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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 216
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ges, um die Sicht zu verstellen. Das traf umso mehr zu, je unmittelbarer die strittigen Fakten den Alltag
tangierten. Nach dem Ersten Weltkrieg war das der Versailler Vertrag, nach dem Zweiten die französische
Besatzung. Rainer Bendick untersuchte die deutsch-französische Schulbuchgeschichte im 20. Jahrhundert
unter dem Titel „Irrwege und Wege aus der Feindschaft". In einer Publikation der Landesarchiv-
direktion ist sein Beitrag nachzulesen neben fünf weiteren, die Kurt Hochstuhl, der Leiter des Staatsarchivs
Freiburg, herausgegeben hat. Von Deutschen und Franzosen im zusammenwachsenden Europa
spricht der Titel, der Schwerpunkt der Untersuchungen liegt auf dem Oberrhein.

Georg Löser schreibt über die badisch-elsässischen Bürgerinitiativen, die sich 1974 konstituierten und
mit dem erfolgreichen Kampf gegen den Bau des Kernkraftwerks Wyhl zu überregionaler Bekanntheit
gelangten. Löser dokumentiert jene spannenden Ereignisse detailliert in Wort und Bild. Breiten Raum
widmet er auch der Wirkungsgeschichte, die er bis in die Gegenwart verfolgt unter den Stichwörtern „erneuerbare
Energien" und „Atomausstieg". Er verschweigt weder sein persönliches Engagement für die
Sache, noch die „nur zarten Ansätze" eines nachhaltigen Umdenkens in Politik und Wirtschaft. Was damals
überraschend gut gelang, war die Kooperation über die Rheingrenze hinweg. Dieses Zusammengehen
vollzog sich ganz spontan auf dem Niveau Elsass-Baden und erst in zweiter Linie auf der nationalen
Ebene, eine interessante Unterscheidung, die in der Publikation verschiedentlich anklingt.

Ebenfalls unter dem Titel „Grenzüberschreitende Kooperation" geht es um offizielle Kontaktpflege am
Oberrhein zwischen Gemeinden, Kreisen und Regionen im Bereich Elsass, Baden, Pfalz und Nordschweiz
. In einem Podiumsgespräch versuchte Kurt Hochstuhl als Moderator Licht in das Dickicht der
Institutionen zu bringen. Oberrheinkonferenz, Oberrheinrat oder Interreg-Programme seien als Beispiele
genannt. Daniel Hoeffel, der ehemalige Vorsitzende des Generalrats des Unterelsasses, und Conrad
Schroeder, der ehemalige Regierungspräsident von Freiburg, waren seine Gewährsleute. Als engagierter
„Oberrheiner" favorisierte Hoeffel die Idee, ein Oberrhein-Parlament ins Leben zu rufen, wofür ihm
Frankreichs Präsident Mitterand 1995 eine scharfe Absage erteilte: „Es gibt nur ein Parlament, und das
sitzt in Paris." Das Beispiel zeigt, dass Kooperation am Oberrhein trotz aller Fortschritte und Bekenntnisse
noch kompliziert ist und diplomatisches Fingerspitzengefühl erfordert.

Frank Raberg eröffnet den Reigen der Beiträge mit der Vorstellung und Kommentierung von Quellen
zur Regierungsarbeit in Württemberg-Hohenzollern zwischen 1946 und der Gründung des Südweststaats
1952. Im Vergleich mit dem ebenfalls zur französischen Zone gehörigen (Süd)Baden stellt er fest, dass
der Start in Tübingen unter einem besseren Stern stand als in Freiburg, da die Kontakte zum amerikanisch
besetzten Nordteil des ehemaligen Landes Württemberg nicht so konsequent gekappt waren wie im Falle
Badens. Auf die Besatzungszeit gehen noch zwei weitere Beiträge ein: Corinne Defrance schreibt über
die Entnazifizierung an den Universitäten der drei Westzonen und über die unterschiedlichen Akzente in
der Hochschulpolitik der drei westlichen Besatzungsmächte. Edgar Wolfrum erinnert daran, dass die
französische Besatzungsmacht im Gedächtnis der Zeitzeugen ein äußerst negatives Bild hinterlassen hat,
das durch neuere Forschungen, denen auch französisches Archivmaterial zugrunde liegt, relativiert wird.
Gut und ernst gemeinte Reformbemühungen lassen sich nachweisen. Als Ursache der negativen Wirkung
der französischen Besatzungspolitik nennt Wolfrum die Janusköpfigkeit an der Spitze, festzumachen an
den Namen Pierre Koenig und Emile Laffon, an der zu großen Zahl von Landesmilitärregierungen in Koblenz
, Saabrücken, Tübingen und Freiburg. Am schwersten aber wogen die schlechte Ernährungslage, die
Demontagen und Kahlhiebe und die hohe Belastung durch Wohnungsbeschlagnahmungen. Wolfrum
wirbt für eine ausgewogene Sicht der Dinge und hofft, dass der aktuelle Forschungsstand bald Einzug in
die Schulgeschichtsbücher hält.

Die genannten Autoren und Gewährsleute bestritten mit dem Herausgeber im April 2002 ein Kolloquium
, das im Rahmen der 50-Jahrfeier Baden-Württembergs an der Universität Freiburg abgehalten
wurde. Veranstalter waren das Staatsarchiv Freiburg, das Frankreichzentrum der Universität und das Institut
Francais in Freiburg. Renate Liessem-Breinlinger

Handbuch der baden-württembergischen Geschichte. Erster Band, Allgemeine Geschichte. Erster Teil:
Von der Urzeit bis zum Ende der Staufer. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in
Baden-Württemberg hg. von Meinrad Schaab (f) und Hansmartin Schwarzmaier in Verbindung mit
Edward Sangmeister, Karl-Heinz Schröder und Gerhard Taddey. Redaktion: Michael Klein (Veröffentlichung
der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg). Klett-Cotta Verlag
, Stuttgart 2001. XXIV und 714 S.

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