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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 108
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riet er in Konflikt mit den Stadtherren von Freiburg. Er zog es vor, das Feld zu räumen und
nach Amsterdam zu gehen, wo er sich 1777 in die Dienste der Niederländischen Ostindien-
Kompanie begab.26 Mit einem Fünf-Jahresvertrag wurde er als Soldat an das Kap der Guten
Hoffnung geschickt. Am 28. Mai 1777 ging er an Bord des Schiffs „Woestduijin", das ihn nach
einer beschwerlichen Seereise am 12. November an die Südspitze von Afrika brachte.

Wie sah Kapstadt damals aus?

Auf dem Weg nach Indien bot sich die von den Portugiesen entdeckte Landestelle am Kap als
eine geographisch günstige Zwischenstation zur Versorgung der Ostindienfahrer an. Vermutlich
wurden deshalb bereits 1664 hier die ersten Pflanzreben aus dem Rheinland eingeführt.
Die holländischen Seefahrer brachten schließlich Siedler und Kaufleute in die Kapregion, darunter
1688 allein 200 aus Frankreich vertriebene Hugenotten-Familien.27 Die ersten deutschsprachigen
Einwanderer waren bereits nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) gekommen
. Viele von ihnen nutzten wie Anreith die Möglichkeit, sich für fünf Jahre als Soldaten zu
verpflichten. Vereinzelt kamen auch Gelehrte, Forscher und Ärzte. Als 1806 die Engländer das
Land eroberten, wanderten vermehrt ehemalige Soldaten oder arme Bauern ein.

Einen gewissen Zusammenhalt unter den Siedlern bot die lutheranische Gemeinde, die in
Kapstadt 1779 entstand.28 Vier Jahre später erhielt diese an der Strandstrasse eine eigene Kirche
, an deren Ausschmückung Anton Anreith beteiligt war. Die Lutheraner zählten damals 441
Mitglieder, darunter allein 400 Deutsche. Sie hatten sich den Holländern angeschlossen. Die
Siedlung am Kap hatte damals insgesamt 1.660 Einwohner. Sprachprobleme gab es für die
Holländer und Deutschen nicht. Durch die Heirat mit einheimischen Frauen und durch ihre
Anpassungsbereitschaft wurden die Deutschen Teil des Afrikaanertums. Manch einer konnte
seine Chance nutzen und aufsteigen. Berühmt ist die Karriere Martin Melcks, „eines ostpreußischen
Zimmermanns aus MemeP\ der 37-jährig als mittelloser Soldat 1746 ankam und
innerhalb von 17 Jahren einer der größten Grundbesitzer am Kap wurde. Er besaß zehn Farmen
, von denen ein Teil noch heute im Besitz seiner Familie ist. Der lutheranischen Gemeinde
schenkte er eine Kirche, und auch für seine 203 Sklaven soll er vorbildlich gesorgt haben.29

Es wird behauptet, dass die reichsten Farmen in deutscher Hand waren. So ist zu lesen, dass
„wohl die aufwendigsten und schönsten Herrenhäuser am Kap ... von den Nachkommen des
schon mit van Reibeeck gekommenen Kölners Jakob Kluthe errichtet worden [sind]; sein Sohn
Handrik Cloete baute Nooitgedacht, sein Enkel Groot Constantia, sein Urenkel Schonge-
zicht".30 Einzelnen Deutschen gelang es in leitende Funktionen als so genannte Landdroste
oder Vizegouverneure aufzusteigen. Doch nach der englischen Besetzung fielen die Verwaltung
und politische Führung im wesentlichen in britische Hände.

Im 18. Jahrhundert nutzten die deutschen Einwanderer nicht nur die wirtschaftlichen Aufstiegsmöglichkeiten
, sondern sie hatten auch Teil an der politischen und geistigen Entwicklung
. Die Botanik und Geologie wurden bereits früh erforscht. Ärzte und Apotheker hatte gute
Berufschancen. Für Landvermesser, Kartographen und Baumeister (wie H. Schütte oder L. M.
Thibault) gab es gute Arbeitsbedingungen. Der Bayreuther J. C. Ritter veröffentlichte 1795
einen Almanach, welches das erste im Land gedruckte Buch war. Am Ende des Jahrhunderts
entstand die erste Poesie (Lehrgedicht „De Maan" von Meent Borcherds), eine deutsche

26 Zu den Quellen der Ostindien-Kompanie siehe: De archiven van de Verenigde Oostindische Compagnie 1602-
1795. Hg. von Marie. A. Meilink-Roelofsz u.a. 's-Gravenhage 1992, bes. Nr. 4918 (S. 238) und Nr. 5259
(S. 250).

27 Bauch/Mertens (wie Anm. 7), S. 2.

28 Georg Forster: Reise um die Welt. Hg. und Nachwort von Gerhard Steiner. Frankfurt 1983, S. 86. Forster
vermerkt, dass die Lutheraner keinen Prediger haben. Es gibt nur eine Kirche vor Ort, die zu klein ist.

29 Bauch/Mertens (wie Anm. 7), S. 5.

30 Ebd.. S. 6.

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