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senschaften beschäftiget und theils aus Freundschaft, theils, um sich im cameralistischen
Fache über den neuesten Standpunkt der Polizeiwissenschaft, Handelslehre, National-
öconomie, Forstwissenschaft, Finanzwissenschaft zu orientiren, worüber Zeugniße anliegen
.
Eine Reaktion des Erzbischöflichen Ordinariats ließ nicht lange auf sich warten. Bereits am
9. Oktober 1851 wurde der Beschluss gefasst, Gillmann Folgendes mitzuteilen:
Es hat mit Recht auffallen müßen, daß Petent aus Cameralfächern Zeugnisse über schriftliche
Arbeiten vorgelegt, dagegen nicht eine einzige Predigt, Katechese [e?c.?]121 als Beweis
seiner fortgesezten Beschäftigung mit der Theologie beigebracht hat.
Wenn wir ihn daher gleichwohl in das Priesterseminar zulassen wollen, so geschieht
es in der Voraussezung, daß die Vorsteher des Seminars nicht finden, Petent habe seine
theologischen Kenntnisse wieder vergessen.122
Doch es drohte neues Ungemach: Offensichtlich im Zuge der Bemühungen um die Erteilung
des für den Eintritt in das Priesterseminar erforderlichen 'Tischtitels' hatte der Großherzogliche
Oberkirchenrat in Karlsruhe Gillmanns Zeugnisse einer eingehenden Prüfung unterzogen
und beschloss am 30. Oktober 1851 folgendes Vorgehen: Wir haben [...] bemerkt, daß Benedikt
Gillmann von Merdingen nur über 2 Exegesen eine Prüfung bestanden hat. Wir können
daher demselben den Tischtitel nicht ertheilen, bis er auch in dieser Hinsicht gehörig entsprochen
hat.123 Dieser Entscheid wurde dem Freiburger Ordinariat übermittelt, das am 14.
November 1851 dem in St. Peter ansässigen Priesterseminar124 mitteilte:
Laut vorliegendem theologischen Absolutorium hat der Alumnus Benedict Gillman von
Merdingen nicht drei, sondern nur zwei Prüfungen aus der Exegese bestanden. Derselbe
hat zwar die exegetischen Vorlesungen über die Apostelgeschichte gehört; aber ist mit
dem Examen darüber in Rückstand geblieben. Bevor er den Studienvorschriften genügt
hat wird ihm der Tischtitel nicht ertheilt. Alumnus Gillman hat daher eine schriftliche
exegetische Prüfung über Apostelgeschichte Cap. IX.v.1-42. nachträglich zu bestehen;
und dieselbe innerhalb sechs Wochen anher durch die Seminariumsregentie, welche ihr
Gutmeinen darüber beifügen wolle, einzusenden.
Es verging kaum ein Monat, da schien endlich auch dieses letzte Hindernis beseitigt: Am 16.
Dezember 1851 teilte der Vorstand des Priesterseminars in St. Peter dem Erzbischöflichen Ordinariat
mit, Gillmann habe die Auflagen erfüllt und die geforderte schriftliche Exegese angefertigt
.125 Das Gutachten fiel insgesamt positiv aus:
Die Arbeit behauptet den Standpunkt der historisch-kritischen Schrifterklärung, sie verdient
nach unserm Dafürhalten die Note 'Gut'bis 'Recht gut'. - Die Inhaltsangaben wurden
nur angedeutet, um das Volumen der Arbeit möglichst zu beschränken. Was die
Selbständigkeit betrifft, so vermögen wir nicht anzugeben, in welcher Art die Collegien-
hefte benützt wurden, da wir die leztern nicht zur Hand haben. Einige Notizen stimmen
121 Unleserliches Wort.
122 Personalakte.
123 Personalakte.
124 Das Priesterseminar befand sich seit dem Jahr 1841 in St. Peter. Einführende Literatur: Hans-Otto Mühleisen:
Art. „Sankt Peter im Schwarzwald". In: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 9,32000, Sp. 45.
125 Das Original der insgesamt sechs Seiten umfassenden Prüfungsarbeit (Titel: Historisch=kritische Exegese über
Apostelg. IX, 1-42.) findet sich in der Personalakte. Den Inhalt des untersuchten Bibeltextes fasst Gillmann ebd.
wie folgt zusammen: Bekehrung Pauli und sein Auftreten als Lehrer des Christenthums in Damaskus. Heilung
eines Gichtkranken und Erweckung der Tabitha durch den heil. Apostel Petrus.
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