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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 216
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2003/0216
der den Badischen Philologenverein vertrat. Zugleich lud er die Herren auf den 29. Oktober
1928 zu einer Konferenz nach Karlsruhe.

Wie das Begleitschreiben ausdrücklich hervorhob, verzichtete der Entwurf in badischer Liberalität
darauf, alle Einzelheiten zu regeln, damit den mit der Ausbildung betrauten Personen
der nötige Spielraum für individuelle Betätigung bleibt.20 Er begnügte sich deshalb mit einer
Skizze der Organisationsstruktur. Grundsätzlich neu war die Konzentration der Lehrerausbildung
auf vier Bezirksseminare, pädagogische Seminare genannt (§ 9), an denen die Lehramtsreferendare
durch wöchentliche Sitzungen in die Grundfragen der Erziehung und des Unterrichts
sowie in die Schulgesetzgebung und das Beamtenrecht einzuführen waren (§ 11). Die
Aufsicht über die theoretische und praktische Ausbildung oblag nunmehr einem Seminarleiter
, der im Hauptamt zugleich Direktor einer der Ausbildungsschulen war. Dieser sollte die
Lehrveranstaltungen am Seminar abhalten, die Referendare im Unterricht besuchen21 und die
anderen Ausbildungsbeteiligten - Schulleiter und einführende Lehrer - beraten und koordinieren
(§ 11). Die praktische Ausbildung fand - wie vordem - durch einführende Lehrer an einer
Ausbildungsschule statt, wobei die Referendare im ersten Jahr bis zu zwölf Wochenstunden
hospitieren, dann kleinere Lehraufträge übernehmen sollten, um dann im zweiten Halbjahr
selbständig bis zu acht Wochenstunden im Zusammenhang zu unterrichten (§ 14). Neben
schriftliche Arbeit (§ 15) und Probelektion (§ 16) trat nunmehr als weitere Prüfungsanforderung
zu Beginn des dritten Halbjahres eine mündliche Prüfung über die Grundfragen der Erziehung
und des Unterrichts sowie auch der Schulgesetzgebung und des Beamtenrechts (§ 17).

Die Konferenz vom 29. Oktober 1928 begann mit einem Referat von Dr. Karl Ott, Direktor
des Karlsruher Realgymnasiums Goetheschule, zugleich Honorarprofessor für Pädagogik an
der Technischen Hochschule, der in der Folge der erste Seminarleiter von Karlsruhe werden
sollte.22 Dr. Ott forderte eine neue Methodik des wissenschaftlichen Denkens, die sich nicht auf
Wissensvermittlung beschränke, sondern die weiterreichende Frage nach dem Bildungswert
der Fächer und ihres gegenseitigen Zusammenhangs stelle. Zugleich postulierte er eine neue
Methode im Verhalten des Lehrers zur Eigenart der Schüler, die notwendigerweise Jugendpsychologie
, insbesondere die Psychologie der Reifezeit als Ausbildungsfach verlange. Mit diesen
Forderungen, die er bereits in früheren Publikationen vertreten hatte,23 versuchte Dr. Ott
die schematische Leere des Entwurfs mit einem pädagogischen Sinn zu füllen, der einerseits
an damals aktuelle Strömungen der Entwicklungspsychologie anknüpfte und andererseits
durch die Frage nach dem Bildungswert der Fächer und ihrer Einheit einen Ersatz für die
brüchig gewordene humanistische Bildungsidee suchte.

Der ministerielle Entwurf fand während der Konferenz grundsätzliche Zustimmung, aber
auch pointierte Kritik. Sie spitzte sich besonders auf die Frage nach einer Kooperation zwischen
pädagogischen Seminaren und Hochschulen zu.24 § 12 Absatz 2 des Entwurfs hatte nämlich
vorgesehen, dass die Lehramtsreferendare die an den Hochschulen für ihre Ausbildung
vorgesehenen pädagogischen und psychologischen Vorlesungen zu besuchen hätten. Die Teil-

daktische und unterrichtspraktische Probleme der Lehrerbildung. Hg. vom Seminar für Studienreferendare
Karlsruhe. Karlsruhe 1978, S. 2 f, vermutet, dass der Entwurf auf Initiative von Dr. Ott vom Badischen Philologenverein
verfasst worden sei. Ersteres ist möglich, letzteres wegen der gerade vom Philologenverein geäußerten
Kritik unwahrscheinlich.

20 Generallandesarchiv Karlsruhe (künftig GLA) 235/42368; ähnlich im Schreiben des Kultusministeriums vom
12.1.1929, daselbst.

21 Entwurf in GLA 235/39730.

22 Zu Biografie und Bedeutung vgl. Pfrommer (wie Anm. 19), S. 1-5. Nach dem Zusammenbruch wurde Dr. Ott
im Juni 1945 von der französischen Militärregierung als Ministerialdirektor mit der vorläufigen Leitung des Kultusministeriums
im pays de Bade (= Südbaden) beauftragt.

23 Karl Ott: Die höhere Schule. Karlsruhe 1924, besonders S. 47-117; Derselbe: Konzentration der Fächer. In:
Deutsches Philologenblatt 33, 1925, S. 806-810.

24 Vgl. hierfür und zum Folgenden das Protokoll. In: GLA 235/39730.

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