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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 249
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nähme seiner Dienstgeschäfte veranlasst habe. Das Einverständnis des Landrates scheint erst
nachträglich eingeholt worden zu sein.33 Dass Stengler während der Ermittlungen gegen ihn
in der Stadtkasse arbeiten und die dortige Betriebsorganisation überprüfen konnte, spricht
ebenfalls für ein gutes Einvernehmen zwischen den beiden. Das schloss allerdings nicht aus,
dass Stengler - wie berichtet wird - enge Beziehungen zum früheren Bürgermeister Adolf
Rapp unterhielt, der 1933 durch die Elzacher Nationalsozialisten unter Rieggers Führung aus
dem Amt gedrängt worden war. Stengler habe, bevor er in das Sparkassengebäude gezogen sei,
bei ihm gewohnt, und dieser habe ihn während des Ermittlungsverfahrens beraten.34 Nach
Kriegsende sollte ihre Verbindung noch eine Rolle spielen.

Erwin Stengler überlebte den Krieg. Offenbar wollte er aber nicht mehr in sein früheres Amt
zurückkehren. 1947 wurde seine Ehe geschieden.35 Seit demselben Jahr war er offiziell in
München gemeldet, wo er am 11. Oktober 1960 gestorben ist.36 Hier hatte er jedoch schon seinen
Dienstsitz während der letzten Kriegsjahre und war, seinen überlieferten Briefen nach zu
urteilen, auch anschließend dort geblieben. Aufschlussreich ist sein Entnazifizierungsverfahren
, das er durchlaufen musste. Dabei bezog sich Stengler zu seiner Entlastung auf die Untersuchung
gegen ihn wegen Devisenvergehens. Seine Sichtweise und Darstellung des Falles
hatte sich jetzt, den Umständen entsprechend, geändert. Anstatt seine Beziehungen zu Bloch
herunterzuspielen, hob er sie nun hervor. So gab er am 29. März 1946 an, seit meiner Jugend
mit dem jüdischen Kaufmann Max Bloch und dessen Verwandtschaft befreundet gewesen zu
sein.37 Möglicherweise war das tatsächlich der Fall, denn der Elzacher NS-Bürgermeister
Riegger hatte in seiner Stellungnahme vom 5. Mai 1938 zur laufenden Untersuchung gegen
Stengler geschrieben, dass sich beide schon von der Schulbank her kannten?91 Ob sie sich
schon in Donaueschingen getroffen hatten oder erst in Freiburg, geht aus den Quellen nicht
hervor.39 Auch dass Bloch in Elzach Tritschlers besuchte, mit ihnen eine Schwarzwaldfahrt
unternahm, spricht für engere private Beziehungen zu Stengler und seinem Kreis. Wenn sich
aus der Bekanntschaft zwischen Stengler und Bloch tatsächlich eine Freundschaft entwickelt
hatte, dann gehörte Stengler zu den wenigen Menschen, die diese auch im „Dritten Reich"
nicht verleugneten, sondern trotz aller Anpassung an das Regime dazu standen und zu helfen
versuchten.

Politisch machte Stengler geltend, dass die NSDAP in Elzach zunächst versucht habe, ihn
aus dem Amt zu drängen. Bürgermeister Riegger sei wegen finanzieller Schwierigkeiten an
seinem Bleiben interessiert gewesen und habe ihn gedrängt, der Partei beizutreten. Um nicht
der SA oder einer ähnlichen Organisation angehören zu müssen, habe er sich beim Deutschen
Luftsportverband angemeldet und Funktionen bei den Segelfliegern übernommen. Wie er mit
verschiedenen Dokumenten belegen konnte, stieß er immer wieder auf Misstrauen seitens der
Partei.

Unterstreichen konnte er seine distanzierte Einstellung gegenüber dem Nationalsozialismus
durch eine eidesstattliche Erklärung von Else Ritterspacher vom 14. Januar 1946. Darin führte
sie aus, dass Stengler als Offizier der Luftwaffe seit 1942 zunächst in dem von ihr bewohnten
Haus und dann in der Nachbarschaft untergebracht gewesen sei. Obwohl er wusste, dass ich
Volljüdin bin, dass weiter mein Ehemann wegen der Verheiratung mit mir verfolgt und aus dem

33 KreisAEm, Elzach XII/1. Sprachlich lässt schon Rieggers Bericht über die Dienstenthebung am 4.5.1937 erkennen
, dass er sich nur ungern der Notwendigkeit beugte (StadtAEl, 740/3, Nr. 873).

34 Gespräch mit Brigitte Haas, 28.4.2001.

35 Auskunft des StadtAEl vom 9.8.1999.

36 Schriftliche Mitteilung des Stadtarchivs München vom 20.8.1999.
" Bericht vom 29.3.1946, in: StadtAEl, 740/3, Nr. 873.

38 KreisAEm, Elzach XII/2.

39 StadtAF, Meldekartei: Die jeweiligen Wohnsitze lassen nur Vermutungen zu. Stenglers Rechtsbeistand im Entnazifizierungsverfahren
schrieb am 28.11.1946 an die Münchner Spruchkammer, Stengler und Bloch seien seit
20 Jahren bekannt und eng befreundet gewesen (StAM, SpkA K 1773 Erwin Stengler).

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