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tervereins, bestehend aus den genannten Bayreuther und Frankfurter Großlogen sowie der
Hamburger Großloge mit ihren jeweiligen angeschlossenen Tochterlogen; zum anderen der
rechtskonservative altpreußische Flügel mit drei christlich bestimmten Berliner Großlogen
nebst Tochterlogen, darunter die oben bereits genannte, sodann die Großloge „Royal York de
1'Amitie" sowie die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland (im Logen-Jargon:
„Freimaurer-Orden" oder FO); und drittens - gewissermaßen das Zünglein an der Waage bei
Abstimmungen im Deutschen Großlogenbund - eine Zweiergruppe, bestehend aus der
Großloge „Zur Eintracht" mit Sitz in Darmstadt und der Großen Landesloge von Sachsen mit
Sitz in Dresden einschließlich ihrer jeweiligen Bauhütten. Hinzu kam eine nicht im Großlogenbund
vertretene Kleingruppe von fünf regulären deutschen Johannislogen2 in Altenburg, Gera,
Leipzig (2) und Hildburghausen, die sich ideologisch nicht pauschal einordnen lässt, allerdings
auch nicht mit im Deutschen Großlogenbund vertreten war.
Dieser korporative freimaurerische Status Quo war nun weiter bestimmt durch eine in der
Dekade vor jener Wende eingeleitete Entwicklung, in der sich nach einem Berliner Oberverwaltungsgerichtsurteil
von 1893 Freimaurerlogen in Preußen - und mittelbar anderenorts -
auch ohne die übliche Zustimmung der oben beschriebenen, etablierten regulären Obedienzen
konstituieren konnten, und sie diese neue Freiheit in eigener Machtvollkommenheit, d. h. ohne
freimaurerische Patenschaften und damit irregulär, in 25 Fällen bis ins späte erste Jahrzehnt
des 20. Jahrhunderts hinein auch wahrnahmen.3 Eine der mehr als zwei Dutzend irregulären
Gruppen, entstanden im September 1902, war der „Bund Unabhängiger St. Johannislogen in
2 „Johannisloge" ist ein Gattungsbegriff für Freimaurerlogen, die - im Gegensatz zu den Hochgradlogen - nur in
den drei Graden Lehrling, Geselle, Meister arbeiten, für die Johannes der Täufer Schutzpatron ist, und dessen
Fest, der „Johannistag" zur Zeit der Sommersonnenwende gegen Ende Juni, der höchste Festtag der „Johannis-
Maurerei" (auch symbolische oder blaue Maurerei genannt) ist und ein Maurerjahr abschließt. Dieser Umstand
erklärt übrigens die Jahrgangszählung freimaurerischer Periodika. So trägt beispielsweise ein Juniheft bei monatlicher
Erscheinungsweise einer Zeitschrift die Nummer 12, ein Juliheft die Nummer 1 usf. Um Bibliothekaren
bei ihrer Titelaufnahme entgegenzukommen, gingen einige Obedienzen dazu über, von der Maurerjahr-Zählung
abzusehen und stattdessen das Kalenderjahr zur Zählgrundlage zu machen. Andere Körperschaften wechselten
die Zähl weise im Laufe der Erscheinung ein und desselben Periodikums. Die Logen des FZ AS, der als
freireligiöse und freigeistige freimaurerische Bewegung gilt und auf christliche Symbole verzichtete, hießen
schlicht „Freimaurerlogen". In der deutschen Freimaurerei werden die Ausdrücke „Loge" und „Bauhütte" synonym
gebraucht.
3 Hans-Detlef Mebes: Internationale Friedensbemühungen Mannheimer Freimaurer. Ein Beitrag zur Stadtgeschichte
der Weimarer Zeit. In: Mannheimer Hefte, 1992, Heft 1, S. 39-49. Ders.: Zur Gründungsgeschichte der
Erfurter Loge „Licht und Wahrheit". Ein Beitrag zum Beginn der Reformfreimaurerei in Thüringen im Jahr
1908. In: Blätter d. Vereins f. Thüringische Geschichte 4, 1994, Heft 1, S. 38-47. Ders.: Die Erfurter Reformfreimaurerloge
„Licht und Wahrheit". Vom Jahr der Weltwirtschaftskrise 1929 bis zu ihrer Selbstauflösung im
April 1933. In: Blätter d. Vereins f. Thüringische Geschichte 5, 1995, Heft 1, S. 43-54. Ders.: Der „Orient Halberstadt
". Freimaurerei um die Jahrhundertwende bis zum Ende der Weimarer Republik. In: Nordharzer Jahrbuch
18/19, 1995, S. 173-183 u. Anh. Tafel 7. Ders.: Die Etablierung des deutschen „Freimaurerbundes Zur Aufgehenden
Sonne" in der Stadt Basel im Jahre 1907. Teil I: Mitteleuropäisch-kulturgeschichtliche Hintergründe.
In: Basler Zs. f. Geschichte u. Altertumskunde 97, 1997, S. 183-201. Ders.: Die Etablierung des deutschen „Freimaurerbundes
Zur Aufgehenden Sonne" in der Stadt Basel im Jahre 1907. Teil II: Die Konstituierung der Loge
„Zur Freiheit und Wahrheit". In: Basler Zs. f. Geschichte u. Altertumskunde 98,1998, S. 83-109. Ders.: Die Loge
„Zur Morgenröte". Reform-Freimaurerei im Wilhelminischen Berlin. In: Der Bär von Berlin, Jahrbuch d. Vereins
für die Geschichte Berlins 48, 1999, S. 63-82. Ders.: Zur Gründungs- und ersten Entwicklungsgeschichte
eines „Allgemeinen Freimaurer-Bundes auf monistischer Weltanschauung", des nachmaligen (Reform-) „Freimaurerbundes
Zur Aufgehenden Sonne". In: Monismus um 1900. Wissenschaftskultur und Weltanschauung. Hg.
von Paul Ziche. Berlin 2000, S. 129-154. Ders.: Die Aufnahme Wilhelm Ostwalds in den „Freimaurerbund Zur
Aufgehenden Sonne". In: Leipziger Kalender. Informationen, Kaiendarien, kulturhistorische Aufsätze, aktuelles
Künstlerporträt, Chroniken, Arbeitsbericht des StA Leipzig. Leipzig 2000, S. 213-226. Ders.: Reformgroßlogen
in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Warum sie entstanden, wie sie arbeiteten, was sie bewirkten: Der Freimaurerbund
Zur Aufgehenden Sonne (FZAS). In: Jahrbuch der Forschungsloge Quatuor Coronati 39, 2002, S.
111-127. Ders.: Freimaurerischer Pazifismus in Freiburg. Teil I: Stationen in der Weimarer Zeit und die deutschfranzösische
Friedenskundgebung im Mai 1932. In: Schau-ins-Land 121, 2002, S. 127-150.
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