http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2004/0229
wie das Beispiel der Firma Kienzle zeigt, die sich vom Uhren- zum Rechenmaschinenbetrieb wandelte
und heute (allerdings unter anderem Namen) ein renommierter PC-Hersteller ist. Deren Produkt- und Firmengeschichte
wird diejenige des Villinger Traditionsunternehmens SABA gegenübergestellt - ein
durchaus lohnender Vergleich, der fast prototypisch durch die Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts
führt. Hier werden auch immer wieder wichtige Aspekte aus der Sozial- und Geschlechtergeschichte aufgegriffen
. Frank Lang rundet diesen Band mit einem architekturhistorischen Beitrag über Fabrikbauten
in Villingen und Schwenningen ab. Er untersucht die unzähligen Bau- und Erweiterungsstufen der Württembergischen
Uhrenfabrik in Schwenningen ab 1859 und der Kienzle-Apparate-Fabrik in Villingen ab
1891 bis hin zu den Neubauten der Firma Mannesmann-Kienzle in (Noch-) Villingen zu Beginn der 70er-
Jahre. Besonders interessant ist es, anhand diverser Pläne und Fotografien nachzuvollziehen, wie neue
Herstellungs- und Produktionsweisen die Industriearchitektur beeinflussten.
Insgesamt bilden die drei Ausstellungskataloge einen interessanten Einblick über wesentliche Aspekte
aus der Geschichte Villingen-Schwenningens und geben an vielen Stellen erhellende Hinweise zur Mentalität
der Villinger, aber auch der Schwenninger Bevölkerung. Die darin enthaltenen Aufsätze reichen
weit über das Referieren von Ausstellungstexten und -exponaten heraus. Ute Scherb
Johannes Mangei: Die Freiburg-Ansichten des Gregorius Sickinger von 1589. Quellen zur Geschichte
der Stadt in Spätmittelalter und früher Neuzeit (Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt Freiburg im
Breisgau 35). Stadtarchiv Freiburg, Freiburg 2003. 224 S., 27 Farbtaf., 28 Textabb.
Er hängt im Freiburger Rathaus wie im Stadtarchiv, ziert unzählige Publikationen und die städtischen
Werbeprospekte: der „große Sickinger" mit der Stadtansicht Freiburgs von 1589. Im Januar 1589 trat
der Formschneider Gregor Sickinger mit der Stadt Freiburg in Verbindung, um zwei Stadtansichten anzufertigen
; neben dem auf sechs Druckplatten aufgeteilten „großen Sickinger" zum offiziellen Gebrauch
auch einen „kleinen Sickinger" auf nur einer Platte für einen eher kommerziellen Vertrieb. Beides sind
Kunstwerke von hohem ästhetischem Wert, gewiss, aber auch historische Quellen? Dieser Frage, genauer
gesagt, der Frage nach dem „Wert der Bildzeugnisse als Quelle für die Freiburger Stadtgeschichte"
(S. 12), geht Johannes Mangei nach. Auf Grundlage von Ergebnissen der neueren historischen Bildforschung
, insbesondere Arbeiten Rainer Wohlfeils, Frank-Dietrich Jacobs, Michael Schmitts und Jochen
Luckhardts, nähert sich Mangei seinem Untersuchungsobjekt in einem methodischen Dreischritt: Einer
vorikonographischen Beschreibung, einer ikonographischen und historischen Analyse und einer Quellenkritik
, die die Frage nach dem Realitätsgehalt und dem Quellenwert der Pläne für die Baugeschichte
klären soll. Nach einem Überblick über die Entwicklung der Stadtdarstellung bis ins 16. Jahrhundert,
den man sich etwas breiter gewünscht hätte, durchmustert der Verfasser die weiteren Stadtansichten
Sickingers, die für Freiburg i.Ü. vorliegen, für Bern und Zug verloren sind und für Solothurn von
Mangei erstmals publiziert werden können. Arbeiten Sickingers für Sebastian Münsters Cosmographie
(seit 1578) und Wurstisens Basler Chronik kann Mangei wahrscheinlich machen. Unter dem Blickwinkel
der historischen Analyse folgt sodann zunächst eine knappe Biographie Sickingers. Zu Recht zweifelt
Mangei das allgemein verbreitete Geburtsjahr 1558 an, das auf einer äußerst zweifelhaften Quellengrundlage
beruht. Daneben werden der politische Kontext und die Umstände der Auftragserteilung
an Sickinger ausgeleuchtet. Im letzten Teil werden Sickingers Ansichten von B wie „Bäume in der
Stadt" bis U wie „Universität" minutiös untersucht und anhand zeitgenössischer Quellen nach ihrer Darstellungstreue
befragt.
Mangeis zentrale These lautet, dass Gregor Sickinger mit seinen Stadtansichten keine fotoähnliche Abbildung
bezweckte, sondern vielmehr eine Selbstdarstellung der Stadt mit den Augen des Freiburger
Rates als seinem Auftraggeber. Der Verfasser kann dies vor allem an der unterschiedlichen Genauigkeit
der Darstellung festmachen; die Abbildung der Wirklichkeit durch Sickinger erfolgte „in verschiedenen
Abstraktionsgraden" (S. 81): „Dabei werden Sakralbauten und die öffentliche Profanarchitektur wie auch
die Stadtbefestigung groß und besonders detailliert abgebildet, während die Wiedergabe der Landschaft
sowie die einfachen Wohn- und Gewerbebauten zum Teil auf ein schematisches Minimum reduziert
bleibt" (S. 70). Diese deutende Wiedergabe reicht von der besonderen Akzentuierung von Symbolen der
frühmodernen Obrigkeit (Infrastruktur, Gesundheitswesen, Rechtspflege), über das Moment einer Idealdarstellung
städtischer Gebäude (Rathaus, Lateinschule) bis hin zur Herausstellung einiger „Prestigegewerbe
" wie den Ballier- und Papiermühlen. Daneben kann Mangei eine besonders sorgfältige Behandlung
von Häusern jener Personen nachweisen, die für Sickingers Aufenthalt in Freiburg von Bedeutung
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