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Fremden. Die Obrigkeit wird durch „öffentliche Ruhestörung" auf den Haushalt aufmerksam
. Der ursprünglich innerhäusliche Konflikt wird mit der Ausweisung der
Magd in die Nachbarschaft getragen. Wer den Fall angezeigt hat, bleibt unklar, es
findet sich kein Hinweis auf eine Verurteilung. Erst vier Jahre später erscheint Pflueg
ein zweites Mal in den Akten.
Dieses Mal wiegen die Vorwürfe schwer. Am 28. April 1618 wird die neue Magd,
Catharina Seemerin, über den Tod einer Tochter Pfluegs vernommen. Sie berichtet,
als man „zue Imbiß essen wollen", habe Pflueg das Kind aufgefordert, ein (Tisch-)
gebet zu sprechen. Als es jedoch „in dem betten gefehlt", habe er es „mit der ruet-
ten sehr ubell und lange gehauen." Pflueg weist die Tochter an, ein zweites Mal zu
beten, diese verspricht sich jedoch erneut, worauf er sie „bey den Armen erwüscht
und hinder den Offen geworffen" habe. Drei Tage später sei das Kind gestorben.17
Der Schneider Hanß Steinlein, der Pflueg zu den „Tottengräben" begleitet und das
Grab bestellen hilft, gibt vier Tage später an, Pflueg habe eingeräumt, dem Kind
möglicherweise „ein Streich oder drey zuevil" gegeben zu haben, es täte ihm leid.18
Die Befragungen befassen sich gleichzeitig mit dem Umgang Pfluegs mit seiner
Frau. Die Magd sagt aus, er schlage sie „ohne Ursach",19 und Magdalena Im Rein,
die Frau des engsten Nachbarn, bezeichnet Pflueg als „gar ein selzamer Mann", der
seine Frau ohne ersichtlichen Grund „gar ubell" halte.20 Der Rat lässt Pflueg festsetzen
, zum Zeitpunkt der zweiten Befragung befindet er sich bereits im Turm, wo
er dem Stadtknecht Joachim Kästelin mitteilt, er „müsse Zwey rügen erfüllen".21
Pflueg bezieht sich auf zwei Anklagepunkte, wohl (versuchter) Totschlag - hier
würde ihm zugute kommen, die Tat ohne Absicht, im Affekt begangen zu haben22 -
und eheliche Gewalt, mit der Magd als einziger direkter Zeugin. Aus dem weiteren
Studium der Akten ergibt sich, dass Christoff Pflueg der Stadt verwiesen und zu
Kriegsdienst verurteilt worden ist.23 Aus den hinzu gekommenen Informationen entsteht
das Bild eines maßlos strengen Familienoberhauptes, das seine Vorstellung von
Disziplin mit Gewalt durchsetzt - buchstäblich ohne Rücksicht auf Verluste. Pflueg
macht in den Aussagen keine gute Figur.
Zuspitzung des Konflikts und zweites Urteil (1625)
Im Juli 1625 befindet sich Christoff Pflueg als Gefangener im Predigertor.24 Der
Aussage des Stadtknechts Hanß Jacob Lünoco zufolge habe Pflueg nicht damit gerechnet
, dass er „zue solchen despect angethan" und zugleich „öffentlichen Under
allen Leüten gefüglich angriffen" werden könnte. Die erneute Festnahme führt er auf
eine Intrige seiner Frau zurück, die ihn „vor der Oberkheit verklagen" wolle. Wäre
den Ratsherren bekannt, dass seine Frau eine „Zunge vil schärpffer als ein Schermesser
" habe, so hätte man ihn nicht so schnell „einlegenlassen." Er wolle nun „bei
der Oberkheit auch anhalten, das man sein Weyb auch rinlege" sowie darüber hinaus
die „Geystliche Oberkheit" anrufen und sich von seiner Frau „schaiden lassen
".25 Sein Vetter Ambrosi Pflueg berichtet, Pflueg habe ihm „weinnendt geclagt",
er könne der Frau „gar nit mehr nahe khommen", sie beschimpfe ihn als „Schelmen,
einen ehrvergessenen Pfluegen, ein Dieben und Mörder" und sobald er sie deswegen
schlage, „lauffe sye gleich hin undt verclage Ine". Auch mache ein Sohn Schwie-
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