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der beliebte Arzt Otto Sexauer gehörte. Allerdings konnte er sich wohl nicht entschließen, mit
diesem zur Jagd zu gehen - dies scheint ihm nicht gelegen zu haben.4 Während des „Dritten
Reiches" wurde Stenglers Sport gerne gesehen. Nach eigenen Angaben trat er 1933 der
NSDAP bei und erhielt die Mitgliedsnummer 1929907. Allerdings wurde er offiziell erst am
1. August 1935 mit der Mitgliedsnummer 3671106 in die Zelle II der Stadt Elzach aufgenommen
. 1946 erklärte Stengler dies damit, dass der damalige Ortsgruppenleiter seine Anmeldung
aus Misstrauen ihm gegenüber nicht weitergeleitet habe. Frau Stengler vollzog den Parteieintritt
1936.5 Ihr Mann wurde Mitglied im Flieger-Sturm Freiburg. 1934 übernahm er die
Führung der Segelfliegerstürme Elzach und Waldkirch sowie - 1935 - Emmendingen mit dem
Dienstgrad eines Luftsportmeisters. Ebenfalls seit 1935 führte er die Scharen des Nationalsozialistischen
Flieger-Korps (NSFK) von Herbolzheim, Kenzingen, Emmendingen, Denzlingen
, Waldkirch und Elzach. Als Flugzeugführer mit Pilotenzeugnis A 2/Land machte er noch
während des Verfahrens gegen ihn die Segelflugprüfung der höchsten Stufe „C" und erwarb
auch die Erlaubnis zum Schleppen von Segelflugzeugen mit der Motormaschine. Folgerichtig
meldete er sich zum freiwilligen Dienst bei der Luftwaffe und wurde 1935 zum Wachtmeister
der Reserve befördert. Darüber hinaus ließ er sich 1936 zum Kreisrevisor der Nationalsozialistischen
Völkswohlfahrt (NSV) wählen.6 Insofern kann man sagen, dass er sich in das Herrschaftssystem
integrierte - seine berufliche Laufbahn mag eine Rolle gespielt haben -, aber
keiner Gliederungseinheit beitrat, die in besonderem Maße Träger der nationalsozialistischen
Ideologie gewesen wäre.
Aus seiner Freiburger Zeit hatte Erwin Stengler immer noch weiträumige Geschäftsverbindungen
. Zu ihnen gehörte die Zürcher Metzgerfamilie Keim. Ursprünglich aus Bad Boll stammend
, war sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts nach Zürich gekommen und dort 1899 eingebürgert
worden. Albert Keim führte in den 1930er-Jahren an der Josefstrasse 28, im Industriequartier
, eine Arbeitermetzgerei.1 Vermutlich über eine Liegenschaft in Heidelberg, die Keim
in den 1920er-Jahren preiswert erworben hatte, war es zu einem Kontakt mit Stengler gekommen
. Möglicherweise war der Elzacher Dr. Albert Tritschler, Direktor einer Bank in Freiburg,
ebenfalls an den finanziellen Transaktionen beteiligt.8 Das lässt sich nicht mehr genau rekonstruieren
. Jedenfalls besuchte Erwin Stengler zusammen mit Otto Sexauer einmal die Keims
in Zürich, so wie zwei ihrer Kinder nach Elzach kamen: der zwölfjährige Werner Keim und
sein elfjähriger Bruder Alfred 1935, ein Jahr später noch einmal Alfred allein. Die beiden erinnern
sich heute noch an den Zirkus, der damals in Elzach gastierte - Alfred denkt vor allem
an den Tanz einer jungen Zigeunerin, Werner eher daran, dass jemand einem anderen auf den
Kopf gehauen und er dies als Unrecht empfunden habe. Sie erzählen außerdem von der Fliegerei
Erwin Stenglers - im Bankbüro habe der Propeller eines Flugzeuges gehangen, mit dem
er einmal abgestürzt sei - und von der Jagd zusammen mit Otto Sexauer. Auch bei den Tritsch-
lers waren sie oft zu Gast, die Kinder freundeten sich an. Hier bestanden ebenfalls Geschäftsverbindungen
zu Stengler, da dieser Konkursverwalter des Baugeschäftes war, nachdem der
Vater jung gestorben war. Brigitte Tritschler ging bei Stenglers ein und aus, wurde deren
4 Gespräch mit Alfred Keim, 24.2.2003; Gespräch mit Brigitte Haas, 28.4.2001.
5 So Erwin Stenglers Angabe 1938. In einer Liste wird sie erst seit 1937 als Parteimitglied geführt, sie sei Gruppenführerin
des Bundes Deutscher Mädel (BDM) gewesen (Stadtarchiv Elzach (StadtAEl), 141/6, Nr. 432).
6 Wie Anm. 2. Die Angaben zum NSDAP-Beitritt 1933 samt Mitgliedsnummer aus: KreisAEm, Elzach XII/1 (Anschuldigungsschrift
vom 10.11.1938); den Eintritt 1933 bestätigt eine Liste in: StadtAEl, 141/6, Nr. 432; zum
Beitritt 1935 und zur Erläuterung 1946: StadtAEl, 740/3, Nr. 873 ( Mitgliedsbescheinigung vom 14.8.1937; Bericht
vom 29.3.1946). Im Entnazifizierungsverfahren 1947 wurde die verspätete, aber auf 1935 rückdatierte Aufnahme
damit erklärt, dass es zuvor eine Beitrittssperre gegeben habe. Vom Beitritt 1933 war keine Rede mehr
(Staatsarchiv München [StAM], SpkA K 1773 Erwin Stengler, Spruchkammer-Entscheidung vom 11.8.1947).
7 Schreiben von Dr. Robert Dünki, Stadtarchiv Zürich, vom 7.5.2001; Gespräch mit Alfred Keim, 24.2.2003.
8 StadtAF, Meldekartei und Adressbuch; danach leitete er die Badische Hypotheken-Versicherungsbank und
wirkte auch als Wirtschaftstreuhänder; Gespräch mit Brigitte Haas, geb. Tritschler, 24.2.2003.
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