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kommen. Die bürgerliche Aufnahme in Steig stellte so keine Hürde dar. Anhand der Geburtseinträge
ihrer Kinder 1826, 1828 und 1829 ist belegt, dass Gärtner in dieser Zeit Soldat gewesen
ist. Einen hohen sozialen Status hatte Gärtner nicht, da er kein Haus besaß, kein Handwerk
ausübte und seine Familie nach seiner Soldatenzeit schlicht als Taglöhner durchbringen
musste. Bei Catharina Rombach erkennt man an den acht belegbaren Geburten zwischen 1828
und 1839, dass sie nicht mehr so mobil war wie vor ihrer Heirat. Sieben von acht Kindern wurden
in Steig geboren, ein Kind, welches den ersten Tag nicht überlebte, im benachbarten Breitnau
. Innerhalb von Steig war sie mit ihrem Ehemann jedoch recht mobil, da sie ihre Kinder in
mindestens vier verschiedenen Häusern zur Welt brachte.20
Diese innerörtliche Mobilität hatte ihre Gründe. Zum einen mussten Taglöhner wie Jacob
Gärtner mobil sein, wenn sie Beschäftigung suchten (neben Arbeit innerhalb von Steig konnte
er natürlich auch jenseits der Ortsgrenzen danach suchen). Zum anderen befanden sich die
Eheleute mit ihren Kindern spätestens seit 1834 im Kehr. Für 1834 jedenfalls belegen die Rug-
gerichtsakten, dass die Familie im Kehr war. Ruggerichte, in späteren Jahrzehnten in den Quellen
als Gemeindevisitationen oder Ortsbereisungen bezeichnet, fanden normalerweise alle drei
Jahre in einer Gemeinde statt.21 Die Obrigkeit, in diesem Fall das Landamt Freiburg, schickte
einen Vertreter, der vor Ort nach dem Rechten sah und Beschwerden der Bürger entgegennahm
. Mit Missfallen registrierte die Obrigkeit 1834, dass von 62 Bürgern Steigs beim am 10.
und 11. Juli abgehaltenen Ruggericht nur 49 Bürger erschienen waren, obwohl Anwesenheitspflicht
herrschte. Unter den fehlenden 13 Bürgern war auch Jacob Gärtner. Er fehlte unentschuldigt
, und dass, obwohl - oder vielleicht weil - sein Fall zur Sprache kam. Der Beamte
kritisierte, dass dieser kräftige und rüstige Mann von der Gemeinde Steig unterstützt werden
müsse. Das Landamt wies das Bürgermeisteramt an, sich genauer um die Lebensweise und die
Verdienstmöglichkeiten des Mannes zu kümmern bzw. sich darüber zu informieren. Der Steiger
Bürgermeister sollte moralischen Druck auf Gärtner ausüben, da man vernommen, daß dieser
junge Mann der Arbeit nicht hold ist und manchen Tag müßig herumliegt, so hat das Bür-
germeisterAmt ihn vorrufen zu laßen und ihm zu Gemüthe führen, daß er als Bürger und Vater
schuldig und verbunden wäre, seine Familie zu ernähren und daß es für einen solchen
jungen Mann eine Schande sei wenn er sich und seine Familie aus dem Beutel seiner Mitbürger
füttern laße wovon manche ebenfalls aus ihrem täglichen Erwerb sich durchbringen
müßen, und daß er daher alle seine Kräfte anzustrengen habe um seine zahlreiche Familie zu
erhalten. Da eine Aussage Gärtners fehlt, bleibt offen, ob er tatsächlich so ein arbeitsscheuer
Müßiggänger war, wie er dem Beamten beschrieben wurde, oder ob nicht eine schwankende
Nachfrage nach Arbeitskräften dazu führte, dass in seinem Taglöhnerdasein Zeiten von Unterbeschäftigung
oder Arbeitslosigkeit auftraten. Das Landamt rügte jedoch nicht nur Gärtner,
sondern auch die Gemeinde Steig, die ihn und seine Familie in den Kehr geschickt hatte. Die
Gemeindeverantwortlichen in Steig wurden aufgefordert, eine ständige Wohnung im Haus
eines Mitbürgers für diese Familie ausfindig zu machen. Die Gemeinde sollte die Kosten der
Wohnung tragen, und die Mitbürger hatten die Aufsicht über die Familie zu übernehmen. Den
Kehr lehnte der Beamte mit der Begründung ab, daß diese Familie und insbesondere die Kinder
bei dieser wandernden Lebens Art keinen Sinn für eine geordnete Haushaltung bekommen
und der Hang zum Herumziehen und Nichtsthun genährt wird was für die Zukunft auch für die
Kinder von nachteiligem Einfluß ist. Mobilität war hier von Seiten des Staates nicht gefragt,
die Furcht vor nachwachsenden Landstreichern ohne Arbeitsmoral war größer. Stattdessen
lobte der Beamte die Gemeinde dafür, dass sie einen Teil der Kinder aus dieser Familie ordent-
20 Insgesamt hatte Catharina Rombach zwischen 1817 und 1841 13 Kinder. Von diesen sind elf durch Geburtseinträge
in Breitnauer Kirchenbücher identifizierbar (Geburtsorte: 1 Hofstetten, 1 Oberhausen, 1 Eschbach, 1 Breitnau
, 7 Steig).
21 GAB 81: Die Allgemeinen Zustände in der Gemeinde Steig, die periodische Abhaltung von Ruggerichten 1825-
1844. GAB 83: Die Vornahme von Ortsbereisungen 1844-1932.
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