Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 179
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Partei forderte die Abschaffung des Zentralabiturs und eine unbeschränkte Zulassung zum Studium
, nachdem allein in Freiburg 40 Prozent der 210 Schüler die Prüfung nicht bestanden hatten
, eine Zahl, die das Ministerium später revidierte. Es sollen ,nur' 25 Prozent gewesen sein.41
Bereits im Sommer 1946 hatte Ministerialdirektor Dr. Ott geäußert: Das ungesunde Anwachsen
der Schülerzahlen an Höheren Schulen muß durch größere Anforderungen eingedämmt
und die Leistung der Volksschule erneut geschätzt und anerkannt werden. Die Höhere
Schule hat nicht mehr das Monopol für „Bildung", das mühsam erworbene Reifezeugnis ist
ein sehr unsicherer Wechsel für die Zukunft des Besitzers.*2 Nach Meinung des Kultusministeriums
besuchten inzwischen zu viele junge Menschen die Höheren Schulen und Hochschulen
, meldeten sich doch 1948 bereits 1.127 Oberprimaner zum Abitur. Man hielt es daher für
notwendig, stärker zu sieben. Die Zunahme der Schüler und Abiturienten hing aber auch mit
den zurückkehrenden Kriegsteilnehmern zusammen, die - entgegen den Versprechungen zur
NS-Zeit - nun doch das Abitur nachholen mussten, allerdings mit erleichterter Prüfung in
Französisch.43

Die schlimmste Hungersnot war überwunden, als Direktor Breithaupt im Frühjahr 1948 seinen
üblichen Bericht an Lieutenant-Colonel Marcellin sandte.44 Inzwischen befand sich das
Gebäude des FG in einigermaßen erträglichem Zustand, ,nur' ein Drittel der Fenster war noch
durch Bretter verschlossen. Tische, Schulbänke, Katheder für die Lehrer (das gab es damals
noch!) befanden sich weiterhin in miserablem Zustand, an Glühbirnen herrschte empfindlicher
Mangel; immerhin hatte man die Schulzimmer den ganzen Winter über nutzen können, da
genügend Heizmaterial zur Verfügung stand. Manche Räume hatten zum Teil noch ein geradezu
stallartiges Aussehen, da es an Besen, Putzmaterial und sogar an Putzlappen fehlte. Woher
sollten sie auch kommen, wenn jeder noch brauchbare Rest für Kleidung genutzt wurde?
Einen Rückgriff auf ,Ersatz' gab es bei den Schuhen nicht, hier war die Not besonders groß.
Und wie sollte man zwei Dutzend Schuhe der Schweizer-Hilfe gerecht auf Hunderte von
Schülern verteilen?

Nach wie vor herrschte Lehrermangel, es fehlte an Lehrbüchern und an Schreibmaterial.
Seit dem Auszug der Oberrealschule I hatte sich die Raumnot für die 700 Gymnasiasten und
350 Schülerinnen der Mädchenoberrealschule II etwas gebessert. Deren Gesundheitszustand
ließ noch sehr zu wünschen übrig: Sie waren fast ausnahmslos unterernährt, bleich, nervös,
leicht ermüdbar, stets von nervöser Unruhe getrieben, mit beeinträchtigter Gedächtniskraft.
Die Zusammenbrüche waren noch häufiger als im vorhergehenden Schuljahr 1946, so dass
etwa 25 Schüler einen längeren Erholungsurlaub - ein bis drei Monate lang - antreten mussten
. Besonders eindringlich schildert Breithaupt die Auswirkungen der Abschlussprüfungen
nach der Untersekunda und der Oberprima: Unrast, Hetze, Freudlosigkeit bei der früher so
wohltuenden, weil freien und dem Bildungsinhalt zugewendeten geistigen Arbeit. Seit das Zentralabitur
eingeführt worden war, ging die Examensangst um.

Im Lehrplan hatte sich einiges geändert, denn seit 1947 durfte Geschichte wieder in vollem
Umfang unterrichtet werden. Dass der Französischunterricht in der Stundenzahl sogar den
Deutschunterricht übertraf, versteht sich in einem französisch besetzten Land. Immerhin durften
am humanistischen Gymnasium daneben noch Englisch und Hebräisch als freiwillige
Fächer gelehrt werden.

Das Leben normalisierte sich nur langsam, zumal die Währungsreform im Juni 1948
zunächst für viele Eltern finanzielle Einschnitte bedeutete. Immer wieder drang die Erinnerung
an den Krieg ins Bewusstsein, sei es als 34 Kriegsteilnehmer nach einjährigen Sonderkursen

41 StadtAF, C5/1746.

42 StadtAF, C5/1741, S. 5 vom 29.01.1946.

43 StadtAF, C5/1746, S. 35 ff. 1940 waren es nur 645 Abiturienten an allen südbadischen Schulen.

44 Archiv FG, Jahresberichte VIII, Ostern 1948. Auch im Folgenden.

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