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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 223
(PDF, 48 MB)
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tumsorientierte Zeit hinüberretten. Die Fasnetrufer beherrschen seither das Bild: im Flecklehäs mit einer
Maske von Bildhauer Franz Spiegelhalter. Dieser Künstler gab auch den Herdermer Lalli ihr Gesicht, die
übrigens schon 1930 gegründet wurden. Sie sind also vier Jahre älter als die Fasnetrufer. Kalchthaler resümiert
, die Freiburger Fasnet sei eine gelungene Mischung aus karnevalistischer Tradition der Vereinsfastnacht
des 19. Jahrhunderts und der alemannischen Fasnet. Er zitiert Rolf Süß, der 1967 in dem Zusammenhang
von einem Tiegel sprach, in dem Neues und Altes zusammengekocht wurde.

Dominik Wunderlin vom Museum der Kulturen in Basel stellt die Basler Fasnacht vor: „Eine Stadt im
Rausch der Farben und Töne". Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts existiert das Szenario, das Basel zur
Berühmtheit verholten hat: Am Montag um 4 Uhr früh erwacht die Stadt zum Morgestraich, pfeifend und
trommelnd begeben sich die Cliquen gemessenen Schritts auf ihre individuellen Routen. Die Masken und
die mitgeführten Laternen sind oft Werke namhafter Künstler. 72 Stunden dauert die Basler Fasnet bis
zum Endstraich am Mittwoch, allerdings nicht am Aschermittwoch, sondern eine Woche später, denn trotz
des luxuriös städtischen Gepräges ihrer Fasnet halten sich die Basler terminlich an die „Burefasnet". Das
bedeutet, dass sie sich beharrlich weigern, einen Beschluss der Synode von Benevent von 1091 umzusetzen
, nämlich die Vorverlegung der Fastenzeit um eine Woche. Jan Merk, der Leiter des Markgräfler
Museums in Müllheim, erklärt ausführlich, was es mit dieser Trennung zwischen „Burefasnet" und „Her-
renfasnet" auf sich hat, und berichtet über eindrucksvolles Brauchtum in den evangelischen Dörfern um
Müllheim, zum Beispiel Vögisheim, wo der „Hisgier", eine strohvermummte Figur, umgeht. Auch im
Umland von Basel tritt eine ähnliche Gestalt auf: das „Hutzgüri", begleitet von einem „Schärmuuser" und
„Weibelwyb".

Edmund Weeger portraitiert moderne Dorffastnacht am Beispiel von Ebringen, Hartheim und Pfaffenweiler
. Die junge Generation finde Geschmack an Guggenmusiken und Kostümierungen, die Bewegungsfreiheit
erlauben. Als Archivar der betreffenden Gemeinden kennt er auch die historischen Belege.
Vor allem im 18. Jahrhundert wurde er fündig in den Aufzeichnungen von Pfarrern, die Unfug und Possen
, Fresserei und Sauferei konstatierten und immer wieder zur Mäßigung mahnten. Den besonderen Zorn
des Pfarrers von Feldkirch erregte die Weiberfastnacht am Aschermittwoch.

Dem Scheibenschlagen am Funkensonntag, dem Sonntag nach Aschermittwoch, widmet Weeger ein
eigenes Kapitel. Trotz mannigfaltiger Versuche, diesen „unnützen und gefährlichen" Brauch zu verbieten
, hielt dieser sich bis auf den heutigen Tag. Die Stadt Liestal in der Schweiz übertrifft in Punkto Feuerzauber
alle anderen Orte der Regio: Dort rollen Feuerwagen, aus denen meterhohe Flammen aufsteigen,
durch die Straßen der Altstadt; hell lodernde Kienbesen werden im Umzug mit getragen. Dominik Wunderlin
berichtet davon in Wort und Bild und zeigt, wie Medien und Tourismus das Brauchtum beeinflussen
.

Winfried Studer sammelte schriftliche Belege für die Neuenburger Fastnacht aus dem 16. Jahrhundert:
besonders reizvoll liest sich, wie der junge Bürgersohn Felix Platter aus dem reformierten Basel das närrische
Treiben im vorderösterreichischen und damit katholischen Neuenburg erlebte.

Am Hochrhein kommen sich die Siedlungen vom rechten und linken Ufer näher als am Oberrhein. Das
spiegelt sich auch im Fastnachtsbrauchtum wieder. Sabine Diezinger und Andreas Weiss stellen die vielgestaltigen
, aber im Kern alemannisch geprägten Fastnachtstraditionen von Waldhut, Laufenburg, Säckingen
, Rheinfelden/Schweiz bis ins Fricktal daher grenzüberschreitend vor. Das Fastnachtsgeschehen im
badisch Rheinfelden, das erst seit 1922 dank massiver Industrieansiedlung zur Stadt aufgestiegen ist, hebt
sich deutlich von dem seiner Umgebung ab. Rheinisches herrschte dort lange Zeit vor, mitgebracht von
zugezogenen Arbeitskräften, und lebte auch weiter, als 1937 die Karnevalsgesellschaft durch eine Narrenzunft
abgelöst wurde. Seit 1938 hat Rheinfelden seine eigene unverwechselbare Symbolfigur: den Lat-
schari im grünen Jackett und grün karierter Hose, mit Schiebermütze und einer Zigarette im Mund. Das
Konzept stammt von dem Rheinfelder Künstler Arnold Schneider, der den arbeitslosen Eckensteher der
1920er-Jahre darstellen wollte.

Der Colmarer Historiker Gerard Leser erinnert an eine volkskundliche Fragebogenaktion aus der
Reichslandzeit, deren Ergebnisse 1886 bis 1896 in der Zeitschrift des historisch-literarischen Zweigvereins
des Vogesenclubs publiziert wurde, und fasst die Aussagen zur Fastnacht zusammen. Ausführlich ist
dabei vom Scheibenschlagen die Rede.

Caroline Büffet stellt fest, dass sich das Fastnachtsbrauchtum im Elsass nach dem Ersten Weltkrieg
weitgehend verloren habe, abgesehen von grenznahen Orten in Richtung Baden und Schweiz. In ihrem
Beitrag begleitet sie die Entwicklung in der Stadt Mülhausen von den 1950er-Jahren bis heute. 1953


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