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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 91
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sehr vereinzelt vor und wurde von den Behörden nicht mehr unterstützt - offensichtlich weil
man die bisherigen Ansiedlungsversuche für Misserfolge hielt. Die Auswanderungsstatistik
verzeichnet zwischen 1856 und 1865 insgesamt nur noch 153 Algerien-Aus wanderen7 Die Gesamtzahl
der badischen Algerien-Auswanderer wird auf ungefähr 2.300 geschätzt.8 Daraus
wird deutlich, dass die Bedeutung der Algerien-Auswanderung nie auch nur im Entferntesten
an die der Auswanderung nach Nordamerika heranreichte: So sind alleine 1853 über 12.000
Badener nach Amerika ausgewandert.

Bei allen Angaben über Auswandererzahlen muss man bedenken, dass sie von den Behörden
stammen und daher nur die legale Auswanderung erfassen. Deswegen nennt die offizielle
Statistik für die Jahre 1848-1850 nur knapp über 5.500 Auswanderer, obwohl gerade in diesem
Zeitraum eine große Zahl von politischen Flüchtlingen Baden verließ.

Die Ursachen der Auswanderung

Die wirtschaftliche und soziale Lage war der hauptsächliche Grund für die Auswanderung in
den 1850er-Jahren. Politische Gründe spielten keine Rolle; in den Briefen der Auswanderer
ist, von einer kurzen Erwähnung des Krimkrieges abgesehen, von Politischem nicht die Rede.
Max Maria Freiherr von Weber, der in den 1850er-Jahren Algerien bereist und eine Werbeschrift
für die Auswanderung nach Algerien verfasst hat, nennt das Fehlen von politischen
Flüchtlingen sogar ausdrücklich als Vorzug von Algerien gegenüber anderen Auswanderungszielen
wie Nordamerika: Die afrikanischen Provinzen sind zwar, wie es für Colonien noth-
wendig ist, ohne Zwang verwaltet, jedoch ist keineswegs der zügellose Austausch der Meinungen
wie in Amerika gestattet. Das Land ist kein Eldorado politischer Flüchtlinge und die
politischen und Verwaltungsverhältnisse sind den unsrigen so angenähert, dass Rückkehr von
dort, Verbindung mit dort Lebenden, keine Besorgnis erwecken kann.9

Wie in vielen anderen Gegenden in Deutschland kam es auch am Kaiserstuhl in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer Verarmung der ländlichen Bevölkerung. Ein gutes Bild
der wirtschaftlichen Lage gibt ein Erlass der Regierung des Oberrheinkreises vom 18. November
1853, der sich an die Bezirksämter in Breisach, Kenzingen und Emmendingen richtet
.10 In dem Erlass werden die Ursachen für die schlechte ökonomische Situation aufgelistet
und Maßnahmen genannt, die zu einer Verbesserung führen sollen. Als erster Grund für die
Verarmung wird dort die ungeeignete Ausdehnung des Weinbaus genannt. Offenbar hatte eine
Überproduktion die Preise verfallen lassen. Die außerordentliche Bedeutung der Weinwirtschaft
für die ökonomische Situation der Bevölkerung zeigt die Untersuchung von Gerhard
Auer über den Ort Pfaffenweiler:11 Seiner Statistik lässt sich entnehmen, dass es einen engen
Zusammenhang zwischen schlechten Weinernten und den Auswandererzahlen gab. So folgte
auf die Jahre 1847 bis 1852, in denen weder die Weinmenge noch die Qualität besonders gut
war und außerdem politische Wirren den Handel schwierig machten, in den Jahren 1852 bis
1854 eine Auswanderungswelle - eine Entwicklung, die am nahe gelegenen Kaiserstuhl ähnlich
abgelaufen sein dürfte.12

Neben der Krise der Weinwirtschaft war die zu geringe Größe der Felder eine Ursache für
die Armut am Kaiserstuhl. Sie war eine Folge der Erbteilung, bei der das vererbte Land unter

7 GLA, 23/16907, Übersicht der Auswanderung aus dem Großherzogtum Baden 1856-65.
« Baier (wie Anm. 2), S. 79.

9 Max Maria Freiherr von Weber: Algerien und eine Auswanderung dahin. Leipzig 1854, S. 8. Nachdruck in:
Wuqüf 6. Beiträge zur Entwicklung von Staat und Gesellschaft in Nordafrika, 1992, S. 441-470.

10 StAF, B 694/1, Nr. 31: Volkswirtschaftliche Zustände der Kaiserstuhlgemeinden.

11 Gerhard Auer: Die Auswanderung aus Pfaffenweiler nach Amerika und Afrika im 19. Jahrhundert - Begleitheft
zur Ausstellung im Dorfmuseum Pfaffenweiler September 1984 bis Januar 1985. Pfaffenweiler 1984.

12 Ebd., S. 8 f.

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