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ratet, die jüngste nahm vermutlich den Schleier im Klarissenkloster zu Freiburg. Die folgenden
Generationen der Freiburger Grafen waren nicht mehr mit einem solchen Kinderreichtum
gesegnet. Konrad II. hatte lediglich zwei Söhne aus zwei Ehen. Das Erbe ging an den bereits
erwähnten, erstgeborenen Friedrich über, während Egen II. wohl seinen Weg in der Kirche
machen sollte. Er ist im Jahr 1346 als Kirchherr zu Freiburg genannt.7
Entgegen den landläufigen Gewohnheiten im Erbrecht sah bereits der Entwurf des Freiburger
Stadtrechts von 1275 vor, dass, wenn der Herr von Freiburg ohne Sohn sterben sollte, der
ältesten Tochter die Stadtherrschaft zukommen müsse. Diese Überlegungen zur Herrschaftsfolge
wurden im Stadtrecht von 1298 endgültig festgeschrieben.8 Somit waren in Freiburg in
Ausnahmefällen auch Frauen voll erbschaftsfähig, und Klara konnte das Erbe ihres Vaters antreten
. Tatsächlich stellte die Gräfin als Pfalzgräfin von Tübingen, geborene von Freiburg, am
24. Dezember 1356 ihre erste Urkunde für Freiburg aus.9 Nur wenige Tage später wurden die
näheren Details zur Herrschaft Klaras dokumentiert.10 Demnach verzichtete Graf Götz als Ehemann
Klaras auf alle Rechte an der Herrschaft Freiburg. Diese sollte in der Hand Klaras und
ihrer Nachkommen liegen.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürften ihr die Freiburger Bürger als Herrin der Stadt Freiburg
gehuldigt haben, denn von nun an führte die Pfalzgräfin einen anderen Titel. Sie nannte
sich frovw Cläre Pfallentzgrefin von Tüwingen, grefin undfrovw zuo Friburg.11 Die Übernahme
der Herrschaft Freiburg wird auch in ihrem Wappensiegel deutlich (vgl. Abb. 1). Es zeigt die
stehende Sieglerin, bekleidet mit einem langen Gewand und Gebende, gerahmt von Architekturteilen
. Sie wird flankiert von zwei Wappenschilden, auf die sie ihre Hände legt. Dabei zeigt
der rechte den Schild der Grafen von Freiburg, der linke den der Markgrafen von Hachberg.
Auf der Brust ist der Wappenschild der Pfalzgrafen von Tübingen abgebildet. Die Umschrift
lautet: + S[IGILLUM] CLÄRE COMITISSE PALAT[IUM] DE TUWINGE ET D[OMI]NE
IN FRIBVRG.
Das Siegelbild ist äußerst aufschlussreich für das Selbstverständnis Klaras als Gräfin und
Herrin von Freiburg. Mit dem tübingischen Wappenbild auf der Brust trifft sie eine klare Zuordnung
zur Familie ihres Mannes.12 Ihre eigene Herrschaft fußte aber auf ihrer Herkunft aus
der Familie der Grafen von Freiburg. Wie Andrea Stieldorf in ihrer Untersuchung über rheinische
Frauensiegel zeigen konnte, darf der heraldisch rechts stehende Wappenschild, in diesem
Fall der freiburgische, als der mit dem höheren Stellenwert angesehen werden.13 Die Verwendung
des mütterlichen Wappens auf Frauensiegeln kann grundsätzlich als Ausnahme angesehen
werden. Oftmals wurden dadurch Ansprüche auf Herrschaftsrechte der Mutter oder des
Großvaters signalisiert.14 Möglicherweise markierte Klara dadurch ihr Recht auf Güter, welche
ihre Mutter Anna von Hachberg in die Ehe mit Friedrich von Freiburg eingebracht hatte.
7 Rappoltsteinisches Urkundenbuch 759-1500. Quellen zur Geschichte der ehemaligen Herrschaft Rappoltstein im
Elsass. Band 1. Hg. von Karl Albrecht. Colmar 1891, Nr. 586, S. 453.
8 1. Diz ist das erste reht / Swenne ein herre der stat ze vriburg stirbet / so sun die burger ze herrin wellen sinen
eilzten sun / der ein leige si / un ein elich kint / swie abir der herre en keinen sun lat / so süln sü die eilztin doh-
tir nemin ze vrowen. Druck in: Marita Blattmann: Die Freiburger Stadtrechte zur Zeit der Zähringer. Rekonstruktion
der verlorenen Urkunden und Aufzeichnungen des 12. und 13. Jahrhunderts. Band 2: Anhang (Veröffentlichungen
aus dem Archiv der Stadt Freiburg im Breisgau 27/2). Freiburg 1991, S. 656; genauso das Stadtrecht
von 1293, ebd. S. 672.
9 Wir frovw Cläre Pfallentzgrefin von Tüwingen, geborn von Friburg ... (Urkundenbuch der Stadt Freiburg im
Breisgau. Band 1. Hg. von Heinrich Schreiber. Freiburg 1828, Nr. 227, S. 443).
10 Schreiber (wie Anm. 9), Nr. 228, S. 444 ff.
11 Schreiber (wie Anm. 9), S. 447.
12 Andrea Stieldorf: Rheinische Frauensiegel. Zur rechtlichen und sozialen Stellung weltlicher Frauen im 13.
und 14. Jahrhundert (Rheinisches Archiv 142). Köln/WeimarAVien 1999, S. 353 ff.
13 Stieldorf (wie Anm. 12), S. 289 ff.
14 Stieldorf (wie Anm. 12), S. 292.
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