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Emil Julius Gumbel, dem 1932 in Heidelberg die Lehrbefugnis entzogen worden war, elf Tage
nach dem 30. Januar die aktuelle politische Lage in Deutschland vor einem größeren Auditorium
französischer Freimaurer referiert hat. Eingeladen zu seinem Vortrag am Freitag, den
10. Februar 1933, 21 Uhr, in der Pariser Rue Puteaux mit dem Titel „La Fin de la Republique
Democratique en Allemagne" hatten ihn zwei Logen des Grand Orient, zwei Bauhütten der
Grande Loge de France sowie die „Groupe Maconnique pour la Societe des Nations pour le
Rapprochement franco-allemand FRATERNITE-RECONCILATION", und noch im selben
Jahr hatte ihn dort eine Loge zum Freimaurer initiiert. Zweifellos sollte der Exilant Gumbel
Beistand erhalten.39 Gleichermaßen kulant zeigten sich die Franzosen gegenüber ihren Freiburger
Angehörigen Richard Bloch, Berthold Epstein, Alfred Kramer, Carl Mantz und Walther
Rieber sowie gegenüber einem Kölner und drei Stuttgarter FZAS-Brüdern. Deren (Doppel-)
Mitgliedsstatus war seit Beginn des Logenjahres 1933/34 mangels Beitragseingang ungelöst.
In einem Brief des „Lalande"-Sekretärs an die Großlogenleitung vom 25. Oktober bezog sich
dieser auf eine Anfrage vom Juli und listete die Namen nebst Anschriften derjenigen Deutschen
auf, für welche finanzielle Hilfe seitens des GLdF-Bundesrats zugunsten des eigenen
Logenkontos beschlossen worden war (Abbildung 4). Weitere Brüder, der Redakteur Gustav
Wenk und Pfarrer Reinhard Gross, waren schon nach zwei Jahren Mitgliedschaft bei „La-
lande" entweder ausgetreten oder gestrichen worden. Im Falle des Geistlichen, der bis 1928
auch die eigene Loge verlassen hatte, könnte die dienstliche Versetzung in eine andere badische
Gemeinde der Grund für seinen Rückzug gewesen sein. Mit Briefdatum vom 13.5.1935
- in dem Jahr, da die NS-Regierung alle noch existierenden freimaurerischen Großkörperschaften
zur Aufgabe gezwungen hatte - erklärten Epstein, Kramer und Mantz gemeinsam
ihren Pariser Austritt. Epstein soll vor Beginn des Zweiten Weltkrieges in die USA emigriert
sein.
Mehr oder weniger ausführlich Biographisches und Autobiographisches ist von sieben weiteren
Mitgliedern oder Förderern der Freiburger Loge „Zur Brudertreue" bekannt; und zwar
von Walter Arthur Berendsohn, Richard Bloch, Rolf Gustav Haebler, Wilhelm Hauser, Stefan
Meier, Leopold Moch und Gerhart Seger:40
- Dr. Walter A. Berendsohn, geboren am 10. September 1884 in Hamburg, Professor der Germanistik
(Nordistik) an der Universität der Hansestadt, emigrierte im Sommer 1933 nach Kopenhagen, lebte dort
bis in die Besatzungszeit Dänemarks durch die deutsche Wehrmacht und floh eines Nachts per Fischerboot
über den Öresund nach Schweden. Als Nestor der Erforschung der deutschen Exilliteratur starb Berendsohn
99-jährig in Stockholm.
- Richard Bloch, geboren am 28. Juni 1887 in Emmendingen,41 floh aus Deutschland über die bayerischen
Alpen, fand zeitweise brüderliches Asyl im lothringischen Sarreguemines und ließ sich später in Bordeaux
nieder. Während der Vichy-Zeit lieferten ihn die französischen Behörden an die Gestapo aus.
Bloch gilt als „verschollen - Auschwitz".42
- Rolf Gustav Haebler, geboren am 11. Februar 1888 in Baden-Baden, SPD-Mitglied des Landtages,
wurde 1933 als erster badischer Lehrer aus dem Schuldienst entfernt. Nach 1945 profilierte er sich be-
39 Mebes (Publikation in Vorbereitung).
40 Aus der umfangreichen biographischen und historischen Masonica-Sammlung des Verfassers über die kulturpolitisch
herausragenderen FZAS-Mitglieder werden hier nur einige wenige Eckdaten genannt. Ausführlichere Einzelveröffentlichungen
erfolgen später oder liegen bereits vor (Kurt Tucholsky, Carl von Ossietzky, Wilhelm Ostwald
).
41 Die Angabe „Emmendingen" als Geburtsort gilt hier zugleich als Korrektur einer früheren Angabe des Verfassers
in Mebes, Schau-ins-Land 122 (wie Anm. 1), S. 200, dort Anm. 21.
42 Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland
: 1933-1945. Bd. 1. Bearb. vom Bundesarchiv Koblenz und dem Internationalen Suchdienst Arolsen. Koblenz
1986, S.135.
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