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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 89
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kennen, dass in Konstanz schon vor der Jahrhundertwende die Vermögen allmählich wieder
zusammenschmolzen. 1602 wurde über die Erbmasse der verstorbenen Feiltragerin Elisabeth
Oleon das Konkursverfahren eröffnet; auch sie stammte aus einer Konstanzer Savoyerfami-
lie.56 1617 kam der Besitz des flüchtigen Savoyers Anton Osenroth in Konstanz unter den
Hammer. Die Gläubiger hatten bei einem Erlös von etwas mehr als 11.400 Gulden noch Verluste
von knapp 7.000 Gulden zu verkraften, was nach Konstanzer Stadtrecht vorwiegend die
Fremden traf.57 1604 verlor der Savoyer Hans Georg Schalland aufgrund eines Konkursverfahrens
sein Konstanzer Bürgerrecht. Ein Schuldeninventar ist leider nicht erhalten; wir wissen
aber, dass der Freiburger Rat um diese Zeit in Konstanz intervenierte, um Schalland wegen
Johann Ludwig Morell mit über 3.000 Gulden in Anspruch zu nehmen. Erst im Sommer
1619 erging hierzu in Innsbruck ein Urteil in zweiter Instanz. Der Fels-Bankrott in Lindau vernichtete
also die Substanz eines landsmannschaftlichen Netzwerks, auch wenn sich die Familien
Schalland in Konstanz, erst recht die Fels im Lindauer Patriziat weiter halten konnten.58
Auch in anderen Städten waren zu jener Zeit Erfolge im Handel schwer zu realisieren. Nach
den Steuerleistungen konnten die Savoyer in Augsburg zwar auch nach 1600 ihre Stellung behaupten
, wenn nicht ausbauen. Andererseits wurde der Augsburger Michel Bowet d.J. vom
Straßburger Bürger Karl Hammerer 1610 wegen 2.400 Gulden verklagt, nachdem Bowets
Handelsgesellschaft nach dem dubiosen Abgang eines Konsorten zerfallen war. Der Prozess
beschäftigte um 1618 sogar das Reichskammergericht. Hammerer war Bowets Vergleich mit
den übrigen Gläubigern nicht beigetreten, dessen Masse satte 100.000 Gulden betrug.59 Angesichts
solcher Vermögenswerte war der Freiburger Skandal um Johann Ludwig Morell relativ
unbedeutend, auch wenn er den Stadtwechsel vorübergehend um den Kredit brachte.

Die Spekulationen des Johann Ludwig Morell führten auch zum Zerfall seines sozialen
Rückhalts in Freiburg. Dies wurde immer deutlicher, nachdem 1604 sein Vater Andreas Morell
gestorben war. Morell senior hatte sich bekanntermaßen für seinen Sohn mehrfach verbürgt;

56 Gant der im Februar 1600 verstorbenen Feiltragerin Elisabeth Oleon. Ihr Nachlass wurde am 17./18.4.1600 für
122 fl 9 ß 3 d verkauft. StadtAK, H V Schuld- und Gantbuch Bd. 8, o.S., 10.7.1602.

57 Vermögenssperre und Schließung des Hauses 20.9.1617, Rechtstag mit den Gläubigern 4.11.1617. - Ganterlös
aus Immobilien: 8.119 fl 14 ß d; Gold- und Geldvorrat 1620 fl 3 ß 4 d; vier Zinsbriefe zu insgesamt 206 fl 10 ß
d; Erlös aus Wein 742 fl 10 ß 10 d. Daraus ergibt sich eine Konkursmasse von insgesamt 13.008 fl 7 ß 2 d. - Die
Liquidation der Forderungen wurde auf 18.2.1619 angesetzt. Anwesend waren die Parteien Cleophe Scherbin,
Junckher Zillis aus St. Gallen, die Tochtermänner NN des Anton Osenroth in Lindau, Albrecht Dietrichs Kinder
in Überlingen, Elias Fels und Peter Hatzenberg in Isny. StadtA Konstanz H V Schuld- und Gantbuch Bd. 8, o.S.,
20.9.1617. - Endurteil in der Gantsache Osenroth ebd., 4.3.1619. Die Verteilung der Güter erfolgte am
13.6.1619, wobei 11.382 fl 12 ß 5,5 d an bevorrechtigten Forderungen vollständig befriedigt wurden. Es ergab
sich ein Forderungsüberhang von 6.822 fl 7 ß 8,5 d einschließlich fremder Ausstände.

58 Denn 24 Decembr[is] ist V[on] hanns Georg Schalland geredt, vnnd verlaßen, weiln all sein haab vnd gueth
vergantet, dz er nach d[er] zeit für kheinen burgler] erkhant werden soll. StadtAK, A IV Bürgerbuch Bd. 8, S.
243, 24.12.1604. - Die Schulden des „Hans Georg Schallanten" beim Stadtwechsel Freiburg betrugen 3.061 fl
9 ß 7 d. StadtAF, B5 XHIa, Ratsprotokoll Bd. 42, fol. 433v, Mittwoch 11.8.1604; Bericht des Johann Jsenring
über seine Verrichtungen mit Hans Jacob Bayer in Konstanz und Schaffhausen, u.a. „Contra Hans Georg Schallanten
". Ebd. Bd. 43, fol. 176r, Freitag 2.9.1605, vgl. auch ebd. fol. 161rf., Freitag 19.8.1605; das Innsbrucker
Urteil wird ohne inhaltliche Angaben erwähnt in: ebd. Bd. 54, fol. 137r, Mittwoch 24.7.1619; zum Urteilsbrief
ebd. fol. 232v, Mittwoch 8.1.1620. - Zu den Fels in Lindau siehe: Alfred Otto Stolze: Der Sünfzen zu Lindau
. Das Patriziat einer schwäbischen Reichsstadt. Hg. von Bernhard Zeller. Lindau/Konstanz 1956, S. 115.
Die Unterbrechungen der Stubenzugehörigkeit nach dem 30jährigen Krieg und im zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts
hängen wohl nicht mit dem Fels-Konkurs zusammen. Herrn Heiner Stauder, Stadtarchiv Lindau, sei für
Auskünfte herzlich gedankt.

59 „Responsum Juridicae Facultatis Academiae Jngolstadiensis in Sachen Michael Bowets von Augspurgh vnnd
deßen bürger Appellanten Contra Hr Carl Hammerern Appellath[en] N. 1" Dekan und Kollegium der juristischen
Fakultät der Universität Dillingen, per Universitätsnotar, Ingolstadt 20.4.1618. Stadtarchiv Augsburg, Reichsstadt
, Stadtgericht/ Klagesachen, Bankrotte, Testamente, Nr. 166b. Ab Ende des 16. Jahrhunderts häufen sich in
Augsburg allgemein die Konkurse und Prozesse mit savoyischer Beteiligung. Auf die Zusammenstellung nach
den Akten des Stadtgerichts sowie nach den Augsburger Strafamt-Urgichten wird hier verzichtet.

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