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liehe Regierung Badens Bezug auf die Vorwürfe der Volksvereine und bestritt, die Verfassung
missachtet zu haben. Ein anderes Flugblatt, das der Reichsverweser Erzherzog Johann veröffentlichte
, forderte die Soldaten auf, sich den Agitationen der Volksvereine zu widersetzen, da
die Sicherheit des Vaterlandes auf dem Spiel stehe und Anarchie und Verwilderung drohe, dann
werdet Ihr [die Soldaten] durch die That beweisen, daß die unerschütterliche Treue, der feste
Muth und die brüderliche Eintracht des deutschen Heeres das mächtige Schild sind, welches
das theure Vaterland gegen jede Gefahr, sie komme, woher sie wolle, siegreich zu schirmen vermag
.93
In eine inhaltlich ähnliche Richtung ging der Tagesbefehl des Generalleutnants Miller vom
15. Mai 1849 mit dem Aufruf an die Soldaten, das Misstrauen und die Zweifel der letzten Tage
zu vergessen, an der Verfassung des Reiches und des Landes festzuhalten und ihrem von der
deutschen Zentralgewalt installierten General treu zu dienen.94 Dieses Flugblatt war im Hinblick
auf das Datum wohl einer der letzten Versuche der alten Vorgesetzten, die Soldaten hinter
sich zu scharen und die Meuterei abzuwenden, hatte sich doch tags zuvor die badische Armee
mit den Aufständischen verbrüdert und der Landesauschuss die provisorische Regierung
übernommen.
Die obigen Beispiele zeigen, dass Volksvereine, Behörden und Vorgesetzte versucht hatten,
mittels Flugblättern Einfluss auf die Soldaten zu nehmen. Dabei agierten beide Parteien meistens
mit Schlagwörtern oder rechtfertigten ihr Handeln in der Hoffnung, die Adressaten damit
für die jeweilige Haltung zu gewinnen und von der Verwerflichlichkeit des Tuns des jeweiligen
Gegners zu überzeugen.
Mit der provisorischen Übernahme der Regierung durch den Landesausschuss nahm die
Flugschriftenagitation nicht ab, ihre Funktion und ihr Charakter veränderte sich jedoch leicht.
Zwar gab es immer noch die pathetischen Aufrufe an die deutschen Soldaten, sich gleich dem
badischen Vorbild mit dem Volk zu solidarisieren, um einen Bruderkrieg zu verhindern.95 Die
meisten Flugblätter jedoch, die nun an die Soldaten Badens gerichtet waren, waren von ihrer
Funktion her eher anspornend, den bereits gegangenen Weg fortzusetzen. Sie dienten der Sicherung
des bereits Erreichten oder versuchten, die noch zögernden Offiziere zu überzeugen,
die Autorität des Landesausschusses anzuerkennen.96 In erster Linie ging es jedoch darum, die
innere Moral zu heben, die Einigkeit der Truppen zu wahren und die Gefahren von Außen abzuwehren
. So hieß es in einem Flugblatt, das vom Zivil- und Militärkommissär des Oberrheinkreises
herausgegeben worden war:
Soldaten. Das Vaterland ist in Gefahr! Aller Augen sind auf Euch gerichtet. Zeigt durch Eure Einigkeit
, daß Ihr würdig seid, voranzuschreiten im Kampfe gegen den äußern Feind; Streit und Zwietracht
unter Euch wird dem Feinde die besten Waffen in die Hand geben; darum haltet fest zusammen wie
Eisen, damit das Vaterland stolz sein könne auf seine Söhne.91
Flugblätter mit eher amtlichen Charakter dienten der neuen provisorischen Regierung auch
als Mittel, um Erlasse und Weisungen an die Soldaten zu vermitteln. In einem Aufruf richtete
sich der Landes-Ausschuss an die Soldaten und forderte, daß sämtliche Bürger-Soldaten, welche
im Drange dieser letzten Tage ihre Garnisons-Abtheilungen verlassen haben, ... sofort in
dieselben zurückzukehren [haben], [da] die ernste Zeit, in welcher [sie] leben, ihnen die Erfüllung
der Wehrpflicht heiliger macht, als sie jemals war.9* Hintergrund für dieses Flugblatt
war, dass viele Soldaten nach den Meutereien in den badischen Garnisonen und dem Übertritt
93 Ebd., Blatt 232.
94 Ebd., Blatt 249.
95 Vgl. ebd., Blatt 255.
96 Zum Beispiel Flugblatt vom 16. Mai 1849, ebd., Blatt 252.
97 Ebd., Blatt 265.
98 Vgl. ebd., Blatt 248.
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