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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 117
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satz der Frauen besonders gefragt war. Sie fertigten, sammelten und bestellten Kleidung und
Schuhe oder organisierten Lotterien. Dabei gab der Wunsch, die gleichgesinnten Mitschwestern
in anderen badischen und deutschen Städten nachzuahmen, die entscheidende Anregung
zur Vereinstätigkeit. Die ganze Bewegung setzte mit der Gründung des „Mädchen-Vereins zur
Unterstützung der Polen in Mainz" im Dezember 1831 ein.12 Dem Vorgange der edlen Mainzerinnen
folgten auch die badischen Frauen. Ende Februar 1832 veröffentlichten die Mädchen
von Lahr ihren Aufruf:

An Euch, deutsche Jungfrauen!

ergeht die Bitte mehrerer Eurer Mitschwestern, die, längst innigst ergriffen von den Leiden der edlen, ritterlichen
Polen, deren Theilnahme durch Anblick der unglücklichen und tapferen Söhne des Nordens, die
kürzlich in unserer Stadt verweilten, noch erhöht wurde, den Entschluß faßten, einen Mädchen-Verein zu
bilden, sich mit ihnen zu diesem edeln Zweck zu vereinigen, den sie nur durch Eure Mithilfe, aufweiche
sie, im Vertrauen auf Eure Gefühle, zum Voraus bauten, erreichen können. Wir folgen dabei nur dem schönen
Beispiel, womit Heidelberg, Mainz und andere Städte uns bereits vorangegangen sind und glauben,
daß auch wir nicht zurückbleiben dürfen, die Leiden dieser hochherzigen Märthyrer, so viel wir es vermögen
, in etwas zu lindem, da nicht blosses Bedauern, sondern kräftige Mitwirkung und thätige Teilnahme
einige Beruhigung für die wehmüthige Gefühle, von denen gewiß Alle durchdrungen sind, gewähren
können.

Noch werden viele dieser unglücklichen Helden, die mit dem Blut getränkten vaterländischen Boden
verlassen mussten, an uns vorüber eilen; noch sind nicht alle ihre Wunden vernarbt und es fehlt ihnen die
Pflege ihrer zurückgelassenen lieben Verwandten; helfen Sie uns also durch das kleine Scherflein, welches
wir beitragen, diesen tapfern Männern dadurch einigen, wenn auch nur geringen Ersatz zu gewähren
.

Schon viele unserer Mitschwestern haben sich diesem Verein angereiht und wir bitten nun auch diejenigen
, die wir nicht persönlich dazu einladen konnten, beizutreten und ihre Namen in die Listen, welche
bei Charlotte Trampler, Sophie Meurer, Henriette Herbst und Lisette Lehmann zur Einsicht offen daliegen
, zu unterzeichnen, um recht bald eine General-Versammlung veranstalten und das Weitere besprechen
zu können.

Der Lahrer Mädchen-Verein1*

In ihrem Appell verwiesen sie sowohl auf ihr Mitleid als auch auf ihre Bewunderung. Zugleich
suchten sie die Gemeinschaft mit anderen deutschen Frauen. Ähnlich wie die Vereine der Männer
verstanden die Frauen die Arbeit in ihren Polenvereinen einerseits als wohltätige Leidenslinderung
und andererseits als patriotisches Bekenntnis zu den freiheitlichen Werten, die ebenfalls
die Einheit Deutschlands untermauern sollten.

Die beispielgebenden edlen Mainzerinnen stellten die Beweggründe ihrer polenfreundlichen
Tätigkeit in einem offenen Brief an das Polnische Nationalkomitee14 in Paris vor. Er wurde in
mehreren Zeitungen Südwestdeutschlands abgedruckt und einer breiten Öffentlichkeit bekannt
.15 Überraschenderweise findet sich im enthusiastisch formulierten Brief der Mainzer

1832. Zu den Angaben über die Zahl der Flüchtlinge vgl. Helmut Asmus: Baden und der Beginn der Großen
Emigration der Polen 1831/32. In: Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche Landeskunde am Oberrhein e.V. Protokoll
über die Arbeitssitzung am 19.10.1990, S. 4; Robert Bielecki: Zarys rozproszenia Wielkiej Emigracji
we Francji 1831-1837. Materialy z archiwöw francuskich. Lodz 1986, S. 21.

12 Annelise Gerecke: Das deutsche Echo auf die polnische Erhebung von 1830. Wiesbaden 1964, S. 97.

13 Lahrer Wochenblatt vom 29. Februar 1832. Vgl. Der Freisinnige vom 6. März 1832: ... als einige Damen in
Karlsruhe nach dem Vorgange der edlen Mainzerinnen sich vereinigt hatten.

14 Komitet Narodowy Polski (Polnisches Nationalkomitee), am 8. Dezember 1831 in Paris vom Historiker und ehemaligen
Mitglied der Nationalregierung, Joachim Lelewel, gegründete demokratische Vereinigung der Emigranten
, die im April 1832 bereits 602 Mitglieder zählte. Im Dezember 1832 von den französischen Behörden
aufgelöst.

15 Schreiben des Mainzer Mädchen-Vereins an das polnische National-Comite in Paris. Abgedruckt in der Freiburger
Zeitung vom 16. Februar 1832. Die folgenden Zitate wurden ebenfalls aus dem Brief entnommen. Das
Schreiben findet sich außerdem in folgender Quellensammlung: Dokumente zur Geschichte der deutsch-polnischen
Freundschaft 1830-1832. Hg. von Helmut Bleiber und Jan Kosim. Berlin 1982, S. 189.

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