Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 271
(PDF, 58 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2003/0271
Silke Seemann: Die politischen Säuberungen des Lehrkörpers der Freiburger Universität nach dem Ende
des Zweiten Weltkrieges (1945-1957) (Rombach Wissenschaften: Reihe Historiae 14). Rombach Verlag,
Freiburg 2002. 419 S.

Silke Seemann hat sich der undankbaren Aufgabe gestellt, die jüngste Vergangenheit der Albert-Ludwigs-
Universität zu untersuchen. Nicht zuletzt die hitzigen Diskussionen um den „Führer-Rektor" Heidegger
haben in der Vergangenheit immer wieder deutlich gemacht, wie schwer sich der Umgang mit dem Thema
Universität im „Dritten Reich" bis heute gestaltet. Doch die Autorin geht einen Schritt weiter, denn sie
hat sich vorgenommen, nicht - was schon schwierig genug gewesen wäre - nur ein, sondern gleich zwei
düstere Kapitel der Freiburger Hochschulgeschichte zu bearbeiten: Denn ihr Dissertationsthema über die
Säuberungen an der Universität nach 1945 ließ sich ohne eine exakte Analyse der vorangegangenen zwölf
Jahre nicht bewältigen. In beiden Bereichen betritt sie weitgehend Neuland. Tatsächlich handelt es sich
hier um die erste Forschungsarbeit überhaupt, die ihr Erkenntnisinteresse auf die Entnazifizierung an
einer deutschen Universität gerichtet hat.

Obwohl es an vergleichbaren Studien mangelt, verharrt Seemann nicht im mikrogeschichtlichen Kosmos
, sondern verknüpft diesen scharfsinnig mit der Makrohistorie, zieht Vergleiche nicht nur auf Universitätsebene
, sondern arbeitet auch Gemeinsamkeiten wie Unterschiede in den Konzeptionen und
Handlungsspielräumen der Besatzungsmächte heraus und nutzt die Ergebnisse als Folie für die Analyse
der Entwicklungen vor Ort.

Mit einem sicheren Gefühl für das Wesentliche führt die Autorin ihr Publikum durch das komplizierte
Dickicht der französischen Besatzungsmaßnahmen, von den Versuchen der Selbstreinigung durch die
Universität bis hin zur Leugnung jeglicher Verantwortung, vom französischen Laissez-faire, der „Auto-
epuration", bis zum Konzept der „Deprussification". Minutiös weist Seemann nach, wie auf Professorenseite
verharmlost, getrickst und gelogen wurde, wie die wenigen, die einen radikalen und wirklich demokratischen
Neuanfang herbeiführen wollten, ins Leere liefen. Gegen den Korpsgeist unter den Professoren
und den unterschwelligen Vorwurf, wer ausschere, mache sich zum Büttel der Besatzungsmacht
und gefährde die Autonomie der Hochschule, war kaum anzukommen. Schließlich hätten diejenigen, die
Deutschland verließen, den bequemen Weg gewählt, im Gegensatz zu denjenigen, die standgehalten hätten
, die in die Partei eingetreten seien, um diese „von innen heraus" zu bekämpfen - dieses armselige
„Argument" wurde mehr als einmal angeführt. So konnte selbst der berüchtigte „Rassenforscher" Hans
F. K. Günther mit seinem goldenen Parteiabzeichen auf mildernde Umstände hoffen, und schließlich kam
die Reinigungskommission gar zu dem Schluss, ein SD-Spitzel im Professorenkreis habe der Universität
keinen Schaden zugefügt. Selbst Heidegger sei, so wurde ihm bescheinigt, einem entschuldbaren „politischen
Irrtum" erlegen. Bald machte sich der Tenor breit, wer von den Franzosen mit Internierung, Woh-
nungsbeschlagnahmung und Arbeitsdienst belegt worden sei, habe genug gebüßt.

Bis auf wenige Ausnahmen waren Mitte der 50er-Jahre alle Professoren und Dozenten, die schon im
„Dritten Reich" unterrichteten, wieder im Amt - wenn sie nicht längst mit allen Rechten emeritiert worden
waren. Von denjenigen aber, die nach 1933 geschmäht, entlassen und aus dem Lande getrieben worden
waren, kehrten nur verschwindend wenige zurück.

Der exzellenten, flüssig lesbaren Publikation ist ein breites Publikum zu wünschen - auch wenn sie,
was den Inhalt betrifft, nur schwer zu verdauen ist. Es ist jedoch zu befürchten, dass der Verlag bei seiner
Preisgestaltung die Budgets der Studierenden überschätzt hat. Ute Scherb

Hillard von Thiessen: Die Kapuziner zwischen Konfessionalisierung und Alltagskultur. Vergleichende
Fallstudie am Beispiel Freiburgs und Hildesheims 1599-1750 (Rombach Wissenschaften: Reihe Historiae
13). Rombach-Verlag, Freiburg 2002. 541 S., 13 Abb.

Die Kapuziner splitteten sich 1525 vom Franziskaner-Orden ab. Ihr Ziel war es, quasi zu den Wurzeln
des Ordens zurückzukehren und dem Heiligen Franziskus in strenger Armut nachzueifern. Rein äußerlich
- daher rührt auch ihr Name - dokumentierte sich der Anspruch in einer charakteristischen spitz zulaufenden
Kapuze, welche angeblich Franziskus getragen haben soll. Ab Ende des 16. Jahrhunderts verbreitete
sich der Orden in wachsender Geschwindigkeit über Europa. Von der Schweiz kommend erreichten
die Kapuziner 1599 Freiburg und 1630 schließlich Hildesheim. In Freiburg sind die Kapuziner
kaum mehr im kollektiven Gedächtnis präsent, was u.a. auch daran liegen mag, dass ihr Kloster auf dem

271


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2003/0271