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durig an das katholische Milieu vorwarf.80 Statt dessen wurde er zuerst an das Berthold-Gym-
nasium, dann an die Hindenburgschule versetzt, wo er - sozusagen fachfremd - Deutsch. Geschichte
und Geographie unterrichtete. Dass sein Herz nicht unbedingt für den Gymnasialunterricht
schlug, könnte der Umstand belegen, dass er sich 1953 erst nach einer energischen Intervention
des Ministeriums bereit fand, neben der Seminarleitung acht Wochenstunden an
einem Freiburger Gymnasium zu unterrichten, wie dies damals noch landesweit üblich war.81
Gleichwohl führte er seit 1954 - als Folge einer Höhergruppierung der Seminarleiter im neuen
Baden-Württemberg - den Titel Oberstudiendirektor.
Nach seiner Berufung an das Studienseminar verstand er es rasch, dem Fach Psychologie
Gewicht zu verleihen - nicht zuletzt durch die neueingeführte schriftliche Prüfung im Rahmen
des Assessorenexamens.82 Und in der Folge sorgte er durch eine ausgedehnte Beratungs- und
Fortbildungstätigkeit für Breitenwirkung in der Freiburger Schulregion. Ob und inwieweit es
ihm allerdings gelungen ist, das Fachleiterkollegium mit seiner Leidenschaft für Psychologie
zu inspirieren und damit den Stil seines Seminars zu prägen, sei dahingestellt. Immerhin hatte
der vorerwähnte Dr. Pfrommer aus Karlsruhe den Freiburger Fachleitern bescheinigt, dass sie
ersten Ranges sowohl nach ihren Kenntnissen als auch nach der Klarheit ihrer Persönlichkeit
seien.83 Darin darf man getrost auch ein gehöriges Maß an Selbstbewusstsein gegenüber der
Seminarleitung vermuten, zumal Dr. Rombach nach Aussagen von Zeitzeugen hier auf Vorbehalte
im Blick auf seine als nicht ebenbürtig erachtete Qualifikation gestoßen war.
Die Zahl der Referendare, die Dr. Rombach zu betreuen hatte, war zunächst gering.84 Im
Zeitraum von 1948 und 1950 schwankte die Zahl der Assessorenprüfungen zwischen 12 und
21 Kandidaten pro Halbjahrestermin.85
Mehr als vielleicht je zuvor war diese Generation durch ihre Vergangenheit gezeichnet: Die
meisten hatten durch die Kriegsverhältnisse zwei bis acht Jahre verloren, die Frauen durch
RAD [Reichsarbeitsdienst], Kriegseinsatz usw., die Männer durch Wehrdienst und Gefangenschaft
; einige sind schwerversehrt.*b Ihr war also schon vor dem Studium der Ernst des Lebens
in mannigfacher Form vor Augen getreten.*1 Waren sie deswegen weiser als die Gleichaltrigen
der meisten andern europäischen Länder, wie damals eine Zeitung vermutet hat?88 In
ihrem Verhalten unterschieden sie sich jedenfalls kaum vom Durchschnitt ihrer Landsleute, die
mehr auf wirtschaftlichen denn auf politischen Wiederaufbau setzten: Weil sie sich der
Schwere des Lebenskampfes im geschlagenen Deutschland bewusst waren, weil sie aus dieser
Erkenntnis heraus nur Arbeit an der Vervollständigung ihres Wissens kannten, gerade deshalb
wiesen sie auch jede politische Betätigung als ,Ablenkung' von sich. Politik konnte sie nur hin-
80 Schreiben der Gauleitung an das Kultusministerium vom 6.1 1.1936: Professor Dr. Josef Rombach stand vor der
Machtübernahme politisch unter dem Einfluss der katholischen Kirche. Er hat sich seiner Zeit für die Durchführung
der Bekenntnisschule eingesetzt. Es wird ihm nachgesagt, dass er den Führer lächerlich gemacht und
die Uniformierung der SA als Fastnachtsspiel bezeichnet habe. Das Freiburger Stadtschulamt hatte ihm zudem
in einem Schreiben an das Ministerium vom 4.10.1935 vorgeworfen, er sei ein fanatischer Verfechter der [im
Dritten Reich verpönten! Ganzheitsmethode und habe auch die frühere Arbeitsgemeinschaft hier geleitet. Beides
in: HStAS. EA 3/607, Personalakte Rombach, Josef.
81 Vgl. das Schreiben des Kultministeriums an das Oberschulamt Freiburg vom 3.6.1953. In: Ebd.
82 Vgl. Schreiben Rombachs an das Ministerium vom 14.10.1949. In: StAF, F 110/9 498.
83 Wie Anm. 68.
84 Nach einem Bericht des „Schwarzwälder Boten" (vgl. Anm. 64) waren im Sommersemester 1950 allerdings 466
Studenten an der Universität Freiburg immatrikuliert, die das Lehramt für Gymnasien anstrebten und die deshalb
die Überfüllungsängste des Ministeriums nährten.
85 Examenslisten der Jahre 1948-1950. In: StAF. F 110/9 488.
86 Schreiben des Philologenvereins Südbaden an das Ministerium vom 25.9.1949. In: StAF. F 110/9 498.
87 Artikel Die deutschen Nachkriegsakademiker. In: Neue Zürcher Zeitung vom 16.6.1951, der seinerzeit in
Deutschland Aufsehen erregte.
88 Artikel Das Unterrichtsministerium in Atemnot. In: Badisches Tagblatt vom 1.7.1950. Der Verfasser empfahl
eine Verkleinerung der bis zu 60 Schüler großen Klassen, um neue Stellen für diese wertvollen Menschen [zu]
schaffen.
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