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Marx, der verflossene Bürgerblock-Reichskanzler, als Präsident des Katholikentages zu
neuem Glänze auferstand? Herrn Marx' Sprache war kulturkämpferischer denn je. ,Die katholische
Kirche ist nicht eine Dienerin des Staates!' ,Wir erheben schärfsten Widerspruch gegen
die Bestrebungen, die katholische Kirche zu einer reinen Privatanstalt zu erniedrigen.' Sie
ist vielmehr, wie selbst ein Mussolini anerkannt hat, in geistigen und ethischen Dingen ein
stärkerer Machtfaktor als der Staat.', Wir erheben aber auch ebenso scharfen Widerspruch gegen
die Behauptung, dass die Schule eine reine Staatsangelegenheit sei, die mit der Kirche
nichts zu tun habe. Die Staatsregierung wird auf Granit beißen, die versuchen sollte, ein
Staatsmonopol über die Einrichtung des Schulwesens sich anzueignen.' Zum Donnerwetter
noch mal, legen denn nicht die Artikel 143, 144, 145, 146, 147 und 148 das Staatsmonopol
über das Schulwesen fest? Und selbst der Religionsunterricht, der im Artikel 149 steht, ist
durch Schulgesetzgebung und nicht durch kirchliche Maßnahmen zu regeln. [...] Die Erfolge
des bayerischen und preußischen Konkordats und die winkende Frucht des württembergischen
Konkordats ermuntern wahrscheinlich hierbei ebenso wie das siegreiche Vordringen des Zentrums
in der gesamten Schulverwaltung Preußens, insbesondere in dem preußischen Ministerium
für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung (S. 406)." Ein Kommentar, der durchaus kein
Erstaunen hervorrufen muss, denn Haebler vertrat im badischen Landtag die deutsche Sozialdemokratie
.
Über die Teilnahmen von Freiburger Delegationen an den 8., 9. und 10. Internationalen
Freimaurerischen Friedenskundgebungen in Verdun 1928, in Mannheim 1929 und in Beifort
1930, jeweils über die Pfingsttage, ist uns praktisch nichts überliefert. Aus der Zeit bis zum
1. März 1930 erfahren wir nur die drei Namen von durch Tod (August Hartmann), durch Streichung
(Hermann Müller) oder Deckung (Dr. Julius Neuberger) Ausgeschiedenen sowie sechs
Namen von Neu-Mitgliedern, darunter eines aus Karlsruhe überwiesenen Bruders. Dagegen
kann über das zehnte Stiftungsfest der Bauhütte am 11. Januar 1931 etwas ausführlicher berichtet
werden: „Der Tempel erstrahlte in frischem Grün und Blumenschmuck. Auf hoher
künstlerischer Stufe stehende musikalische Darbietungen zweier Brüder formten und vollendeten
die rituelle Arbeit zu einer stilvollen Einheit. Der Meister vom Stuhl, Bruder Mantz, gab
einen gedrängten Überblick über die Geschichte der Loge. Die Loge erfasste stets scharf und
klar ihre Mission, als Grenzloge ein Eckpfeiler der Friedensidee zu sein. Mit die ersten zarten
Fäden zu den französischen Brüdern wurden von Freiburg aus geknüpft, und der deutschfranzösische
Verständigungsgedanke fand in der Loge starke Pflege. Die treffliche Festzeichnung
Bruder Läubins über ,Die Aufgaben der Freimaurerei in der Gegenwart' begeisterte die
Brüder und riss sie zu spontanem Beifall hin. [...] Eine besondere Weihe [...] erhielt die Feier
durch die Anwesenheit der lieben französischen Brüder. Bruder Bernardin aus Nancy war offizieller
Delegierter des Supr. Conseil vom Grand Orient de France und beglückwünschte den
FZAS, dass er seinen Prinzipien treu geblieben sei. [...] Es waren ferner vertreten die französischen
Logen ,Danton', Orient Saarbrücken, und ,Les Amis de la Verite (Orient Metz) durch
Bruder Schoettke, ferner die Loge ,La Fidelite, Orient Colmar, die Loge ,La Parfaite Harmonie
', Orient Mülhausen. [...] Besonders herzlich wurde ein längeres Schreiben unserer ehemaligen
Mutterloge , Sonne der Pfalz' im Orient Mannheim verdankt. Ein einfaches Festmahl
vereinigte Brüder und Schwestern an der weißen Tafel der Brüder Freimaurer zu einigen Stunden
frohen Beisammenseins. Der Festloge ging die Einführung einiger Suchender voraus"
(Nr. 2, S. 31-32).
Unter den friedenspolitisch regen Mitgliedern war Professor Dr. Wilhelm Hauser, den die
französische Sektion der Liga für Menschenrechte für Samstag, den 21. Februar 1931, nach
Straßburg eingeladen hatte. Sein Thema, über das er seit Jahren in Deutschland Recherchen
angestellt und gesprochen hatte, war „Die Internationale der Rüstungsindustrie und des Handels
während des Krieges 1914/18". Begrüßt wurde er an jenem Tage vor einer stark vertretenen
Öffentlichkeit vom Präsidenten der Liga in Straßburg, Professor Cerf. Besonders auf-
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