Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 137
(PDF, 58 MB)
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Hermann Herder wird - auch darin ein Kind seiner Zeit - bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges
ein patriotischer Offizier: „Freiwillig geht er in die Todesgefahr des Krieges", wie Engelbert
Krebs voller Anerkennung formulierte.53 Seine Fronterlebnisse hält er in einem Tagebuch
fest. Dann erlebt er den Zusammenbruch von 1918/19, das Ende der Monarchie, als
totale Katastrophe. Seinem Freund von Stotzingen schreibt er am 4. Dezember 1918: „...alle
Grundlagen für das Weiterarbeiten sind bedroht." Am 28. Februar 1919: „Ich fühle mich außerstande
, mich der neuen Zeit anzupassen." Er findet, eigentlich dürfe man sich, um Schlimmeres
zu verhüten, nicht zurückziehen, „aber im Herzen kann ich nicht mitmachen."54 (Aus dem
Stadtrat scheidet er aus.) Als im Frühjahr 1919 in der Freiburger Festhalle die erste Diözesan-
Katholikenversammlung abgehalten wurde, sprach u. a. Joseph Wirth und wies auf die in der
neuen Verfassung errungene Freiheit der Kirche hin. Als er aber seine Rede schloss mit dem
Aufruf: „Es lebe die Republik!", rührte sich keine katholische Hand zum Beifall. Der ganze
Saal blieb stumm.55 Auch im Mai 1919 hat Hermann Herder die pessimistische Haltung noch
nicht überwunden und schreibt: „In die Zukunft sehe ich düster..." Schließlich im Frühjahr
1920: „Das Münster ist eigentlich noch das Einzige, was mir das Verbleiben in Freiburg lieb
und teuer macht."56

Aber Hermann Herder glich eben doch nicht nur seiner Zeit. Er erwies sich auch als der
Enkel von Bartholomä und der Sohn von Benjamin Herder. Er gab deren Erbe nicht preis. Er
sicherte dem Verlag Kontinuität, auch als Familienunternehmen. 1913 hatte er Philipp Dorneich
zum Teilhaber ernannt. 1925 vermählte er seine Tochter Elisabeth mit dessen Sohn Theophil
. Die Entwicklung des Verlags wies in eine neue Zeit. In der Weimarer Republik konnten
die Wunden des Kulturkampfes verheilen. Der Katholizismus nahm einen freieren Gang. Der
Gegensatz von Vernunft und Glauben, von Wissen und Gewissen wandelte sich im katholischen
Denken in ein Wechsel Verhältnis beider Kräfte zueinander. Fides quaerens intellectum:
Der Glaube gibt zu Denken! Karl Rahner konnte den katholischen Christen (und nicht nur
ihnen) versichern: Frömmigkeit wird nicht auf dem Boden von Denkfaulheit gedeihen.57

Dass das Verlagshaus Herder einem solchen Autor wie Karl Rahner und vielen anderen die
gebildete Welt zum Publikum werden ließ, verdient höchsten Respekt. Er gilt in gleicher Weise
der Verlegerfamilie wie der „Belegschaftsfamilie" Herder und ist der Leistung geschuldet, für
die noch immer gilt, was Friedrich von Schiller vor gut 200 Jahren seinem Verleger Cotta
schrieb: „Die Zerstreuung eines Buches durch die Welt ist fast ein ebenso schwieriges und
wichtiges Werk als die Verfertigung desselben."

53 Krebs (wie Anm. 41), S. 311.

54 Briefe an den Freitag und Freiherr von Stotzingen, zitiert bei Krebs (wie Anm. 41), S. 354 ff.

55 Zitiert in: Drei Schüler werden Soldaten. Privatdruck Herder. Freiburg 1966, S. 430.

56 Brief Hermann Herders an seinen ehemaligen Lehrer Pütz vom 9.4.1920, zitiert bei Krebs (wie Anm. 41), S. 357.

57 Die Äußerung von Karl Rahner zitiert in: 175 Jahre Herder. Freiburg 1976, S. 21.

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