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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 129
(PDF, 58 MB)
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So erschienen neben den wissenschaftlichen und enzyklopädischen Werken stets auch Gebetsund
Erbauungsschriften, Heiligen-, Konvertiten- und Missionserzählungen im Verlag, und
natürlich Katechismen und Biblische Geschichten.

Prinzipiell war Benjamin Herder seiner Kirche gegenüber konsequent loyal. Die Treue zu
Rom stand nie zur Disposition. Papst Leo XIII. ernannte Benjamin Herder zum „Tipografo
Editore Pontificio" und verlieh ihm den Gregorius-Orden. Aber Benjamin Herder vertrat keinen
reaktionären oder militanten Ultramontanismus. Er blieb kritisch und offen. Ein kleines
Beispiel: Jener Joseph Hagele, der als Obmann die revolutionären Freischärler bei der 1848er
Revolution in Freiburg angeführt hatte, ist ein wichtiger Mitarbeiter bei Herder geworden, vor
allem beim Kirchenlexikon, (und dies ohne dass man ihn zuvor zum „Proselyten" gemacht
hätte; er blieb ein kauziger, kritischer Typ). Ein Zeitgenosse meinte: „Wie Herder bis 1859 sich
mit Hägele soweit vertragen konnte, um denselben ganz in seinem Geschäft zu haben, ist ein
Rätsel, dessen Lösung wahrscheinlich in den wunderbaren Tiefen der christlichen Charitas gesucht
werden muss."31 Der Katholizismus, dem Benjamin Herder mit seinem Verlag zur Anerkennung
verhalf, lässt sich nicht einfach in dem Gegensatzpaar „fortschrittlich oder reaktionär
" verorten. Dieser Katholizismus war - in Stichworten bezeichnet - vorab seriös, gediegen
, von bürgerlicher Natur, sodann aber auch fromm, sozial-karitativ, romtreu, integrativ, und
er war nicht zuletzt auf Erfolg angelegt, zielte auf ein lesebereites, zum Lesen erzogenes Publikum
und bediente sich der gebotenen institutionellen Stützen der katholischen Kirche,
bischöflicher und päpstlicher Empfehlungen sowie der Verbindung mit dem Verbandskatholizismus
(z.B. des Borromäus Vereins oder der Görres-Gesellschaft).

Neben das Kirchenlexikon trat ein eigenes Konversationslexikon. Es erschien 1854-57 in
der 1. Auflage in 5 Bänden, von denen der Borromäus verein sogleich 1300 Exemplare bestellte
. Gerade am Konversationslexikon wäre das zu erkennen, was Herder unverwechselbar
gemacht hat: die Tendenz zum Enzyklopädischen, die Verpflichtung auf umfassendes Wissen,
ein Wissen freilich, das nicht wie bei der Encyclopedie von Diderot gut 100 Jahre zuvor allein
aus der Vernunft hergeleitet wird: Im „Herder" (wie das Lexikon später seit der 3. Auflage
hieß) blieb die Welt als Gottes Schöpfung im Bewusstsein. Der „Herder" verbürgte verlässliche
Informationen ebenso wie einen festen Standpunkt in Fragen der Ethik und „Weltanschauung
". Vielleicht lag dieser Haltung (wie bei der Einstellung Hägeies) die oft dem katholischen
Denken zugesprochene Kunst der „coincidentia oppositorum" (der Verschmelzung der
Gegensätze) zugrunde - oder einfach das erkenntnisleitende Axiom der Untrennbarkeit von
Wissen und Gewissen.

Der Herr des Verlags

Benjamin Herder war Verleger und Katholik, und er war beides ganz. Als Verleger zeigte er
ausgeprägte unternehmerische Fähigkeiten und Grundhaltungen. Sein Lebensmotto „Sursum"
- aufwärts oder vorwärts - galt auch für den Verlag. Aber jede Entscheidung unterwarf er der
Zielplanung. 1843 schrieb er: „Ein Geschäft welch immer einer Art, es möchte den größten
Gewinn bieten, wird von mir nicht unternommen, wenn ich nicht bestimmt voraussehe, dass
ich es ehrenvoll zu Ende führen kann."32 Er war ein Mann der Arbeit. Täglich kam er, soweit
es seine Gesundheit zuließ, um 9 Uhr und nach der Mittagspause um 3 Uhr ins Kontor, die Akten
in einer Tasche bei sich, um auch zuhause daran arbeiten zu können. „Labor improbus vin-

31 Historisch-politische Blätter 1864, S. 79; Dorneich (wie Anm. 6), S. 135: Hägele unterschrieb seine Briefe mit
„Erzbischöfliches Federvieh" und nannte Freiburg „Sklavenburg".

32 Weiss (wie Anm. 1), S. 11; Kasper (wie Anm. 5), S. 131; Brief an Hefele vom 27.11.1872: „Bei Ausführung
des Unternehmens hoffe ich mir den nötigen Einfluss zu bewahren, um über die vollkommene Ausführung des
Planes wachen zu können."

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