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Sollte Einer aus der Verwandschaft den geistlichen Stand wählen und wirklich römisch
katholischer Priester werden soll ihm zu diesem Zwecke Fünfhundert Mark bezahlt werden
mit der Bitte, um ein Memento für mich jedesmal41 bei Darbringung des heiligen
Meßopfers in der Erzdiözese Freiburg.
Eintausend Mark sollen zu 1 Fond angelegt werden, der Zins für Jünglinge, die in den
römisch katholischen Priesterstand treten mit der Bitte um ein Memento für den Stifter
jedesmal bei der4* Darbringung des heiligen Meßopfers.
Es sollen Einhundert Mark bezahlt werden49 für hundert heilige Messen gelesen nach
meiner Meinung.
Ich habe an meinen Werthpapieren großen Verlust in Folge von Kurssturz und keinen
Zins.
Sollte Jemand nicht zufrieden sein und gegen das50 Testament protestiren, so soll derselbe
von der Erbschaft ausgeschlossen sein.
Ich ersuche den Wohllöblichen herrn Notar die Execution dieses meinen letzten Willens
zu übernehmen und ihn in51 allen Punkten genau zu vollziehen.
Gegenwärtige testamentarische Verordnung habe ich eigenhändig geschrieben und unterschrieben
.
Freiburg, den 20. Februar I89752
gez[eichnet] Benedikt Gillmann, Pfarrer.
Der letzte Wille wurde am 4 Juni 1897 N° 8418 in der Beschaffenheit beurkundet.
Von vorstehendem Testamentsinhalt erhalten Sie hirmit Nachricht mit dem Anfügen,
daß Ihnen die Einsichtsnahme des Testaments während acht Tagen gestattet ist und daß
wenn nach Umfluß der Frist eine Einsprache gegen den Vollzug des letzten Willens nicht
erhoben worden ist, angenommen wird, daß Sie den letzten Willen anerkennen.
Die Annahme des Legates wollen Sie alsbald anher anzeigen.
Freiburg, den 5. Juli 1897
A. Fuchs
Kein Zweifel: der Erblasser scheint - und dies spricht zumindest nicht gegen den Realitätsgehalt
des Hansjakobschen Seitenhiebs auf das exzessive Sparverhalten Gillmanns und dessen
Generieren von Vermögenswerten quasi ex nihilo - im Lauf seines Lebens einen nicht unbeträchtlichen
Besitz angehäuft zu haben, der zur Entstehungszeit der testamentarischen Verfügungen53
nicht nur Bankguthaben, sondern auch risikoreiche Wertpapiere umfasste. Diese Kapitalien
vermachte Gillmann größtenteils seiner Haushälterin, die ihm, wie es scheint, lange
Jahre treue Dienste geleistet hatte,54 sowie verschiedenen kirchlichen Institutionen.55 Nur ein
relativ kleiner Teil des hinterlassenen Geldvermögens ging in Form von Legaten in die Hände
seiner nächsten Merdinger Angehörigen über, die, soweit sich den heute im Freiburger Stadt-
47 Im Originaltext unterstrichen.
48 der im Originaltext fehlend.
49 werden im Originaltext oberhalb der Zeile nachgetragen.
50 Im Originaltext: dieses.
51 in im Originaltext fehlend.
52 Im Originaltext: 1896.
53 Wobei ich nochmals darauf hinweise, dass der Text des Testaments nicht im Jahr 1897, sondern bereits ein Jahr
zuvor niedergeschrieben wurde. Hierzu siehe Anm. 52.
54 Wie bereits in Anm. 29 bemerkt wurde, hatte Maria Magdalena Flum allerdings nur von 1890 bis 1897 in den
Diensten des Pfarrers gestanden. Im Hinblick auf die weiteren Ausführungen des vorliegenden Beitrags will mir
scheinen, als betone Gillmann gegenüber seinen Merdinger Verwandten nicht zuletzt deshalb das lange und intensive
Dienstverhältnis, um die einseitige Verteilung seines Nachlasses zu rechtfertigen.
55 Hierzu siehe auch die Angaben bei Mayer (wie Anm. 20), S. 282.
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