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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 156
(PDF, 48 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2005/0156
ringschätzung, mit welcher der deutsche Name im Auslande behandelt wird, und wie es nun im verflossenen
Jahre die besten Männer wählte, die es zu haben glaubte, und sandte sie nach Frankfurt, sie möchten
in Gemeinschaft mit den Regierungen wieder eine Einheit schaffen und sollten dem Deutschen wieder
ein gemeinsames Vaterland geben und sollten den deutschen Namen wieder zu Ehren bringen über
die Glänzen hinaus und jenseits der Meere, und stelle mir vor, wie alle Hoffnungen so nach Frankfurt
schauten und edle Männer den Wünschen der Nation auch dort einen heiligen Nachdruck verlieren -
siehst Du, dann war ich wohl ein großer Freund der Frankfurter Versammlung. Sehe ich aber nun, was
aus dieser Versammlung geworden, sehe ich, wie sie geendet und durch wessen Schuld sie so geendet,
denke ich daran, wie alle edlen Männer sie allmählich verließen und wie das Werk, das geschaffen werden
sollte, verstümmelt und entheiligt ward von den Feinden des Vaterlands in ihrem eigenen Schöße, und
erinnere ich mich, welche Leidenschaften dort offen und im Verborgenen gespielt und welches Ziel diejenigen
verfolgten, welche bis zuletzt noch beisammen blieben: - nun, in Wahrheit, dann kann ich kein
Freund mehr der Frankfurter Versammlung sein.*1

Mit der Bildung der Nationalversammlung gingen zunächst große Hoffnungen auf einen
grundlegenden Wandel Deutschlands hin zu einem demokratischen Nationalstaat einher.82 Die
Absage Österreichs an einen gemeinsamen großdeutschen Staat und die Ablehnung der Kaiserkrone
durch Friedrich Wilhelm IV. führten schließlich dazu, dass die hochgesteckten Erwartungen
in die Nationalversammlung unerfüllt bleiben mussten. Sie gipfelten darin, dass
sich die Nationalversammlung aufzulösen begann, bis schließlich ein Rest, hauptsächlich aus
den Linken bestehend, als Rumpfparlament nach Stuttgart zog. All dies bewirkte ein sinkendes
Ansehen der Nationalversammlung in der Bevölkerung.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Schuldzuweisung für das Scheitern der
Nationalversammlung. Im eben zitierten Flugblatt wurde die Nationalversammlung selbst für
ihr Scheitern verantwortlich gemacht. Besonders die Linken wurden beschuldigt, weil sie insgeheim
für die Republik eintraten und Unruhe im Volke stifteten:

Paul: Durch wessen Schuld meinst Du denn, hat die Nationalversammlung so traurig geendet? Sind es
nicht die Fürsten gewesen, welche das große Einigungswerk gestört haben.

Werner: Ihren Theil mögen sie auch daran haben, aber die Hauptsache lag doch an der Versammlung
selbst. Zunächst war es wohl eine Überhebung, daß sie glaubten, ihnen stände das letzte Wort zu, auch
wenn die Fürsten anderer Meinung währen, und müssten dann mit Gewalt die Sache durchsetzen. Nun
konnten aber die Fürsten so unbedingt nicht zustimmen, wenn sie sahen, wer alles daran mitgearbeitet.
Denn die von der Linken hätten wohl am liebsten gleich die Republik eingeführt, d. h. die Fürsten abgesetzt
, und sich und ihre Freunde an deren Stelle gebracht. Da ihnen dies nun nicht gelang, und diejenige
Parthei in Frankfurt die Oberhand behielt, welche noch in alter Treue an den Fürsten hing, und die gern
wieder einen Kaiser an der Spitze von Deutschland gesehen hätten, wie ehedem, da richteten sie das Kaiserthum
wenigstens so zu, daß Einer sich wohl hüten musste, die Krone anzunehmen, und wenn er sie annahm
, mochte er sehen, wie er enden würde.

Paul: Ja, was die im Schilde führten, das haben wir jetzt in Sachsen, in der Pfalz, und in Baden so recht
gesehen ... Damit war, denke ich, der Schleier ihrer Absichten hinlänglich gerissen.
Werner: Ja, das will ich meinen ... Sie wollten nicht ein blühendes deutsches Reich, sondern sie wollten
ein neues Reich der Demokratie stiften, in dem sie und ihre Freunde herrschten, d. h. eine Weile alles
drunter und drüber gehen sollte.*3

Damit nahm der Verfasser des Flugblattes Vorurteile auf, die den demokratischen Linken von
liberaler und konservativer Seite immer wieder gemacht wurden, nämlich, dass die linken Abgeordneten
versteckte Umstürzler und Demagogen seien, die das Ziel einer Reichsverfassung
sabotierten, beziehungsweise sabotiert hätten, um die Republik auf gewaltsame Weise einführen
zu können.84

8> StadtAR Dvd 7680 RARA, Teil l, Blatt 201.

82 Ribhegge (wie Anm. 53), S. 146.

«3 StadtAF, Dvd 7680 RARA, Teil 1, Blatt 201.

84 Vgl. ebd., Blatt 208. Die Einen (Republikaner, d.V.) nämlich sehen in dieser Verfassung ein Haupthindernis der
Durchführung ihrer republikanischen Ideen. Sie fürchten die aus dieser Verfassung hervorgehende starke Cen-
tralgewalt, welche wiederkehrende Aufstände mit Energie unterdrücken werde.

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