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und Funktion. Der gesellschaftliche Wandel spiegelt sich schließlich auch in der Bestattungskultur wieder
, ohne dass die kausalen Zusammenhänge zwischen dem Wechsel der Bestattungssitten und der Ablösung
der Merowinger durch die Karolinger in allen ihren Auswirkungen zwingend wären. Ein Fallbeispiel
dazu liefert Ingo Stork aus Lauchheim-Mittelhofen, wobei er aus den Bestattungsmodalitäten einen
Herrenhof und einen Bestattungsplatz der neuen grundherrschaftlichen Oberschicht erschließt. Mission
und Klostergründungen ist die Thematik des Beitrages von Alfons Zettler, der den vorkarolingischen
Breisgau als klosterleeren Raum charakterisiert, der im Verlaufe des Umbruches von Westen und Süden
durchdrungen wird und der in Zusammenhang mit Weinbau und Eisenverarbeitung zu stehen scheint.
Eher allgemeinere Entwicklungslinien steuert Karl-Joseph Gilles bei, der den dynastischen Wechsel, den
Wechsel von Gold- zur Silberwährung einer karolingischen Münzpolitik im Westen des Karolingerreiches
einem eher noch von der Tauschwirtschaft geprägten Alemannien gegenüberstehen sieht. Dennoch
war Alemannien auch ein von den Karolingern neu erschlossener Wirtschaftsraum, den Uwe Gross
anhand von Keramikbefunden umreißen kann. Anhand der schon angesprochenen Aspekte der Eisenverarbeitung
vertieft Martin Kemps an Beispielen entlang des Nürtinger Albrandes diese Veränderungen.
Aufgrund fehlender siedlungshistorischer und archäologischer Beispiele im Südwesten steuert Peter
Ettel Phänomene der Siedlungsentwicklung am Beispiel Karlburg bei Würzburg bei, wie sie auch in ähnlicher
Weise in Alemannien vermutet werden. Die Überlieferungen, Editionen und Interpretationen der
Rechtstexte von Pactus und Lex Alemannorum beleuchtet noch Winfried Hartmann sehr kritisch und
postuliert daher in erster Linie Grundlagenforschungsarbeiten, um dann doch aus den Texten tendenziell
die These eines kirchlich-praktischen Gebrauchsrechts zu erschließen. Josef Semmler bildet mit seinem
Beitrag über Bischofssitz und Seelsorgezentren, die den Bischofssitzen vorgelagert waren und eine kirchliche
Durchdringung darstellen, den Schluss des Bandes, wobei er ein Miteinander und ein Gegenüber
von Romanen und Neu-Christen, von Bischofssitzen an Orten spätrömischer Befestigungen und Seelsorgezentren
in linksrheinischen, neu-christlichen Gebieten herausarbeitet.
Der umfangreiche, sehr abwechslungsreiche und überaus spannende Band bietet eine Fülle von Aspekten
und unterschiedliche Zugänge zur Umbruchszeit des 8. Jahrhunderts. Das Buch, das in mancher Hinsicht
fast Kompendiencharakter besitzt, ist nicht nur informativ und lohnenswert für die Geschichte des
8. Jahrhunderts im Südwesten, sondern bietet sowohl eine Verbindung zur Geschichte des karolingischen
Reiches wie auch zur Regionalgeschichte sowie viele wohlgelungene neue Ansätze, Überlegungen und
Sichtweisen. Dieter Speck
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte. Hg. vom Hohenzollerischen Geschichtsverein e.V. Sigmaringen
. 38739. Band, der ganzen Reihe 124. Band, 2002/03. Sigmaringen 2003. 755 S., Textabb.
Mit der Doppelnummer 38/39 legt der Hohenzollerische Geschichtsverein einen gewichtigen, fast anderthalb
Kilo schweren Zeitschriftenband vor. Der thematische Bogen spannt sich von der Säkularisation
bis zur Zwangsarbeit während des Zweiten Weltkriegs und umfasst damit rund 200 Jahre neuzeitlicher
Geschichte.
Der erste Teil versammelt die Beiträge eines 2002 in Inzigkofen veranstalteten Kolloquiums zum landauf
, landab begangenen Säkularisationsjubiläum. Edwin Ernst Weber beleuchtet - in einer überarbeiteten
Fassung seines Beitrages für den Katalog der Landesausstellung von 2003 - am Beispiel des Augus-
tinerchorfrauenstifts Inzigkofen Alltag, Gebet und Zusammenleben, Feste und Askese, Gebetspraxis und
Frömmigkeitsformen einer Klostergemeinschaft, die gegen Ende des 18. Jahrhunderts nicht nur durch
äußere Einwirkungen bedroht wurde, sondern auch starken inneren Spannungen und Konflikten ausgesetzt
war. Andreas Zekorn untersucht die bereits unter Joseph DL erfolgte Aufhebung der Franziskanerinnenklöster
Gorheim und Laiz, von der u.a. Universitätsbibliothek und Münster von Freiburg profitierten
(S. 77). Zekorn hebt dabei vor allem die Bedeutung dieser Vorgänge für eine zunehmende Verstaatlichung
Vorderösterreichs unter Joseph DL hervor. Zähe Kost dagegen bieten die Beiträge von Otto Werner über
das zum „Zentralabsterbekloster" (S. 114) erklärte Franziskanerkloster St. Luzen in Hechingen, das Hechinger
Kollegiatstift St. Jakobus sowie die Dominikanerinnenklöster (Hechingen-)Stetten und „Zum
Heiligenkreuz" in Rangendingen. Der Autor beschränkt sich auf Literaturreferate und seitenlange, diplomatisch
genaue Quellenwiedergaben, so dass sich die Beiträge passagenweise als reine Materialsammlung
darstellen, deren Erschließung dem Leser überlassen bleibt. Dabei mangelt es nicht an interessanten
Aspekten: Hervorhebenswert erscheinen für St. Luzen etwa die Erwähnung der Bibliothek (S. 136), der
durch ein Versteigerungsinventar dokumentierte kärgliche Besitzstand des Klosters (angeführt durch die
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