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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 129
(PDF, 48 MB)
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Wir bitten daher die Damen des Vereins unsere Gefühle und Gesinnungen ihren Mitbürgern für uns
auszudrücken.

Der Präsident des Comites
Lelewel

(Unterschriften der weitern Mitglieder des Comite.)59

Ohne die letzte Zeile des Briefes zu lesen, wäre es nicht erkennbar, dass er an die Frauen gerichtet
war. Das Polnische Nationalkomitee in Paris suchte Kontakte zu mehreren deutschen
Polenvereinen und benutzte in seiner Korrespondenz oft standardisierte Schreiben, womöglich
ohne in der Anrede zwischen männlichen und weiblichen Polenvereinen zu unterscheiden.60
Da der Brief nicht in die Hände des in Lahr wirkenden männlichen Polenvereins gelangte,
scheint der Frauenverein mit seiner Unterstützungstätigkeit mehr präsent gewesen zu sein.61
Die polnischen Emigranten nutzten die öffentlichen Danksagungen an die deutschen
Frauen, um die Gleichheit der Gesinnung mit dem deutschen Volk zu bekennen. Sie verbanden
das weibliche Engagement mit eindeutig politischen Inhalten und Absichten. Die deutschen
Frauen wurden mit den polnischen Patriotinnen und mit der zu höchstem Opfer bereiten
Spartanerin62 verglichen. Diese Bilder waren überspitzt und nicht auf die Gegenwart, sondern
auf die von den Polen erwünschte Zukunft orientiert. Man wollte den deutschen Frauen
denselben Grad der Politisierung wie den Männern zusprechen, um sie, ähnlich wie die deutschen
Männer, für den Freiheitskampf zu begeistern: manchmal mit sanfteren Worten, aber mit
denselben Inhalten. Kazimierz Korczak, Leutnant der Artillerie, verabschiedete sich von den
Lahrer Frauen mit den Worten:

Schönheit von Lahr, die Du so zart und liebenswürdig das Feuer der Begeisterung im Herzen der Mitbürger
entzündest - lebe wohl, bis wir, auf immer frei, dich wieder sehen. Bis dahin bitten wir, Rose von
Lahr, erhalte, bewahre das Feuer, welches so heilig flammte. Große Hälfte des Menschengeschlechts, bedenke
, daß auch die große Hälfte des Ruhms, des Sieges der allgemeinen Freiheit der Deinige ist!63

Der Gedanke der Gleichstellung der Geschlechter im Freiheitskampf war in Korczaks feierlichen
Worten nicht zu überhören. Sollten die Mädchen von Lahr dem polnischen Leutnant
tatsächlich Anlass zu solchen flammenden Worten gegeben haben? War es das, was die
Mädchen gerne hörten oder das, was man ihnen beibringen wollte? Wie auch immer, der tägliche
Austausch mit den polnischen Emigranten auf ihrer Durchreise trug zur Politisierung der
weiblichen Polenvereine in großem Maße bei, so dass diese Ausdrucksweise die badischen
Polenfreundinnen sicher nicht mehr befremdete.

Dies ist Heldensinn edler Weiblichkeit!
Frauen-Polenvereine in der politischen Öffentlichkeit

Die Liberalen sahen den Einsatz der Frauen für die Polen ebenfalls als ein Zeichen ihrer hochherzigen
Gesinnungen.64 In den Frauen wurden daher plötzlich Kampfgenossen (eigentlich
Kampfgenossinnen) gesehen, die es in die eigenen Reihen aufzunehmen galt. Der „Westbote"
kommentierte die Tätigkeit des Mainzer Mädchenvereins diesbezüglich wie folgt:

59 Das polnische National-Comite in Paris an den Mädchen-Verein in Lahr, Lahrer Wochenblatt vom 7. April 1832.

60 Zur Korrespondenz zwischen dem Polnischen Nationalkomitee und den badischen Polenvereinen vgl. Brud-
zynska-NfiMEC (wie Anm. 1), S. 85-106.

61 Außer dem Brief Lelewels verölTenllichte das „Lahrer Wochenblatt" in seiner Ausgabe vom 22. Februar 1832
auch den Beitrag: Abschied eines Polen von den hiesigen Frauen. In Bezug auf die Tätigkeit des männlichen Vereins
gibt es im „Lahrer Wochenblatt" keine vergleichbaren Texte.

62 Vgl. Obraz Polki-Patriotki w powstahezej propagandzie. In: Anna Baranska: Kobiety w powstaniu listopa-
dowym 1830-1831. Lublin 1998, S. 74-81.

63 Lahrer Wochenblatt vom 22. Februar 1832.

64 Der Freisinnige vom 6. März 1832.

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