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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 79
(PDF, 48 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2005/0079
Das Gasthaus „zum Engel" - ein Wahrzeichen des Glottertals

In der Gesamtgemeinde Glottertal, die bis 1970 aus den vier selbstständigen Gemeinden
Föhrenbach, Unterglottertal, Ohrensbach und Oberglottertal bestand, gab es von jeher nur eine
Pfarrkirche; sie stand und steht - 1893/95 wurde die alte Kirche aus dem 15. Jahrhundert durch
einen Neubau ersetzt - im Ortszentrum von Unterglottertal. Unmittelbar daneben befand sich
das alte stattliche Gemeindegasthaus „zum Engel" (Abb. 2). Gemeinsam prägten sie das Ortsbild
, bis der „Engel" am Montagmorgen des 29. Juni 1953 einem bis heute unaufgeklärten
Brand, der kurz nach 3 Uhr im Stall ausbrach und in Windeseile auf das gesamte historische
Schwarzwaldhaus übergriff, zum Opfer fiel.39

Nach mündlichen Überlieferungen trafen sich in diesem Gasthaus seit vielen Generationen
nicht nur die Mitglieder aller vier Glottertäler Gemeinden nach dem sonntäglichen Gottesdienst
, sondern auch die Bauern und Handwerker, wenn es etwas Geschäftliches zu besprechen
gab oder zu Stammtischgesprächen und besonders zu familiären Anlässen, z.B. Taufen,
Begräbnissen oder Hochzeiten. Bei Letzteren bestand der Tagesablauf im Wesentlichen aus
reichlichem und gutem Essen und Trinken, das nur durch gelegentliches Tanzen unterbrochen
wurde.

Der Ursprung dieses Gasthauses steht in einem sehr engen Zusammenhang mit der politischen
und wirtschaftlichen Entwicklung der Unterglottertäler Gemeinde selbst. Angeblich
wird der „Engel" erstmals im Jahr 1507 erwähnt. Ob dieses Datum, das in mehreren Veröffentlichungen
als Baujahr angegeben wird,40 tatsächlich identisch mit dem Baujahr des 1953
abgebrannten Schwarzwaldhauses ist, erscheint aus vielerlei Gründen als sehr fraglich, weshalb
im letzten Kapitel dieses Beitrags hierauf noch detailliert eingegangen wird.

Während aus dem 16. Jahrhundert keine Überlieferungen zum „Engel" bekannt sind, soll es
um 1635 dort einen Wirt namens Jörg Ries gegeben haben, der wegen der Schrecken des
Dreißigjährigen Krieges mit seiner Familie in die Berge flüchtete, so dass das Gasthaus
während der militärischen Auseinandersetzung leer stand.41 Um 1725 wurde Johann Michael
Fackler „Engel"-Wirt, dessen Nachkommen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Besitzer des
Gasthauses blieben.42 Einige Mitglieder der Fackler-Sippe waren offenbar recht fromme Zeitgenossen
; in den Kirchenbüchern werden sie gelegentlich als Stifter erwähnt. So ließ z. B.
Johann Michael Fackler 1727 auf seine Kosten den Muttergottesaltar in der Kirche errichten.43
Andererseits sahen sich zumindest einige Mitglieder dieser „Dynastie" nicht sehr partnerschaftlich
mit ihren Bediensteten verbunden; sie machten gelegentlich recht deutlich, wer der
Herr im Hause war. Das jedenfalls lässt sich aus einer überlieferten Anred an Meine Dienst-
botten ableiten, die einer der „Engel"-Wirte aus der Familie Fackler zu Silvester an seine
Mägde und Knechte richtete. Danach sah sich Fackler als wohlhabender Hofbesitzer, der es,

39 Badische Zeitung vom 30. Juni 1953: Ein Wahrzeichen des Glottertals zerstört/Das 400-jährige Gasthaus „Zum
Engel" wurde ein Raub der Flammen.

40 Vgl. Hubert Strecker: Talwirtschaften. In: Das Glottertal: Geschichte und Erinnerungen. Freiburg 1995, S.
102, 105 und 107; Waldkircher Nachrichten vom 11712. Juli 1953: Wahrzeichen der Heimat; Badische Zeitung
vom 30. Juni 1953: Ein Wahrzeichen des Glottertals zerstört; ebd. vom 21. April 1954: Der „Engel" ist aufgerichtet
; ebd. vom 2. Oktober 1979: Ein Haus mit alter Tradition; LDA, Akte Glottertal: undatierte Bestandsaufnahme
des 1953 abgebrannten Engel in Glottertal, ein Gasthaus im Schwarzwald aus dem Jahre 1507, Film Nr.
104, Bilder 315-326. Auch auf Ansichtspostkarten aus der Zeit um 1930/40 und in Hausprospekten des Gasthauses
wird das Baujahr des 1953 abgebrannten „Engels" mit 1507 angegeben. Nach Auskunft des Glottertäler
Heimatforschers Hubert Strecker basiert das im oben angeführten Glottertäler Heimatbuch angegebene Baujahr
1507 auf regionale mündliche Überlieferungen und auf den zuvor aufgeführten Zeitungsberichten, in denen es
allerdings auch keine Quellenangaben zum Baujahr 1507 gibt.

41 Strecker (wie Anm. 40), S. 102. Strecker bezieht sich in diesem Zusammenhang auf einen Beitrag in den Waldkircher
Nachrichten vom 11./12. Juli 1953: Wahrzeichen der Heimat.

« Ebd., S. 102.
« Ebd., S. 102f.

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