zu wissenschaftlichen Büchern, wobei zu beachten ist, dass die
Grenze zwischen exakter Wissenschaft und magischen bzw. alchemistischen Praktiken
damals fließend war.
Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass die Mitglieder aus recht unterschiedlichen
Schichten stammen. Mit Scherer und Jacob sind die unehrlichen Berufe
und auch die Unterschicht stark vertreten.23 Dagegen gehörte zumindest Widenmeyer
zur „besseren" Gesellschaft Freiburgs, kam aber wie Vischer durch seinen
Lebenswandel auch mit niedriger stehenden Milieus in Berührung. Aichemistische
Vorbildung können sowohl bei dem Bader als auch bei dem Studenten vermutet werden
. Da alle Vier ihren Lebensmittelpunkt in und um Freiburg hatten, entsprechen
sie nicht ganz dem Idealtypus der Diebe, wie ihn Gerd Schwerhoff definiert. Danach
waren Diebe zumeist männlich, jung und fremd.24
Die Organisation der Bande
Können wir die Vier als eine professionelle Einbrecherbande ansehen? Alle gaben
in ihren Verhören an, dass die gemeinsame Erlernung magischer Künste das Ziel ihres
Zusammenschlusses gewesen sei. In diese Richtung deuten auch die mysteriösen
Articul durch welche Sie sich zusamen verbunden25, die sich in den Akten finden
, auf die in den einzelnen Aussagen aber kaum Bezug genommen wird. In diesen
Artikeln steht, neben wortgewaltigen Verschwiegenheitsformeln, das Studium
magischer Wissenschaften im Mittelpunkt. Einen unbestrittenen Anführer der Bande
scheint es ebenfalls nicht gegeben zu haben. Hans Scherer war zwar eindeutig der
Beschlagenste auf magischem und alchemistischem Gebiet sowie die treibende
Kraft hinter dem Münzhandel; bei den Einbrüchen spielt er hingegen keine heraus-
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