Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 120
(PDF, 48 MB)
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einen Verein, um die polnischen Emigranten in Paris, dem Hauptsitz der politischen Flüchtlinge
aus ganz Europa, zu unterstützen. Sie brauchten dabei keine zusätzlichen Bekenntnisse
abzulegen.

In Baden trug die innere politische Konstellation wesentlich zur Politisierung der Öffentlichkeit
bei. Gerade in den Frühlingsmonaten 1832, als die Errungenschaften des Reformlandtages
1831 kurz vor der Realisierung standen und ihre Urheber in die Heimatorte zurückkehrten
, erreichte die freisinnig-patriotische Stimmung ihren Höhepunkt. Dies zog eine Welle
von Feierlichkeiten und allgemeinem Enthusiasmus nach sich, denen auch der weibliche
Bevölkerungsteil nicht gleichgültig gegenüberstand. Den interessierten Beobachterinnen
fehlte zunächst jedoch der Handlungsraum, in dem sie aktiv werden konnten. Das änderte sich
schlagartig, als die unglücklichen polnischen Helden die Grenzen des Großherzogtums passiert
hatten. Die hilfsbedürftigen politischen Flüchtlinge boten den Frauen die Möglichkeit, sowohl
in der Wohlfahrt als auch im liberalen politischen Hauptstrom tätig zu werden. Die politischen
Interessen der Frauen wurden im Umfeld der Polenfreundschaft lebendiger und das Bedürfnis,
diese öffentlich zu bekunden, stärker. Die Bürgerinnen von Karlsruhe, Heidelberg, Konstanz
und anderen badischen Städten spielten schon bei der Polenhilfe 1831 eine wesentliche
Rolle.19 1832 gaben die Frauen nicht nur bedeutende Anstöße zur Gründung der männlichen
Polenvereine, sondern übernahmen auch die Organisation weitgehend selbständig. Die Mädchen
Lahrs wünschten kräftige Mitwirkung und thätige Theilnahme.20 Die Frauen griffen nach
dem Alten und Bekannten und füllten dies teilweise mit neuen Inhalten. Sie gründeten wohltätige
Hilfsvereine für Polen, demonstrierten dabei ihre liberale Gesinnung und weibliche
Selbständigkeit.

... gleichgesinnte Mitschwestern
Mitglieder

Wenn man die soziale Umgebung der in den Polenvereinen tätigen Frauen näher betrachtet,
fällt einem der liberale politische Hintergrund auf.21 Das politische Interesse und Engagement
der männlichen Verwandten ließ sowohl auf der städtischen als auch staatlichen Ebene anscheinend
auch viele badische Frauen tätig werden. Nicht zuletzt durch ihre Ehemänner und
Väter sind die Vorstandsmitglieder des „Freiburger Frauen-Polenvereins" am besten bekannt.
Hierzu zählten Katharina von Rotteck und Emma Welcker, die Gattinnen der beiden führenden
badischen Liberalen und Universitätsprofessoren. Die Frau des Medizinprofessors Schwörer
und Frau von Berg22 teilten ihre Vorstandsaufgaben mit den jüngeren Mädchen, der Tochter
Rottecks, Amalie, und den Töchtern von Freiburger Kaufleuten, Luisa Kromberger und
Lina Herzog.23 Alle drei Professoren waren selbst an der polnischen Sache höchst interessiert:
Rotteck, obwohl selbst kein Mitglied im Polenverein, setzte sich publizistisch für Polen ein,
Welcker gründete den Polenverein in Karlsruhe während des Landtages 1831, und Schwörer
war von Anfang an einer der aktivsten Mitglieder des Freiburger Polenvereins.24 Es ist denkbar
, dass die Initiative zur Vereinsgründung in Freiburg von den Ehefrauen der badischen Poli-

19 Es handelte sich um Geldsammlungen und Vorbereitung des Verbandsmaterials für die polnischen Militärspitäler
während des russisch-polnischen Krieges im Sommer 1831. Ganz besonders wurde im Aufruf des Karlsruher
männlichen Polenvereins auf die Wünsche der edlen Bewohnerinnen unserer Stadt verwiesen, die, bereits mit
der Herstellung von Verbandsmaterial beschäftigt, nach einer Gelegenheit suchten, dieses weiter zu befördern,
Karlsruher Zeitung vom 2. Juli 1831.

20 Lahrer Wochenblatt vom 29. Februar 1832. Vgl. Anm. 13.

21 Die Herkunft vieler Frauen ist nur durch die Namen ihrer männlichen Verwandten zu erschließen.

22 Es handelt sich höchstwahrscheinlich um die Mutter des Hofgerichtsadvokaten Karl Berg und der Amalie Berg,
die den polnischen Emigranten Kozlowski heiratete, vgl. Freiburger Adress-Kalender 1832.

23 Freiburger Zeitung vom 23. März und 24. Mai 1832.

24 Vor allem in den „Allgemeinen Politischen Annalen". Vgl. Karl von Rotteck: Das Jahr 1830. In: Allgemeine
Politische Annalen, 5. Bd., 2. Heft, Februar 1831, S. 107-155.

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