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rung erfüllen .... entweiht werden wollten durch blinde Zerstörungswut und Gefährdung der Personen und
des Eigenthums unserer Mitbürger mosaischen Glaubens, daß das leuchtende Panier der Freiheit besudelt
werden will durch schmähliche Exzesse.
Die Feinde der bürgerlichen Freiheit... die Volksfeinde ... sie werden sich schadenfroh die Hände reiben
und frohlocken, sie werden solche Exzesse anregen, schüren, heraufbeschwören, um dann aufrufen
zu können: Seht da, das Volk ist nicht würdig der Freiheit, denn ein Volk das warhaft frei ist mißbraucht
die Freiheit nicht, um des anderen Frieden und Glück zu vernichten ...
Die unterzeichnenden Abgeordneten fordern ... daß solche Entweihungen der Tage der Freiheit unterbleiben
und nicht des Volkes Ehre und Name geschändet werden durch Frevel und Unthaten.4]
Das Flugblatt wurde von den liberalen Abgeordneten Friedrich Hecker, Johann Adam von
Itzstein, Karl Mathy, Alexander von Soiron, Ludwig Weller, Wilhelm Sachs und Friedrich Bassermann
verfasst und bezog sich auf die Vorfälle vom 5. und 6. März 1848 in Müllheim, wo
Randalierer Läden, Fenster und Türen an jüdischen Häusern demolierten. Die Juden wurden
in blinder Wut für die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse verantwortlich gemacht und
bildeten für die vielen verarmten Müllheimer eine besonders leichte Zielscheibe.42 Das Flugblatt
entsprang der Angst der Abgeordneten, die Herrschaft über die Volksbewegung zu verlieren
.43 Zudem befürchteten sie ein Eingreifen der reaktionären Kräfte. Aus diesem Grund
versuchten sie mit einer Flugschrift die Adressaten mit Argumenten zu mäßigen und die möglichen
Konsequenzen für die Freunde der Volksfreiheit44 klar zu machen.
Unruhen beschäftigten nicht nur bestimmte politische Gruppen, sondern auch die Regierung
. Am 22. September 1848 reagierte sie in einem Flugblatt auf Nachrichten eines in Lörrach
ausgebrochenen Aufstandes und forderte unter Androhung der Verhängung des Kriegszustandes
die Bevölkerung auf, sich von den Aufständischen zu distanzieren.45
Aber auch die Aufständischen agierten mit publizistischen Mitteln. In einem mehrseitigen
und mehrteiligen Flugblatt, dem Republikanischen Regierungsblatt, bezog sich Gustav Struve
auf den Frankfurter Septemberaufstand.46 Damit begründete er im Namen der provisorischen
Regierung seine Erhebung vom 21. September 1848. Gleichzeitig informierte er über das politische
Ziel des bewaffneten Kampfes.
Der Kampf des Volkes mit seinen Unterdrückern hat begonnen. Selbst in den Straßen der Stadt Frankfurt
a. Main am Sitze der ohnmächtigen Centralgewalt und der geschwätzigen konstituierenden Versammlung
ist auf das Volk mit Kartätschen41 geschossen worden. Nur das Schwert kann das deutsche
Volk noch retten. Siegt die Reaktion in Frankfurt, so wird Deutschland auf dem sogenannten gesetzlichen
Wege furchtbarer ausgesogen und geknechtet werden, als dieses in den blutigsten Kriegen geschehen
kann.
Zu den Waffen deutsches Volk. Nur die Republik führt uns zum Ziel nach dem wir streben. Hoch lebe
die deutsche Republik**
In einem zweiten Teil wurden die Dienstanweisungen für sämtliche Bürgermeister publiziert
. In einem dritten Teil wurden die von der provisorischen Regierung getroffenen Maßnahmen
veröffentlicht, welche die Aufhebung sämtlicher Abgaben, die provisorische Überschreibung
des Grundeigentums von Staat, Kirche und Fürsten an die Gemeinden, die Bewaffnung
aller Männer und eine Völkszählung vorsahen.
41 StadtAF, Dvd 7680 RARA, Teil 1, Blatt 10.
42 Revolution im Südwesten (wie Anm. 22), S. 419.
43 Rödling/Siebold (wie Anm. 2), S. 16 f.
44 StadtAF, Dvd 7680 RARA, Teil 1, Blatt 10.
« Ebd., Blatt 139.
46 Vgl. Evelyn Hils-Brockhoff/Sabine Hock: Die Paulskirche. Symbol demokratischer Freiheit und nationaler
Einheit. Frankfurt am Main 1998, S. 58 f.
47 Artilleriegeschoss, welches mit Bleikugeln gefüllt wurde.
4» StadtAF, Dvd 7680 RARA, Teil 1, Blatt 141.
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