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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 211
(PDF, 58 MB)
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Schlussbetrachtungen: Die Zeichen der Zeit

Das Juli-/Augustheft 7-8/1931 der Bundeszeitschrift „Das neue Freimaurertum" enthält einen
vierseitigen Beitrag des Lehrers Theodor Asal aus Bruchsal, Mitglied der Karlsruher FZAS-
Loge „Zum neuen Licht", in dem der Autor kaum zwanzig Monate nach den kirchenpolitischen
Anmerkungen Haeblers diese Thematik sehr ausführlich erneut erörtert. Der SPD-Landtagsabgeordnete
hatte hier das kulturkämpferische Vorgehen des Altkanzlers Marx auf dem
Freiburger Katholikentag damit zu erklären versucht, dass ihn (Marx) trotz des Scheiterns seines
verfassungswidrigen Reichsschulgesetzentwurfs wohl die Konkordatserfolge in Bayern
von 1924, in Preußen von 1929 und der Zentrumserfolg in der preußischen Schul- und Wissenschaftsverwaltung
zu einem derartigen Engagement ermuntert hätten. Asal stellt nun in seiner
Abhandlung das Ergebnis der aktuellen Lage sogleich an den Anfang und schreibt: „Die
katholische Kirche steht vor einem neuen Erfolg auf dem von ihr beschrittenen Weg zur Erringung
und Konsolidierung ihrer machtpolitischen Stellung. Auch in Baden steht ein Konkordat
vor dem Abschluss, und es ist an der Zeit, sich die damit zusammenhängenden Fragen
klarzulegen. Es hat dabei keinen Zweck, Reminiszenzen an die blühende liberale Vergangenheit
des badischen Musterländchens anzustellen. Wir vom FZAS, die wir die neuwerdende, die
kommende Gesellschaftsordnung ahnen und an ihr bauen wollen, müssen die realen Gegebenheiten
, die politischen Machtverhältnisse, nüchtern sehen und werden dabei erkennen, dass
eben jetzt die Zeit erfüllet ist, dass die Zeit der Ernte für die Kirche da ist. Und das nur ein
starkes Jahrzehnt nach dem Weltkrieg. Es ist erstaunlich, mit welch genialem Geschick die Kirche
zu allen Zeiten aus tiefstem Fall sich immer wieder in kürzester Zeit zur bestimmenden
Macht emporzuheben vermochte. Im Kriege versagte sie doch sowohl als Weltorganisation als
auch als Trägerin geistig-seelischen Lebens. Der Krieger im Schützengraben wandte sich von
ihr ab; ihr Einfluss auf den Frontsoldaten war gegen Ende des Krieges gleich Null, und es hatte
den Anschein, als ob ihre weltanschauliche und politische Macht verschwunden sei für alle
Zeiten. Aber sie erhob sich wie ein Phönix zu neuer ideeller, materieller und geistiger Macht.
[...] Da nun Baden zu zwei Dritteln katholisch bevölkert ist, da dieser Bevölkerungsanteil fest
in den Händen der Kirche ist, vermag das Zentrum nun seine zahlenmäßige Macht in die Waagschale
zu werfen. (1910 hatte das Zentrum 35 % der Wählenden auf sich vereinigt, heute 39 %).
Es gab in Baden vor dem Kriege die ,Periode des Großblocks', da sich Sozialdemokratie und
Liberalismus gegen das Zentrum zusammenschlössen, seinen Einfluss überwanden und ersprießliche
liberale und fortschrittliche Arbeit leisteten. Die Möglichkeit einer solchen Politik
ist nicht mehr gegeben; denn auch in Baden ist wie überall der Liberalismus gestorben (1910
= 33 % der Mandate, heute noch 14 %) als Folge der Umschichtung der wirtschaftlichen und
soziologischen Struktur der Bevölkerung und ihrer damit zusammenhängenden geistigen Heimatlosigkeit
und Ratlosigkeit. [...] Die Ziele des Zentrums sind selbstverständlich hauptsächlich
kulturpolitischer Art (Beseitigung der Simultanschule). Die politische Situation hat sich -
ähnlich der in Preußen - so weit entwickelt, dass die Sozialdemokratie Zugeständnisse
machen muss [...]. In dieser Situation, auf die das Zentrum schon lange wartete, wird nun die
Forderung nach Abschluss eines Konkordates erhoben, und es zeigt sich keine Möglichkeit,
diesen Vertrag mit der Kirche zu verhindern. Schon 1859 schloss die badische Regierung ein
Konkordat mit Rom ab, das jedoch von der badischen Volksvertretung mit Entschiedenheit abgelehnt
wurde. [...] Sollte es gelingen, die badische Schule zu zerschlagen, so bedeutete dies
einen Rückschritt sondergleichen, [...] das völlige Eindringen des kirchlichen Geistes in die
Jugend. [...] Indes ist aber zu hoffen, dass dem badischen Konkordat nicht das bayerische, sondern
das preußische Konkordat als Vorbild dient, bei dem ja die Schulfrage nicht berührt wird"
(S. 219-222).

Auf Seiten des Zentrums hatte Ernst Föhr die Konkordatsverhandlungen mit der katholischen
Kirche geführt, und immerhin ließ sich mit der SPD eine Einigung dahingehend erzie-

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