http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2005/0018
Sieht man sich die Lage der abgabepflichtigen Liegenschaften auf dem Südufer der
Dreisam an (vgl. Abb. 3), dann fällt auf, dass sie sich alle in relativer Nähe zum Wiehrebach
befanden. Noch 1401 wurden die Abgabenpflichtigen als die lüte in der Wueri, an dem obern
werde vnd vff den runsen bi Friburg bezeichnet.66 Besonders auffällig ist, dass auch die Häuser
des späteren Klosters St. Katharina abgabenpflichtig waren. Die Nonnen errichteten ihr
Kloster also auf bürg werftpflichtigen Vorgängerbauten.
Zum Problem der niederen Wiehren
Ein erster Nachweis für eine von der Wiehre des Südufers ausgehende Siedlungstätigkeit ergab
sich bei der Durchsicht der drei Rodel, die sich zur Abgabe des Burgwerfts im Stadtarchiv
Freiburg erhalten haben und in die Zeit zwischen 1305 und 1327 datieren.67 Darin werden auch
mindestens drei Häuser auf dem Nordufer der Dreisam genannt. Die Identifizierung dieser
Häuser gelang aufgrund der Nennung eines abgabenpflichtigen Hauses der Katharina Kuegin
im ersten Rodel. Dieses Haus war die spätere ..Klingelhut-Badestube", die sich vor dem
Schwabentor befand und später „Schwabsbad" genannt wurde. Johannes Klingelhut hatte
diese Hofstätte nach dem Tod Katharinas geerbt und darin 1318 seine Badestube eingerichtet
.68 Neben dieser Einrichtung war dort auch das Haus derer von Baden(-weiler) abgabenpflichtig
, deren prominentestes Mitglied in Freiburg der gräfliche Vogt Gölin gewesen war.69
Diese Häuser lagen direkt vor dem Schwabentor.
Die zweite Quellengattung betrifft Liegenschaftsübertragungen, worin die jeweiligen Standorte
noch im 13. und 14. Jahrhundert mit „niederer Wiehre" auf dem Nordufer der Dreisam
beschrieben wurden. Das mag zunächst irritieren, denn die überwiegende Anzahl der Nennungen
einer „niederen Wiehre" bezieht sich auf das Südufer, genauer auf das Areal um die
heutige Kaiserbrücke.70 Auf dem Südufer der Dreisam lautete die Reihenfolge der „Ortsteile"
der Wiehre im 13. und 14. Jahrhundert von Ost nach West: „Oberes Werd", „obere Wiehre",
„Wiehre" und „niedere Wiehre". In zwei Urkunden ist mit „niederer Wiehre" aber nachweislich
eine Lage auf dem Nordufer der Dreisam gemeint: 1294 übergab Heinrich von Schaff -
hausen einige Güter an das Heiliggeist-Spital, zu denen u.a. zwei hüser, du ligent nebent ein
ander ze nidern Würi, an kern Götfrides von Slezstat garten bi dem müli wasser gehörten. Die
Gebäude lagen somit im westlichsten Teil der späteren Schneckenvorstadt, der auch mit „Paradies
" bezeichnet wurde. Heute wird dieser Teil von der Mensa und dem Kollegiengebäude IV
(KG IV) der Universität dominiert. Diese Lage wird auch durch einen Rückvermerk auf der
Urkunde selbst bestätigt: Uber die hüser im Paradiß. hört zu der Paradiß müly briefen.11
<* StadtAF, AI Villa eta. 1401 Juni 6.
67 Der erste Rodel wurde im Freiburger Urkundenbuch von Friedrich Hefele ediert. FUB II, S. 288ff., Nr. 239a.
Eine von mir anhand der in den Rodeln genannten Personennamen vorgenommene Neudatierung geht für diesen
Rodel für die Zeit von vor 1305 aus. Die anderen beiden Rodel finden sich in StadtAF, AI Villa eta (Wiehre
mit St. Peter) und sind mit „um 1325" bzw. „um 1340" datiert. Auch hier war eine exaktere Bestimmung auf
1318/19 bzw. vor 1327 möglich.
68 Iso Himmelsbach: „Von wegen der Badstuben ..." Zur Geschichte des Freiburger Badewesens von 1300 bis
1800. Freiburg 2000. S. 70 und 81 ff. Bestätigt wird die Abgabenpflicht der Badestube auch 1395, denn es war
Franz der Bader in Klingelhut-Badstube, der einen Prozess gegen die Herren von Falkenstein um das Burgwerft
in Gang brachte. StadtAF, AI Villa eta, 1395 April 1.
69 Vgl. zu Vogt Gölin die Nachweise bei Schwineköper (wie Anm. 6), S. 48f.
70 So wird z.B. die Lage der Mühle des Hanman Morser 1335 als ze nidern Würi oberthalp der langen nidern
brugge beschrieben, GLA, 23/56, 1335 Juli 17.
71 „Paradies" wurde im Mittelalter - in Anlehnung an den Garten Eden - als Bezeichnung für einen (ummauerten)
Garten verwendet, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearb. von Friedrich Kluge und
Elmar Seebold. Berlin/New York 1999, S. 612. Bei derart bezeichneten Gärten handelte es sich nicht um einen
einfachen Obst- oder Gemüsegarten - den hatten zu dieser Zeit viele Bürger. Ein solcher Garten war eine parkähnliche
Anlage und damit etwas Besonderes. Im Freiburger Fall hat der Garten der Familie von Schlettstadt die-
18
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2005/0018