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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 244
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dichtete Konto nur zur Verdeckung von Zahlungen aus dem Erlös von Wertpapieren an den
Max Bloch in Basel dienen sollte, wobei besonders ins Gewicht fällt, dass er einem Juden auf
diese Weise Vorschub leistete f...).17

Einige Aspekte der Ermittlungen und des Verfahrens lohnen, genauer betrachtet zu werden.
Am 4. März 1938 hatte Stengler gegenüber dem Badischen Bezirksamt Emmendingen Stellung
zu den Vorwürfen genommen, am 13. Mai 1938 wurde er noch einmal verhört. Er versuchte
zunächst, die Anschuldigungen herunterzuspielen, indem er die Verletzung der Bestimmungen
zugab, aber abstritt, den Interessen der Sparkasse zuwider gehandelt zu haben:
(...) der Einlieferer des Wertpapiers war mit seiner Verwandtschaft weitaus der grösste
Spareinleger unserer Kasse. Nur auf diesen Umstand ist es zurückzuführen, dass ich die gesetzlichen
Bestimmungen verletzt habe. Darüber hinaus wies er nicht nur auf seine Verdienste,
sondern auch darauf hin, dass es 1934 noch üblich gewesen sei, auf einen angenommenen
Namen ein Guthabenkonto errichten zu lassen; erst 1937 und 1938 sei auf Kontenwahrheit gedrungen
worden.18

Am 13. Mai 1938 gab er, nach mehreren Vernehmungen im April, genauer Auskunft über
seine Beziehungen zu Max Bloch. Nach seiner Heirat 1924 habe Bloch ihm bei einem jüdischen
Hausbesitzer eine Wohnung in der Freiburger Reichsgrafenstraße 20 vermittelt, die ganz
in der Nähe seiner eigenen gelegen sei.19 Da sie den gleichen Weg ins Geschäft gehabt hätten,
seien sie sich persönlich näher gekommen. In Elzach habe ihn Bloch dann während seiner Geschäftsreisen
hin und wieder besucht, und er habe ihn zur Eröffnung von einem Firmenkonto
und mehrerer Privatkonten bewegen können. Blochs Schwiegermutter, Frau Haberer, habe sogar
40000,- RM in Elzach angelegt. Mehrfach sei er mit Bloch in Freiburg zusammengetroffen
, habe private Ausflüge mit ihm gemacht, vor allem aber intensiv geschäftlich mit ihm zu
tun gehabt. Bloch habe nicht nur das größte Sparguthaben gehalten, sondern der Sparkasse
auch den größten Umsatzkunden zugeführt. Persönliche Vorteile seien ihm, Stengler, daraus
nicht erwachsen.

Zu den konkreten Vorwürfen äußerte er, Bloch habe ihm von einem Bekannten namens
Peter Beck erzählt, und tatsächlich sei auch einmal ein Herr erschienen, der sich mit diesem
Namen vorgestellt habe. Bloch habe dann erklärt, dass er seine Wertpapierverkäufe über dessen
Konten laufen lassen wolle. Dass die Papiere aus dem Ausland stammten, sei ihm nicht
bekannt gewesen; in einem offensichtlichen Fall habe er sie an Bloch zurückgegeben. Auch
sonst war er bemüht, seine aktive Rolle zu vertuschen. Er gab vor, die Existenz der in den
Unterlagen auftauchenden Personen nicht angezweifelt und aus Rücksicht auf die guten Geschäftsbeziehungen
zu Bloch keine Überprüfungen vorgenommen zu haben.

Bemerkenswert ist ein neuer Aspekt seiner Verteidigungsstrategie. Stengler hob hervor, dass
er sich nicht zuletzt aufgrund eines Erlasses des Reichswirtschaftsministers über die Stellung
der Geldinstitute zum Juden bemüht habe, Bloch gut zu bedienen. In diesem Erlass vom 11.
September 1935, den Stengler seinen Unterlagen beifügte, drückte Hjalmar Schacht, der die
Ministeriumsgeschäfte führte und zugleich Präsident des Reichsbank-Direktoriums war, gegenüber
dem Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes sein Befremden darüber
aus, dass von einzelnen Sparkassen ohne Billigung der zuständigen Aufsichtsinstanzen
eigenmächtig Boykottmaßnahmen gegen Juden in die Wege geleitet worden sind. Diese seien
umgehend zurückzunehmen. Der sogenannte Arierparagraph solle in der Wirtschaft keine Anwendung
finden, eine Unterscheidung zwischen arischen und nichtarischen Betrieben (sei)
nicht durchführbar. Wer Nichtariern Kredite kündige, gefährde auch arische Personen, die in
irgendeiner Form mit dem Betrieb verbunden seien. Die Neutralität der Sparkassen sei insbe-

17 KreisAEm, Elzach XII/1, beigeheftet: Vorermittlungen.

18 KreisAEm, Elzach XII/1, beigeheftet: Vorermittlungen, Stellungnahme 4.3.1938.

19 StadtAF, Meldekartei: Bloch war mit seiner Familie vom 16.11.1926 bis 31.5.1936 in der Reichsgrafenstraße 16
gemeldet. Stengler wohnte vom 15.8.1925 bis 22.10.1927 in der Reichsgrafenstraße 20.

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