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Flurnamen „Herrental" (noch heute in Karten enthalten) sowie „Münchenacker" und „Mün-
chenbuck"47 sind für Keller Standortbelege. Allerdings lassen sie sich auch mit ehemals dort
gelegenem Besitz des Klosters hinreichend erklären. Insgesamt hängt Kellers Vermutung, die
vor allem auf Hörensagen aufbaut, doch weitgehend in der Luft.
Dagegen wird angesichts der archäologischen Befunde (siehe unten) die Auffassung von
Poinsignon gestützt. Für sie spricht auch, dass die von den Paulinern erstrebte eremitische Einsamkeit
in der Gipfelregion besser gewährleistet war als nahe dem Vogelsangpass. Die Möglichkeit
einer Wasserversorgung wird durch den im 16. Jahrhundert überlieferten Flurnamen
„Mönchsbrünnele" (Minchs brinlin) im Bickensohler Gewann „Bubenhalden" am Totenkopf
zumindest angedeutet.48
Archäologische Spuren auf dem Neunlindenbuck und dem Totenkopf
Archäologische Reste des Paulinerklosters fanden sich auf mehreren Bergspitzen des südöstlichen
Kaiserstuhlrands, den heute als Neunlindenbuck und Totenkopf bekannten Bergen nördlich
von Ihringen. Dort standen noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts Ruinen des beschriebenen
Klosters. Poinsignon berichtete 1887: „... Einzelne Mauerstücke sind nach Aussage von
Augenzeugen auf dem Neunlindenbuck noch vor 40 Jahren [~ 1850, Anm. d. Verf.] sichtbar
gewesen und selbst heute noch kann man Spuren davon entdecken. Zahlreiche Ziegelreste,
Mörtel, eine überwachsene Fundamentmauer u. dergl. lassen keinen Zweifel übrig, .. ."49 Später
beschriebene Befunde, die durch verschiedene Baumaßnahmen freigelegt wurden, stützten
seine Beobachtungen.
Am höchsten Punkt des Berges entdeckte man beim Bau des am 15. Juli 1900 eingeweihten
Neunlindenturmes50 Baureste und Scherben. Laut einer Mitteilung sollen damals drei Skelette
, aber ohne Kopf zutage gekommen sein.51 Selbst ohne weitere Dokumentation des Befundes
ist dies ein klarer Hinweis auf eine (gestörte) Sepultur auf der Bergspitze.
Der Neunlindenturm steht nicht in der Mitte der Kuppe, sondern über dem südwestlichen
Hang auf verwittertem Fels. 1935/36 musste er daher beim Anbringen einer Blinkvorrichtung
zum Luftschutz von Mauermeister Graf neu fundamentiert und mit Beton verstärkt werden. Er
zog zunächst auf der Nordwestseite des Baus einen Probegraben. Darin wurde eine in den Fels
eingeschnittene, 1,2 m tiefe Grabgrube erfasst, worin zwei Skelette mit dem Blick nach Osten
gelegen haben. Ein Schädel wurde an das Museum für Urgeschichte in Freiburg abgeliefert.
Dieser Fundbericht deckt sich offenbar mit der Meldung vom 3.11.1935 des Justizrats Otto
Gerner aus Oberbergen an Prof. Georg Kraft, an dem Turm auf Neun Linden seien menschliche
Skelette gefunden worden.52
Bei Planierungen östlich des Turmes beobachte der Verfasser 1996 beim Anlegen einer Terrasse
östlich unterhalb des Neunlindenturms Fundamentreste. Die sich abzeichnenden Nord-
Süd verlaufenden Mauerzüge sind als Teile der abgegangenen Klosterbauten anzusprechen.
Eine Dokumentation war aufgrund der weitgehend abgeschlossenen Arbeiten nicht möglich.
Spuren von Fundamentmauern sowie verlagerte Mörtel- und Ziegelstücke fanden sich zusammen
mit Bruchstücken grün glasierter Ofenkacheln am Abhang südlich des Turms.
Auf dem Totenkopf, der unmittelbar westlich benachbarten Bergspitze, stieß man glaubwürdigen
Mittheilungen zufolge im 19. Jahrhundert beim Setzen eines Marksteines auf ein Ge-
47 Wenninger (wie Anm. 29), S. 204, Nr. 1056; ebd., S. 222, Nr. 1187.
48 Wenninger (wie Anm. 29), S. 101, Nr. 380.
49 Poinsignon: Ödungen (wie Anm. 24), S. 456.
50 Klaus und Christa Bliestle: Der Neunlindenturm auf dem Kaiserstuhl. Festschrift des Neunlindenturmfestes
am 11.6.1984. Typoskript, Ihringen 1984.
51 Badische Fundberichte 13, 1937, S. 25, Mitteilung eines W. König aus Oberbergen.
52 Badische Fundberichte 3, 1936, S. 394, sowie Badische Fundberichte 13, 1937, S. 25.
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