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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
121.2002
Seite: 218
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Neue Lehrkräfte wurden engagiert, „politisch durch ihre Zugehörigkeit zur
N.S.D.A.P." gekennzeichnet. Ein Jahr später, im April 1934, drohte die „Neugestaltung
des Freiburger Musiklebens". Das Musikseminar sollte einem neu zu gründenden
„Stadtmusikhaus" weichen. Aus diesem Grund lehnte der Kapellmeister des
Stadttheaters, Franz Konwitschny, die Einführung eines Opernkurses am Musikseminar
mit dem Bemerken ab, dass letzteres ohnehin bald seine Tore schließen würde.
Kaller verließ ebenfalls das sinkende Schiff und trat am 1. Oktober 1934 eine Stelle
als Leiter der Abteilung für katholische Kirchenmusik an den Folkwangschulen in
Essen an. Doflein suchte vergeblich um Genehmigung zur Herausgabe seines „Gei-
genschulwerks" nach, das vom „Amt für Kunstpflege" als „Kulturbolschewismus"
angesehen und daher boykottiert wurde. Kurz darauf, im März 1935, drohte ihm
auch noch die Entlassung. Eine unrühmliche Rolle spielte hierbei Konwitschny, der
statt des in Ungnade gefallenen Hugo Balzer Generalmusikdirektor geworden und
ein „ganzer Nationalsozialist" war.14 Als Musikbeauftragter der Stadt vertrat er die
Ansicht, dass das städtisch subventionierte Institut nur dann weiterhin finanziell unterstützt
werden könne, wenn Doflein nicht mehr dort tätig sei. Warum Konwitschny
dann später seine Meinung änderte und nicht mehr gegen dessen Verbleib im Amt
protestierte, ließ sich nicht feststellen. Unklar bleibt auch, ob sich Weismann für
Doflein einsetzte, dessen „Geigenschulwerk" und künstlerische Richtung er ablehnte
. Andererseits schätzte er „dessen künstlerische und organisatorische Fähigkeiten
". Widersprüchliche Aussagen in einer schwierigen Zeit, in der sich jeder
selbst der Nächste war. Weismanns Stuhl war jedenfalls nie in Gefahr; Konwitschny
führte sogar dessen Kompositionen neben anderen zeitgenössischen Werken im Freiburger
Theater auf.

Doflein gab nicht klein bei; er wehrte sich gegen das Kesseltreiben und benachrichtigte
die Reichsmusikkammer, von der er tatsächlich Unterstützung erhielt. Nun
begann ein Gerangel um die Zuständigkeit zwischen Kreisleiter Kerber und dem Leiter
der Reichsmusikkammer. Kerber sah Doflein als einen „verkleinerten Hindemith,
welcher bis zur Machtübernahme in engster Zusammenarbeit mit den Juden einen
Musikbolschewismus getrieben hat". In der Reichsmusikkammer maß man der Angelegenheit
Doflein keine so große Bedeutung bei, zumal es dort auch positive Meinungen
über ihn gab, und machte schließlich einen Rückzieher. Der anstellenden
Behörde wurde das Recht zugebilligt, über Besetzungsfragen allein entscheiden zu
dürfen. Doflein blieb hartnäckig und erstaunlich mutig in einer Zeit, in der schon bei
Kleinigkeiten KZ-Strafen drohten. Er bedrängte Kerber so vehement, dass dieser die
Weiterbeschäftigung Dofleins bis zum Ende des Studienjahres Weismann überließ.
Jener wollte nun ebenfalls „keine Bedenken dagegen erheben, zumal die wirtschaftliche
Lage Herrn Dr. Dofleins eine solche Lösung dringend erfordert". Dofleins Existenz
war vorläufig gesichert, zumal Konwitschny auch keine Einwendungen erhob.

Erich Doflein, geboren am 7. August 1900 in München als Sohn des Zoologen
Franz Doflein, studierte von 1919 bis 1924 Musik- und Kunstwissenschaft
sowie Philosophie in Breslau und München. In Freiburg machte er ergänzende
Studien in Musiktheorie und Musikwissenschaft bei Gurlitt und Erpf. Vom
1. April 1930 bis 30. Juni 1937 war er Leiter des Musikseminars der Stadt Frei-

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