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waren, wie der Basler Weihbischof Johannes Tegginger oder der Stadtschreiber und Logierwirt des Formschneiders
, Jakob Schmidlin.
Der gewählte Aufbau der Arbeit führt, da Beschreibung, Interpretation und Künstlerbiographie nicht
immer leicht zu entflechten sind, zu einigen Wiederholungen und häufigen Verweisen. Die unterschiedlich
starke Normalisierung von Quellenzitaten (auf S. 108 f. auf einer Doppelseite!) wirkt störend. Das
trübt jedoch nicht den Blick fürs Wesentliche: Mangei hat eine grundsätzliche Anleitung zur Benutzung
der beiden „Sickinger" für die historische Forschung erarbeitet, an der niemand mehr vorübergehen kann,
der die Stadtansichten nicht nur dekorativ einsetzen möchte: Beide Ansichten sind nur im direkten Vergleich
zueinander aussagekräftig, sollten um weitere historische Quellen ergänzt werden und sind nur für
diejenigen Gebäude, an deren Darstellung Sickinger und seine Auftraggeber interessiert waren (öffentliche
Bauten, Stadtbefestigung, Vorstädte, Kirchen, Klöster, einzelne Privathäuser), aussagekräftig; für
die übrigen Bürgerhäuser ist der Quellenwert dagegen „als gering zu veranschlagen" (S. 194). Ebenso
„verbietet sich eine unkritische Verwendung der Stadtansichten als Quelle in kartographischen Fragen
und im Hinblick auf Längen, Entfernungen und Größenverhältnisse" (S. 193).
Fadenheftung, Register, Farbtafeln und beigelegte Reproduktionen der Stadtansichten im Originalformat
verleihen der Untersuchung schließlich auch ein ansprechendes Äußeres. Clemens Joos
Hans-Otto Mühleisen: St. Peter auf dem Schwarzwald. Aus der Geschichte der Abtei. Kunstverlag
Josef Fink, Lindenberg 2003. 231 S., Abb.
Hans-Otto Mühleisen ist einer der besten Kenner des Klosters St. Peter auf dem Schwarzwald. Seit gut
dreißig Jahren veröffentlicht der in Augsburg lehrende Politologe zu diesem Thema und hat zum Beispiel
die Schriften zur 250-jährigen Kirchweihe 1977 und zum 900-jährigen Gründungsjubiläum 1993 herausgegeben
.
Nun ist ein Band erschienen, in dem elf Aufsätze Mühleisens zusammengetragen wurden, eingeleitet
von einem von ihm selbst verfassten Vorwort. Die ersten zehn Aufsätze wurden zwischen 1980 und 2003
schon an anderen, sehr unterschiedlichen Stellen gedruckt. In dem nun leicht zugänglichen „Publikationsort
" liegt ein Vorteil dieses Buches.
Die Aufsätze spiegeln in ihrer thematischen Bandbreite die Kennerschaft und das breite Interessengebiet
ihres Autors. Von der Entstehungszeit des Klosters bis zur Auflösung 1806 reicht der zeitliche Rahmen
, wobei das 18. Jahrhundert einen Schwerpunkt bildet. Thematisch etwas aus dem Rahmen fallen die
Beiträge über „Die Beziehungen der Abtei St. Peter zu ihren Besitzungen auf dem Territorium der heutigen
Schweiz von der Gründung bis ins 16. Jahrhundert" und als biographische Studie „Michael Sattler
(ca. 1490-1527) Benediktiner - Humanist - Täufer" über einen 1527 als Ketzer hingerichteten entlaufenen
Mönch. Einige Aufsätze basieren auf der Methode des Vergleichs, so werden andere Klöster und
Schlösser bemüht, um Ergebnisse für die eigene Geschichte zu erhalten („St. Peter - St. Märgen. Zum
spannungsvollen Verhältnis zweier Schwarzwaldklöster"; „St. Peter und Schloß Ebnet. Von den Chancen
eines ikonographischen Vergleichs"). Dreh- und Angelpunkt aber ist das Kloster St. Peter im 18. Jahrhundert
. Mühleisens Leitmotiv bei der Deutung von Ereignissen und Kunstwerken ist die These, dass
schon vom Anfang des Jahrhunderts an alle Maßnahmen des Klosters durchzogen sind vom Bewusstsein
einer durch die aufklärerische Kirchenkritik in Verbindung mit der weltlichen Macht ausgelösten, an die
Existenz gehenden Bedrohung, einer bevorstehenden Zeitenwende. Daher werden die Kunstwerke nicht
als festliche Jubelarien eines selbstbewussten Prälatenstandes im „Paradies des Barock" gesehen, sondern
als zunehmend verzweifeltere Rettungsversuche im Angesicht eines übermächtigen „wind of change".
Die Defensive wird im Medium der Kunst zum glanzvollen Schein. In immer neuen Anläufen sucht das
Kloster frische Legitimationsquellen zu erschließen, sei es im Rückgriff auf die älteste Vergangenheit
(Zähringer-Stifterbildnisse) oder im Anschluss an die Trends der Zeit (Bildung, Wissenschaft und Unterricht
als gesellschaftlich nützliche Aufgaben des Klosters). So scheint der Autor von leichter Melancholie
angeweht, wenn er eingestehen muss, dass alle Bemühungen der Benediktiner sinnlos waren gegenüber
dem Zugriff der neuen Herren, die die aufklärerischen Ideale letztlich nur als ideologische Maskierung
ihrer nackten Geld- und Machtgier instrumentalisierten. Sowenig Mühleisen in Klosternostalgie
verfällt, so scheint zwischen den Zeilen durch, dass in unserer Zeit der allgemeinen Staats- und Politikverdrossenheit
die Gewissheit des 19. Jahrhunderts, mit der Abschaffung der Klöster einen definitiven
menschheitsgeschichtlichen Fortschritt errungen zu haben, fragwürdiger denn je ist. Daraus leitet sich die
Idee der „Geschichte als Aufgabe" ab, wie der programmatische Titel des hier erstmals veröffentlichten
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