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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 130
(PDF, 48 MB)
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Euer Einfluß in der geselligen und politischen Welt ist groß, ist größer, als ihr in Eurer Bescheidenheit
es ahnet, und nie gab es eine würdigere, schönere Sache als die wovon es sich hier handelt. Ihr lindert
das Unglück fleckenloser Helden und heiligt durch Euren reinen Sinn die Bestrebungen aller unterdrückten
Völker. Ihr helfet zerbrechen die unwürdigen Fesseln, die auf uns lasten. Dies ist Heldensinn
edler Weiblichkeit!65

Diese Meinung war jedoch eher dem radikalen Flügel eigen und ganz und gar auf die wohltätige
Fürsorge bezogen, der sowohl moralische als auch politische Kraft zugesprochen wurde.
Direkte politische Aktionen der Frauen waren dagegen eher sporadisch und wären von den
Liberalen sicher abgelehnt worden. Der schon erwähnte Vorschlag Emma Welckers, den
König von Preußen um einen freien Durchzug aller Polen nach Frankreich zu bitten, veranlasste
Karl von Rotteck dazu, den närrischen und romantischen Plan zu vereiteln.66 Rotteck
forderte daher Staatsrat Nebenius und dessen Ehefrau in einem Schreiben auf, darauf hin zu
wirken, dass der Frauenverein in Karlsruhe den Antrag nicht unterstütze. Der weibliche Polenverein
, so Rotteck, verfolgt [zwar] einen löblichen wohltätigen Zweck, doch die Einmischung
in die große Politik kann nur Belästigung hervorrufen und den Verein diskreditieren.61 Einerseits
fand Rotteck die ganze Sache somit peinlich und lächerlich, andererseits sah er in der
überflüssigen äußerlichen Politisierung der weiblichen Polenhilfe die Gefahr, dass die Behörden
diese nicht mehr ohne weiteres hinnehmen würden. Inwiefern Emma Welcker für ihre Idee
die Zustimmung ihres Ehemannes erhielt, ist nicht überliefert. Zumindest wurde sie an der
Ausfertigung des Briefes und dessen Versand nicht gehindert.

Trotzdem wurde in Freiburg das Engagement des Frauenvereins als Beispiel für die freisinnige
Männerwelt hingestellt. 1832 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Mitgliedern
des männlichen Polenvereins und seinem Vorsitzenden, Hofrat Schneller, der für die
erwartete Hauptversammlung keine Zeit finden konnte. Nachdem die Frauen ihren Vorstand
öffentlich in der „Freiburger Zeitung" vorgestellt hatten, appellierte eine Anzahl von Mitgliedern
des Polenvereins am nächsten Tag:

... täglich zeigt sich großartiger der Geist für jene heilige und europäische Sache in der Umgegend; und
in unsrer Stadt hat sich ein Verein edler Frauen und Mädchen zur Unterstützung der verbannten Polen
gebildet. Nur der Freiburger Männerverein ruht in stiller Selbstgefälligkeit. Aber es ist Zeit, daß er daraus
hervorgehe.6^

In Lahr wirkte neben dem männlichen Polenverein und dem Mädchenverein ein Jünglingsverein
zur Unterstützung unglücklicher Polen (und hiesiger Armen), der vom April bis September
1832 acht Theatervorstellungen organisierte, um Geld zu sammeln. Möglicherweise
hat sich dabei der Jünglingsverein den bereits Ende Februar gegründeten Mädchenverein zum
Vorbild genommen.69

Ein Zeichen der Anerkennung für das weibliche Engagement war die besondere Teilnahme
durch das verehrungswürdige Geschlecht der Frauen an Feierlichkeiten zu Ehren der Polen.
In Freiburg wurde ein Ball veranstaltet, um möglichst viel ihrer [=der Polen] Gesellschaft zu
genießen, und damit ihres erhebenden Anblicks auch der Theil der Einwohnerschaft teilhaftig
werde, welcher hier, wie in allen civilisierten freien Ländern, an Begeisterung für die polnische
Sache Niemandem nachstand.10 Auch an dem tags darauf stattfindenden und sehr gut

65 Westbote vom 17. Februar 1832. Zitiert nach Bleiber/Kosim (wie Anm.15), S. 221.

66 Brief Karl von Rottecks an Karl Friedrich Nebenius vom 25. März 1832, in: Treskow (wie Anm. 30), S. 362.

67 Ebd. Vgl. auch Rüdiger von Treskow: „Unser Leben ist wie ein Thautropfen ..." Frauenbilder im Freiburg des
19. Jahrhunderts. In: Geschichte der Stadl Freiburg im Breisgau. Bd. 3. Hg. von Heiko Haumann und Hans
Schadek. Stuttgart 1992, S. 114-121, hier S. 117.

68 Freiburger Zeitung vom 24. März 1832.

69 Rechenschaft des Jünglingsvereins, Lahrer Wochenblatt vom 3. November 1832.

70 Freiburger Zeitung vom 5. Februar 1832. In demselben Ton wurde von dem abgehaltenen Ball berichtet und das
Engagement der Frauen in der Polenhilfe gewürdigt, die mit der rührendsten Aufopferung und unter Trähnen der

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