http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2002/0123
Im Zusammenhang mit der juristischen Diskussion um die Dreijahresfrist trug der
Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, dass dem Wirt Emil Pfeffinger auf dessen
Gesuch vom 5. Oktober 1920 durch die zuständige Staats Verwaltungsbehörde mit
Schreiben vom 25. April 1921 die Genehmigung erteilt worden sei, eine Wirtschaftskantine
für die Dauer des Bahnbaus Titisee - Seebrugg auf dem Brandplatz
des ursprünglichen Ronihofs zu betreiben. Ein wenig listig fügte er hinzu, es sei
davon auszugehen, dass Pfeffinger schon einige Zeit vor der bezirksrätlichen Entscheidung
mit dem Kantinenbetrieb begonnen habe und deshalb das Realgastwirt-
schaftsrecht für den „Auerhahn" fortbestehe.44 Dieser durchsichtigen Argumentation
folgte das Gericht natürlich nicht. Im Gegenteil, dem Klagevertreter wurde unter Bezugnahme
auf einen Beitrag in der Karlsruher Zeitung45 entgegengehalten, dass
während des ersten Weltkriegs die Bauarbeiten an dieser Bahnstrecke gar nicht aufgenommen
worden seien. Erste bauliche Aktivitäten an der sogenannten Dreiseenbahn
, die am 1. Dezember 1926 eröffnet46 und von Otto Rogner in dem „Führer von
Hinterzarten"47 wegen der langen Planungs- und Bauphase als „Ewigkeitsbahn" bezeichnet
wurde, erfolgten erst im Jahre 191948, also deutlich später als drei Jahre
nach dem Brand des ursprünglichen Ronihofs mit dem ersten Gasthaus „zum Auerhahn
".
Obwohl es für die Urteilsfindung ohne jede Bedeutung war, wird in der Urteilsschrift
dennoch darauf hingewiesen, dass nach der Wirtschaftsordnung vom 16. Oktober
1834 die Wirtschaftsgerechtigkeit immer nur auf ein bestimmtes Haus oder
Gebäude, nebst seinen den Wirtschaftszwecken dienenden Nebenräumen, erteilt
wird. Selbst wenn durch ein entsprechendes Gesuch im Zeitraum von drei Jahren
nach der Brandkatastrophe auf der alten Brandstätte noch ein ruhendes Realgast-
wirtschaftsrecht bestanden hätte - was beim Ronihof nicht der Fall war -, hätte es
nicht auf das an anderer Stelle neuerbaute Gasthaus übertragen werden können und
zwar unabhängig von den Gründen, die den Neubau veranlassten 49
Wie sich das Urteil des Verfassungsgerichtshofs auf den Gaststättenbetrieb im
Ronihof unmittelbar auswirkte, ist nicht überliefert. Theoretisch hatte das Gasthaus
„zum Auerhahn" nun seine Realgastwirtschaftsgerechtigkeit verloren - es hätte geschlossen
werden müssen. Nach allem was überliefert ist, kann das - wenn überhaupt
- nur für eine recht kurze Zeit der Fall gewesen sein. Denn schon in Griebens
Reiseführer aus dem Jahre 193050 - also nur ein Jahr nach dem ergangenen Urteil -
wird von einem gegenüber 1927 vergrößerten Gasthaus „zum Auerhahn" berichtet.
Statt seinerzeit 13 Betten standen 1930 18 Betten zur Verfügung. Darüber hinaus
werden auch Touristenschlafsäcke angeboten, die vermutlich in den schon 1927 angepriesenen
Schlafsälen benutzt werden konnten. Außerdem genehmigte die zuständige
Bauaufsichtsbehörde schon am 6. April 1934 Baupläne für den Ausbau
eines großen Speisesaals an der hinteren rechten Seite des Gaststättengebäudes.51
Diese Entwicklung lässt vermuten, dass der Wirtschaftsbetrieb in den 30er Jahren
des vorigen Jahrhunderts sowohl für den Pächter als auch für den Eigentümer des
Gasthauses recht zufriedenstellend war.
Nur am Rande sei angemerkt, dass der Schluchsee und seine Umgebung schon in
der Reiseliteratur über den Schwarzwald aus der Zeit um 1900 als sehr anmutig, reizvoll
und besonders idyllisch beschrieben wird. Jensen52 schwärmt von der Land-
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