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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 132
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lebte Hermann häufiger krank als gesund. Der kleine Hermann durfte sich zuhause „nur auf
Zehenspitzen bewegen".41 Obwohl er das einzige Kind von Benjamin und Emilie Herder blieb,
haben die Eltern den Bub bald Hauslehrern anvertraut (mit denen er auch die Ferien verbrachte
). Auf die Frage, wem er gehöre, antwortete der Knabe bisweilen: „Dem lieben Gott."42
Geprägt wurde er vor allem durch den von Professor Kaulen der Familie empfohlenen Neupriester
Pütz, einen Rheinländer. Mit ihm als Hauslehrer übersiedelte der elfjährige Hermann
dann nach München. Im Jahr darauf brachten die Eltern ihn schließlich bei Kaulen selbst in
Bonn unter. Dieser übertrug die Erziehung des Knaben einem Studenten, bis Hermann dann in
die Oberstufe des Gymnasiums in Bonn eintreten durfte (oder musste: dem schüchternen Jungen
fiel es schwer, sich in eine Klasse zu integrieren). Nach dem Abitur kehrte er nach Freiburg
zurück. Die Eltern waren freilich (wie oft in den Wintermonaten) in Meran, und Hermann
wohnte bei einem jungen Privatdozenten der Theologischen Fakultät. Er begann zu studieren:
Geschichte. Die sporadisch besuchten Lehrveranstaltungen hatten ihm Freunde der Eltern
(Kaulen und Janssen) ausgesucht. Gleichzeitig nahm ihn Franz Hutter, der als Teilhaber praktisch
die Verlagsgeschäfte führte, in seine strenge Zucht. Nach zwei Jahren schickte man Hermann
Herder zu dem renommierten Buchdrucker Wallau nach Mainz in die Lehre. Er selbst
hätte lieber an der hiesigen Universität promoviert. In Mainz besuchte er - dem Drängen der
Mutter folgend - auch philosophische Vorlesungen beim späteren Mainzer Bischof Haffner.
All diese und die weiteren Stationen der Biographie Hermann Herders sind von Engelbert
Krebs in der ihm eigenen Herzensgüte im Jubiläumsband von 1951 geschildert.43

Die Krankheit des Vaters holte den 24-jährigen nach Freiburg zurück. Am 24. November
1888 teilte Hermann Herder „der literarischen Welt" den Tod Benjamin Herders mit und erklärte
: „Sein letzter Wille überträgt mir, der ich seit Oktober 1885 dem Buchhandel angehöre,
das Geschäft nebst den Zweigniederlassungen."44 Franz Hutter blieb Teilhaber und behielt in
gewohnter Weise die Geschäftsführung in sicherer Hand, als selbstloser (gäbe es den Superlativ
, müsste man sagen als „selbstlosester") Diener des Unternehmens. Als er 1895 im Alter von
55 Jahren starb, war der Verlag auf dem besten Weg zur Weltgeltung. Das war nicht zuletzt
Hutters Verdienst und das seiner führenden Mitarbeiter im Verlag. Genannt seien vor allem
Alois Rees (Prokurist seit 1880), Robert Hutter (Chef der Druckerei seit 1879), die Brüder
Widmann in der Versandabteilung, Wilhelm Sellinghausen (der Vater der hier wohl bei vielen
unvergessenen May Beinghausen) als Leiter der Auslandsabteilung.

Für Hermann Herder besaß das Ausland eine enorme Anziehungskraft. Es drängte ihn in die
„weite Welt". Hutter bestärkte ihn sogar darin, wenn auch schweren Herzens, da er den jungen
Chef auch gerne stärker in die Pflicht (oder „an die Kandare") genommen hätte. Ein gutes
Jahr nach Übernahme der Unternehmensverantwortung reiste er erstmals nach Wien, wo er ein
Jahrzehnt später in der prominenten Wollzeile ein neues Geschäftshaus für die so erfolgreiche
Filiale bauen ließ. 1892 begab sich Hermann Herder zusammen mit Paul Wilhelm Keppler,
dem späteren Bischof von Rottenburg, für mehrere Monate auf eine Orientreise. Kepplers Reisebericht
(ein dickes, großformatiges Buch) erreichte bei Herder 10 Auflagen 45 Im Folgejahr

41 Engelbert Krebs: Hermann Herder 1864-1937. In: Weiss/Krebs (wie Anm. 2), S. 233.

42 Ebenda, S. 227.

43 Engelbert Krebs hat die Biographie Hermann Herders als Manuskript der Familie Herder überlassen, konnte
sie aber nicht mehr für den Druck vorbereiten. Er starb am 29.11.1950. Das Manuskript wurde von Julius Dorneich
bearbeitet und ergänzt und bildete dann in Weiss/Krebs (wie Anm. 2) den dritten Teil (S. 221-486).

44 „Sein letzter Wille überträgt mir, der ich seit Oktober 1885 dem Buchhandel angehöre, das Geschäft nebst den
Zweigniederlassungen. Indem ich dasselbe mit allen Aktiven und Passiven auf meine alleinige Rechnung übernehme
, gereicht es mir zur besonderen Freude, Sie ferner zu benachrichtigen, dass dem Wunsche meines seligen
Vaters entsprechend sein langjähriger Mitarbeiter und Freund, Herr Franz Josef Hutter, seit 2. Januar 1868
Teilhaber der Firma, seine Tätigkeit auch künftig dem Hause widmet. Hermann Herder." Der volle Wortlaut in:
Krebs (wie Anm. 41), S. 250.

45 Paul Wilhelm Keppler: Wanderfahrten und Wallfahrten im Orient. Freiburg 1894; 101922.

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