Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 79
(PDF, 58 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2003/0079
der Stadt. Während sich dies für Augsburg und Konstanz über einen relativ großen Zeitraum
nachweisen lässt, fehlen allerdings für Freiburg nach 1677 die nötigen Quellen.14

Viertens wurde oft darüber geklagt, die fremden Krämer würden sich den bürgerlichen Verpflichtungen
, insbesondere den in Kriegszeiten hohen Kommunalsteuern entziehen. Dies traf
vor allem zu Zeiten der französischen Besatzung bis 1698 zu, weshalb die Obrigkeit die Zu-
wanderer per strafbewehrtem Erlass zum Erwerb des Bürgerrechts zwingen musste.15 Spätere
Einwanderer allerdings übernahmen die üblichen Lasten sowie Honoratiorenämter in den
Zünften und im Magistrat. Sie bedachten nicht nur die alte, sondern auch die neue Heimat mit
z.T. reichen Stiftungen. Steuerlasten und Amtsübernahmen unterstreichen die sehr erfolgreiche
Integration der Zuwanderen16

Arme, fahrende Savoyer lassen sich vor allem über Kriminalakten ermitteln. Sie sind dort
allerdings längst nicht so präsent, wie es die Klagen der Obrigkeiten und Zünfte vermuten lassen
. Der eingangs zitierte Fall betrügerischer Münzgeschäfte ist in 889 von mir verzeichneten
Freiburger Kriminalakten zwischen 1700 und 1749, einschließlich weiterer Urfehden aus dieser
Zeit 919 Vorgängen, einzigartig. In dieser Serie werden nur 23 Delikte „welschen" Personen
aller Herkunftsregionen zugeschrieben. Darin enthalten ist lediglich noch ein von einem
Savoyer begangenen Diebstahl. Zudem wehrte sich 1739 der Savoyer Claude Hugard aus
Scionzier, als Kaufmann in Staufen i.Br. ansässig, gegen 100 Gulden Geldstrafe wegen versuchten
Zollbetruges. Der oder die „übliche" Freiburger Kriminelle beging Diebstähle, war
relativ jung und stammte aus Freiburg oder mehr noch aus dem nahen deutschsprachigen Umland
. Im Gegensatz zu den einleitend zitierten Vorwürfen zeigt somit der geschichtliche Rückblick
, wie sehr „Ausländerkriminalität" eine Missgeburt der Wahrnehmung war und ist. Nicht
das scheinbar objektive Kriterium der ethnischen Abstammung bzw. Sprache, sondern ständische
Aspekte bestimmten die Alltagspraxis und damit deviantes Verhalten. Kein „Welscher"
ging dem Bettel oder dem Diebstahl nach, weil er Ausländer war, sondern aus Armut. Und
nicht als „Savoyarde", sondern als reisender Handelsmann unterlag man der Versuchung, Zolloder
Sittendelikte zu begehen.17

2. Die Familien Sautier und Montfort in Freiburg und Umgebung

Johann Ludwig Sautier aus Magland lebte als Krämer bis zu seinem Tod 1729 in Geisingen.
Seine mutmaßliche Enkelin Johanna Sautier war mit dem eingangs erwähnten Johann Baptist
Provence verheiratet. Dieser wiederum war Sohn des Claude Peter Provence, verheiratet mit

14 Zur Besteuerung siehe Zürn (wie Anm. 13). Zur Quellengattung siehe Claus-Peter Clasen: Die Augsburger
Steuerbücher um 1600. Augsburg 1976; Friedrich Peter Geffcken: Soziale Schichtung in Augsburg 1396 bis
1521. Beitrag zu einer Strukturanalyse Augsburgs im Spätmittelalter, Dissertation. München 1995; Bernd
Roeck: Eine Stadt zwischen Krieg und Frieden. Studien zur Geschichte der Reichsstadt Augsburg zwischen Kalenderstreit
und Parität (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
37). 2 Teile. Göttingen 1989, hier Tl. 1, S. 46-62; Die Steuerbücher der Stadt Konstanz, Teil I: 1418-
1460. Bearb. vom Stadtarchiv Konstanz. Teil II: 1470-1530. Hg. vom Stadtarchiv Konstanz, bearb. von Peter
Rüster. Teil III: 1540-1620. Bearb. von Peter Rüster (Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen IX, XIII,
XVI). Konstanz 1958, 1963, 1966; Bernhard Kirchgässner: Das Steuerwesen der Reichsstadt Konstanz 1418-
1460. Aus der Wirtschafts- und Sozialgeschichte einer oberdeutschen Handelsstadt am Ausgang des Mittelalters
(Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen, N.F der Konstanzer Stadtrechtsquellen X). Konstanz 1960.

15 Zürn (wie Anm. 12), S. 395, nach StadtAF, Cl Gewerbe und Handel 18, Nr. 25-30. Vgl. Noack (wie Anm. 12),
S. 334 f.

16 Exemplarisch die Stiftertätigkeit des Theologieprofessors und Ex-Jesuiten Heinrich Sautier in Freiburg. Martin
(wie Anm. 1), S. 100 f.; zum Stiftungswesen in Savoyen ausführlich Maistre/Maistre/Heitz (wie Anm. 6),
S. 119-189.

17 Martin Zürn: Welsche Landbetrüger? Zur Migration und Kriminalisierung savoyischer Fernhändler. In: Histo-
ricum 2001, H. 3, S. 8-16. Zum Verfahren wegen Diebstahls gegen den ehemaligen Knecht Francois de Ronis
aus Flumet in Savoyen siehe StadtAF, Cl Criminalia 31, Nr. 37*, zum Verfahren gegen Hugard ebd. 41, Nr. 29*.
Zum Erschließungsstand der Akten siehe oben Anm. 2. Hugard (verstorben 1757) war in Staufen ein geachteter

79


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2003/0079